immer ein Freund parat
Das meint Jugendbuch-Couch.de: "immer ein Freund parat"
Seitdem Julia 14 ist, verbringt sie ihre Zeit fast permanent online. Facebook, Twitter, SchülerVZ, Kwick … Sie ist Teil diverser Online-Communities, verfügt über unzählige Kontakte im Netz und zieht sich aus diesem Grund immer weiter ins Leben im Web zurück. Dort findet sie die Anerkennung, die sie braucht. Dort versteht man sie.
Doch dann holt sie ein schlimmer Schicksalsschlag in das reale Leben zurück.
Es ist spannend zu lesen, wie Julia immer weiter in die Welt der Online-Communities eintaucht und dabei das reale Leben mehr und mehr hinter sich lässt. Sehr anschaulich und nachvollziehbar beschreibt sie, wie aufbauend der Kontakt zu Gleichgesinnten ist, die sie scheinbar verstehen und durch passende Kommentare unterstützen. Sie fühlt sich nicht länger allein und unverstanden, außerdem ist es so einfach, seinen Unmut oder Probleme durch einen kurzen Post mit anderen zu teilen. Warum etwas für sich behalten, wenn man so schnell emotionale Unterstützung bekommt? Im Netz ist vieles leichter, da kann man sich zusätzlich so darstellen, wie man es im realen Leben nicht kann.
Julia wird regelrecht süchtig, hat für jede Stimmung, für jede Laune die passende Community. Doch das reale Leben lässt sich nicht einfach vergessen. Dort gibt es beispielsweise ihre Adoptiv-Familie und die Frage, wer ihre richtige Mutter ist. Julia Kristin ist und bleibt ein ganz normaler Teenager, was sehr gut und für die authentische Darstellung ihrer Internetsucht auch dringend erforderlich ist. Probleme mit den Eltern gehören zu ihrem Leben dazu.
Interessant ist anschließend vor allem, welchen beruflichen Weg sie einschlägt. Ihre Geschichte zieht sich nämlich nicht nur über ihre Jugendjahre, sondern weit darüber hinaus. Hier kann ich mir allerdings schon vorstellen, dass einige Leser die Lust am Lesen verlieren, denn Julias Weg ist doch sehr speziell und dürfte nicht jedermanns Sache sein. Was als doch recht allgemeingültiges Beispiel für das Abrutschen ins die Welt der Online-Communities beginnt, wird mehr und mehr zu einem persönlichem Lebensbild mitsamt eines schweren Schicksalschlages. Und hier hört die eventuell vorher vorhandene Identifikation mit Julia Kristin dann auch auf.
Interessant und bewegend ist Julias Geschichte natürlich trotzdem, aber ob sie dem vielleicht selbst betroffenen Leser letztendlich helfen kann, sei dahingestellt.
Insgesamt muss allerdings positiv betont werden, dass der Arena Verlag mit der Erfahrungsreihe, in der junge Menschen aus ihrem Leben berichten, einen Volltreffer gelandet hat. Das Interesse an problemorientierter Literatur ist da, und authentische Schicksale sind da natürlich umso interessanter.
FAZIT
Julia Kristins Geschichte ist ein sehr gutes Beispiel für die Entstehung von Internetsucht und führt den Leserinnen und Lesern deutlich vor Augen, wie schnell man den stets anwesenden, fürsprechenden und im Regelfall nicht widersprechenden Online-Communities verfallen kann. Was als exemplarischer Fall beginnt, entwickelt sich dann jedoch zu einer einzigartigen, persönlichen Geschichte. Interessant und bewegend ganz sicher. Hilfreich? Vielleicht.
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