Andreas Dutter
10.2021 Interview mit Andreas Dutter zum Buch „Lidwicc Island College of Floral Spells“
Mein größtes Problem in den letzten Jahren ist es gewesen, dass die Verlage nicht daran geglaubt haben, dass Romance von einem Mann im Hautprogramm funktioniert. Glücklicherweise hat sich das nun geändert.
Jugendbuch-Couch: Hallo Andreas! Schön, dass du dir Zeit nimmst. Erzähl doch mal, wie dir die Idee zu dem Buch gekommen ist und wann dir klar wurde, dass du darüber schreiben willst?
Andreas Dutter: Hallo und danke für die Einladung. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Die Idee zu dem Buch habe ich schon ein paar Jahre gehabt, wobei es eher Überbegriffe gewesen sind. In meinem Kopf sind folgende Begriffe herumgeschwebt: Magisches College, Straßenmädchen, Pflanzenmagie, Seelenblumen und eine geheime Insel. So läuft das öfter bei neuen Einfällen ab. Meistens lasse ich Inspiration für Bücher nicht so gerne in mir wachsen, habe ich noch nicht die Zeit, sie zu schreiben. Als ich dann ein liebes Gespräch mit der tollen Astrid vom Drachenmond Verlag geführt habe und es darauf hinausgelaufen ist, nochmal ein Buch für sie zu schreiben, ist sofort dieses Projekt in meinem Kopf aufgetaucht. Zum Glück hat es Astrid auch überzeugt.
Jugendbuch-Couch: In deiner Danksagung heißt es, dass du nur 47 Tage zum Schreiben gebraucht hast. Woran hat es gelegen – oder ist das der Normalfall bei dir?
Andreas Dutter: Der Normalfall nicht. Ich hätte auch mehr Zeit gehabt. Es hat eher daran gelegen – ein Grund mehr, warum ich Astrid dankbar bin, das Projekt schreiben zu dürfen –, dass Anfang 2021 in meinem Privatleben viel zusammengekommen ist. Lidwicc hat mich da jeden Tag rausgeholt. Ich habe es genossen Zeit auf der magischen Insel zu verbringen und plötzlich ist das Buch auch schon fertig gewesen.
Jugendbuch-Couch: Deine Protagonisten sind nicht gerade 08/15: Du hast ein schwules Ehepaar eingebaut, du sprichst körperliche Behinderung, Mobbing, Drogenmissbrauch, toxische Männlichkeit und vieles mehr an. Wieso sind dir diese Themen wichtig?
Andreas Dutter: Ich habe beim Entwickeln der Idee rasch gemerkt, dass es nicht die Realität ist, wie ich zum Beispiel Harmonie konzipiert habe. Eigentlich sollte sie das harmonische, gut gelaunte Pendant zu Margo sein, aber das hat sich nicht mehr richtig angefühlt. Ich kenne in meinem Umfeld auch niemanden, der nur happy ist. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, sagt man. Und gerade in der Zeit, in der ich das Buch geschrieben habe, ist bei mir ein Familienangehöriger durch einen banalen Sturz plötzlich pflegebedürftig geworden, Bekannte durch zufällige Untersuchungen auf Krankheiten aufmerksam geworden und anderen ist die Weltsituation mit dem großen, einheitlichen Problem, das uns alle seit 2020 begleitet, zu viel geworden. Da ist mir bewusst geworden, dass ich nicht über Charaktere schreiben will, die, bis auf ihre magischen Probleme, keine Last zu tragen habe. Denn neben all ihrer Magie sind sie auch Menschen. Natürlich sind auch Themen dabei, die mich betreffen. Wie eben auch toxische Männlichkeit, die mich in meiner Kindheit geprägt hat, wenn man in den 90ern ländlich aufwächst und dann mit Manga, Animes und Büchern, statt mit Traktoren, Fußball und Ackerbau ankommt. (Selbstverständlich ist beides toll, kann sich auch überschneiden und nichts davon ist „besser oder schlechter“ – aber leider doch untypisch für Jungs in den 90ern gewesen).
Jugendbuch-Couch: Deine Geschichte spielt in Griechenland. Welche Verbindung hast du zu diesem Land?
Andreas Dutter: Zu Griechenland habe ich eine langjährige Beziehung. Meine Mutter liebt das Land und wir haben dort öfter Urlaube verbracht. Als Kind habe ich gesagt: „Wenn ich groß bin, will ich nie wieder nach Griechenland!“ – Als hätte die Ironie des Lebens das gehört, hat sie mir eine griechische Beziehung aufgebrummt, haha. Seitdem bin ich fast jedes Jahr in Nordgriechenland, Thessaloniki und Co.
Jugendbuch-Couch: Mittlerweile hast du ja schon ein paar Bücher veröffentlicht. Wann und wie hat deine Karriere als Autor angefangen? Hast du Tipps für angehende Autorinnen und Autoren?
