Weniger wäre hier mehr gewesen
Nachdem sich die unheilvollen Bücher von Dancing Jax bereits in ganz England verteilt haben, schwappt die Welle nun auch nach Europa und den Rest der Welt über. Nur Amerika wurde noch nicht infiltriert – bisher. Um auch die letzten Abtrünnigen zur Vernunft zu bringen, hat sich der Heilige Ismus etwas ganz Besonderes einfallen lassen: eine Art Ferienlager. Hier werden 31 Jugendliche eingesperrt und zur Bekehrung gezwungen, allerdings mit mäßigem Erfolg. Das Event wird ganz groß aufgezogen und auch eine Reporterin aus Amerika ist anwesend. Anstatt, wie die anderen, positiv darüber zu berichten, möchte sie die Missstände aufdecken. Wird sie selber gegen das Buch immun sein? Was wird der Ismus mit den Abtrünnigen tun, wenn sie sich nicht bekehren lassen? Der Kampf ums Überleben wird eingeläutet, als der zarte Geduldsfaden des Campleiters reißt.
Da ich von Band eins der Geschichte total begeistert war, musste ich natürlich auch den Folgeband lesen. Der Titel Zwischenspiel ist hier allerdings Programm, denn so richtig einfallsreich war diese Episode im Vergleich zur vorherigen nicht. Im Gegenteil: Man hatte das Gefühl, dass der Autor die Seiten füllen wollte, um Band eins und drei miteinander zu verbinden. Im zweiten Teil wird auf die schönen Zitate zu Beginn der Kapitel verzichtet, Zeichnungen finden sich aber auch hier zwischendurch. Die Handlungsebenen sind ebenfalls gleich geblieben, wir befinden uns zum Teil in Mooncaster und Umgebung und dann wieder in der realen Welt bzw. dem Traum, wie es der Ismus so schön zu sagen pflegt.
Die Handlung setzt nicht unmittelbar nach dem ersten Teil ein, sondern ein paar Monate später. Der Leser kann nur erahnen, was sich in dieser Zeit ereignet hat: Chaos, Verfolgung und Manipulation. Generell stehen die Charaktere des ersten Bandes hier weniger im Vordergrund. Martin Baxter hält sich versteckt und kommt so gut wie gar nicht vor und auch die Damen, Buben und der Ismus selber, haben eher nur Gastauftritte. Das Geschehen ist ausschließlich auf das Ferienlager beschränkt und dreht sich um die Jugendlichen, die hier eingesperrt werden. Schade ist, dass die Zwischensequenzen in Mooncaster dieses Mal eher dünn gesät sind. Die Ausflüge in dieses Fantasyland machen einem doch recht viel Spaß und die Vorfreude war bisher immer groß, was die Charaktere dieses Mal erleben würden.
Da wir es hier mit 31 Jugendlichen zu tun haben, sind auch in diesem Band die Charaktere vielzählig. Allerdings beschränkt sich der Autor hier auf einige Hauptcharaktere und lässt die restlichen eher links liegen (außer, dass sie mit Namen erwähnt werden, gehen sie in der Masse unter). So haben wir hier ein paar Stereotypen wie Charm, das Modepüppchen, was noch einige Überraschungen parat hält, Lee, der eher beobachtet und sich aus allem raushält, Christina, das verschüchterte Mädchen, was schutzbedürftig ist und Halt bei ihrer Bezugsperson Jodie sucht. Darüber hinaus gibt es auch noch ein paar Charaktere, die anders und individuell sind. Sie überraschen den Leser und stehen für ihre Mitmenschen ein. Die Charakterzeichnungen des Autors fallen mir besonders positiv auf, weil sie schon nach wenigen Seiten vor meinem inneren Auge lebendig werden und man sie sich besonders gut vorstellen kann.
Mein Kritikpunkt geht an die Spannungskurve. Meiner Meinung nach hätten es 100-150 Seiten weniger auch getan bzw. dem Buch gut getan. Die Geschichte hat sich kaugummiartig in die Länge gezogen. Der Autor war so damit beschäftigt, auf jedes Detail einzugehen, dass die Spannung darunter leidet. Dieses Mal gab es auch weniger aufregende Wendungen, sodass man von einem Dahinplätschern der Story sprechen kann. Für ein spannendes Buch habe ich es definitiv zu oft aus der Hand legen können. Es wäre wünschenswert wenn der nächste Band wieder spannender werden würde, damit man von einem würdigen Abschluss reden kann.
Das Zwischenspiel würde ich Lesern im Bereich 16 Jahre plus empfehlen, weil der Horror-/Gruselfaktor noch zugenommen und quasi das große Sterben eingesetzt hat. Die Gewaltbereitschaft ist hier in einem hohen Maß vertreten, ebenso scheinen die Peiniger förmlich in einem Blutrausch zu sein. Wer damit umgehen kann, kann das Buch natürlich auch lesen, wenn die 16 Jahre noch nicht erreicht sind.
Fazit
Schwächer als der erste Band, weil die Spannung nicht so recht aufkommen will. Aber auch hier sind wieder einige tolle Charaktere anzutreffen, die sich dem Ismus und dem Prinz der Dunkelheit in den Weg stellen, um Widerstand zu leisten. Ich persönlich hoffe, dass der Abschlussband wieder spannender wird und diese außergewöhnliche Geschichte noch einige Wendungen parat hält – und die Welt natürlich nicht im Chaos versinkt.
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