Instant Karma

Das, was Prudene macht, das macht sie hundertprozentig oder vielmehr: Sie macht das HUNDERTRPOZENTIG und natürlich treibt es sie in den Wahnsinn, wenn bei Schulprojekten einer nicht so richtig mitarbeitet. In diesem Fall ist dieser „eine“ Quint Erickson und nicht nur, dass er zum Bio-Projekt kaum etwas beigesteuert hat, beim Vortrag war er auch zu spät und Prudence konnte alles alleine (ALLEINE) machen . Aber jetzt kommt die größte Ungerechtigkeit: Ihr Biolehrer Mr. Chavez gibt ihr eine mäßige Note, weil das mit der Teamarbeit dann nicht so rund gelaufen ist. Prudence versteht die Welt nicht mehr - sie hat die ganze Arbeit und weil Quint nicht aus dem Quark kommt, kriegt sie jetzt auch noch notentechnisch eine reingewürgt? Immerhin, Mr. Chavez erklärt sich bereit, sich über die Geschichte noch einmal Gedanken zu machen, wenn in Punkto Teamarbeit nachgebessert wird. Prudence ist fest entschlossen, das hinzubekommen. Dann arbeitet sie eben an der stinkigen Rettungsstation für Meerestiere, wo Quint angeblich auch viel Zeit verbringt, und vielleicht kann ihn ja dann irgendwie in das Bio-Projekt neu mit einfügen, ohne dass er es überhaupt merkt. Apropos merken: Hoppla - da steht sie in der Rettungsstation und wer steht genau hinter ihr?

„Instant Karma's gonna get you, gonna knock you right on the head...“ - John Lennon

Ehrlich gesagt - ganz zu Anfang mochte ich Prudence ja überhaupt nicht. Sicher, sie tat mir schon irgendwo leid, wie sie da alleine vor der Klasse stand und das Bioprojekt ohne Hilfe präsentieren musste. Aber dann las ich auch, wie sie einfach ihren Willen durchsetzt, wie sie bei Projekten einfach das macht, was sie für richtig hält und wichtige Dinge einfach für ihre Ziele einspannt. Prudence könnte das „Greenwashing“ erfunden haben - wenn auch natürlich in einem kleinen Rahmen. Dennoch musste ich dann irgendwann auch einräumen, dass es Dinge gab, die mir an ihr imponierten. So zum Beispiel alleine beim Karaoke ein Stück zu performen und das, obwohl sie eigentlich vor richtig großen Auftritten ziemlichen Bammel hat. Da war ich zum ersten Mal ein bisschen beeindruckt. Überhaupt spielt die Musik in diesem Buch eine wichtige Rolle und allen voran die Beatles und John Lennon. Ich habe ein bisschen länger gebraucht, aber sieht man sich die Namen von Prudence und ihren Geschwistern an, erkennt man da schon, dass ihre Eltern große Fans der „Fabulous Four“ waren.

Bei ihrem Karaoke-Auftritt passiert aber auch etwas Magisches mit unserer Heldin. Sie hat das Stück „Instant Karma“ von John Lennon vorgetragen und stellt überrascht fest, dass das „Sofortige Karma“ plötzlich jeden ereilen kann, wenn sie es sich wünscht. Man könnte es so auf den Punkt bringen: Wer seine Mitschüler ärgert, dem kackt eine Möwe auf den Kopf, wer einer alten Dame die Tür aufhält, für den wird plötzlich sein Lieblingssong im Radio gespielt. Es sind keine allzu großen weltbewegenden Dinge - aber gerade die kleinen Strafen, die sind schon schmerzhaft. Dennoch wird diese hübsche Idee recht selten eingesetzt. Machmal dachte ich hier, hätte man mehr aus diesem Nebenstrang machen können.

Möglichweise liegt das aber auch daran, dass auf der großen Bühne die Liebesgeschichte von Prudence und Quint spielt. Sie muss nämlich bald feststellen, dass er nicht nur ein unzuverlässiger Herumtreiber ist, sondern dass er einen großen Teil seiner Freizeit in der Meerestier-Rettungsstation verbringt und hier wirklich sein Herz investiert. Er muss dagegen bald einsehen, dass Prudence nicht der Kontrollfreak ist, den er in ihr gesehen hat, sondern dass sie auch bereit ist, für wichtige Ziele zu arbeiten, ihre Ideen einzubringen und damit tolle Sachen in Bewegung zu bringen.

"Dear Prudence, won't you let me see you smile?" - The Beatles

Marissa Meyer schildert erzählt spannend und glaubhaft, wie sich die beiden verschiedenen Charaktere annähern. Auf der einen Seite, die organisierte Prudence, die rechnen kann und sicher einen Geschäftsplan aufstellen kann. Aber ein Geschäftsplan, der zur Rettung einer Tierstation führen soll, ist am Ende des Tages auch eine tolle Sache. Das muss auch Quint erkennen. Er zeigt auf der anderen Seite, dass die Rettung der Meerestiere nicht nur dazu dient, diese „wunderbaren“ Tiere zu erhalten, sondern dass das Meer und alle seine Bewohner für uns auch wichtig sind und wir alle zusammen in einem großen Ökosystem leben. Beide lernen ihre unterschiedlichen Welten kennen und beginnen sie zu verstehen. Dennoch kann auch das „Instant Karma“ und alle Bemühungen der beiden nicht verhindern, dass selbst bei einer gut gemeinten Rettung irgendetwas ganz massiv aus dem Ruder laufen und vielleicht alle Bemühungen zunichtemachen kann. Hier hat die Autorin noch eine spannende Schleife eingebaut und ich fieberte einer hoffentlich glücklichen Auflösung entgegen.

Fazit

Vor der Kulisse der hübschen Kleinstadt Fortuna Beach erzählt Marissa Meyer eine beschwingte Sommer-Liebesgeschichte mit ernsten Tönen. Wer auf der Suche nach einer schönen Urlaubslektüre mit ein klein wenig Magie, ein bisschen Erwachsenwerden, einer Portion Strand und einer guten Portion Umweltbewusstsein ist, der ist hier sicher an der richtigen Adresse.