Andreas Dutter: Angefangen hat das leider nicht so „cool“ wie bei anderen. Nach dem Motto: „Ich habe das nie vorgehabt, es probiert und plötzlich hat es geklappt“. Für mich ist es ein Kindheitstraum gewesen. Begonnen hat es mit Anime-Fanfictions und meinen Debütroman habe ich schon unzählige Male zwischen meinem achten und dem vierzehnten Lebensjahr geschrieben, bis ich ihn mit sechzehn richtig geschrieben habe.
Nach dem Abi dann habe ich mit Buchvideos auf YouTube begonnen und Ende 2012 nach Verlagen geguckt, bis es dann Anfang 2013 geklappt hat und 2015 ist er erschienen, ohne Lektorat, haha. Dazu muss ich sagen, dass ich heute alles anders machen würde. Leider hat es 2012 noch keine unzähligen Hilfestellungen in Form von Videos, Blogs, TikToks, Beiträgen, Foren, Gruppen usw. gegeben und ich habe viel durch Fehler gelernt. Meine Tipps – wenn man hauptberuflich Schreibender werden will – wären daher: Geduld. Es kann Jahre dauern, deshalb muss man das wirklich wollen. Probiert man das ein, zwei Jahre und hört auf, ist es verlorene Zeit gewesen. Ist es aber dein Traum, dann sieht man vielleicht eher darüber hinweg, wenn man sein Umfeld beim Häuserkauf beobachtet, während man selbst 0,99€ Pizza kauft.
Außerdem würde ich auch dazu raten, eine Literaturagentur zu finden, außer man hat selbst Kontakte. Es gibt wenige Fälle, bei denen ein Buch im Kleinverlag/Imprint/SP krass durch die Decke geht. Bei mir erscheinen 2022 und 2023 auch meine ersten Großverlagsbücher, die auch richtig im Hauptprogramm der Verlage erscheinen und das habe ich auch nur dank meiner Agentin und dank Kontakte geschafft. Dank Social Media sind meine Bücher davor auch gut gelaufen. Ich habe auch oft eine tolle Zusammenarbeit erlebt und super nette Menschen kennengelernt. Dennoch hat ein Publikumsverlag nochmal andere Möglichkeiten. Außerdem würde ich wahrscheinlich dazu raten, passende Genres zu wählen, die zu einem passen. Mein größtes Problem in den letzten Jahren ist es gewesen, dass die Verlage nicht daran geglaubt haben, dass Romance von einem Mann im Hautprogramm funktioniert. Glücklicherweise hat sich das nun geändert. Mit Thriller hätte ich es aber vermutlich eher geschafft.
Jugendbuch-Couch: Wie gehst du beim Schreiben vor? Hast du eine bestimmte Routine?
Andreas Dutter: Ich notiere mir meist meine Grundidee, die aus Überbegriffen besteht. Dann füge ich das langsam zusammen. Wie bei Lidwicc habe ich eben diese Begriffe gehabt und dann überlegt: Okay, ist das Straßenmädchen die Prota? Was ist ihr Ziel? Wer ist der Antagonist? Wer kann was und warum? Und so weiter. Das setzt sich dann so zusammen. Mittlerweile ist es dann so, dass ich ein Exposé schreibe, wenn es meiner Agentin gefällt, überarbeitet sie es. Danach recherchiere ich über das Setting, wie die Charaktere aussehen usw. Dann schreibe ich auf, was in jedem Kapitel kurzgefasst so zirka passiert. Ist das getan, beginne ich die Leseprobe. Das Buch an sich schreibe ich immer erst runter, bevor ich es überarbeite.
Und zum Schluss noch ein paar Shorties:
Jugendbuch-Couch: Lieblings-Jugendbuch-Autor?
Andreas Dutter: Jenny-Mai Nuyen und Nina Blazon
Jugendbuch-Couch: Lieblings-Protagonist eines Jugendbuchs?
Andreas Dutter: Puh, schwierig. Peeta aus Panem, auch wenn Katniss die Prota ist, haha.
Jugendbuch-Couch: Lieblings-Jugendbuch?
Andreas Dutter: Totenbraut von Nina Blazon und Nocturna von Jenny-Mai Nuyen.
Jugendbuch-Couch: Welches Thema lässt Dich zu einem Jugendbuch greifen?
Andreas Dutter: Hexen gehen bei mir immer. Magie mit Elementen mag ich auch.
Jugendbuch-Couch: Der schönste Moment in einem Buch?
Andreas Dutter: *Spoiler* Als Katniss nicht den stereotypischen Mann als Freund gewählt hat.
Das Interview führte Julian Hübecker im Oktober 2021.
Foto © Andreas Dutter
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