Vollendet
Willkommen zurück in ein Hier und Jetzt, in dem die ägyptischen Götter eine ganz besondere, geheime und dramatische Rolle spielen. Im ersten Teil lernten wir Carter und seine Schwester Sadie kennen. Früher einmal konnten sie sich nicht ausstehen. Während Carter seinen Vater, einen berühmten Ägyptologen rund um die Welt begleiten durfte, fristete Sadie bei ihren Großeltern ein eher langweiliges Dasein.
Doch dann änderte sich alles – ihr Vater opferte sich und nahm Osiris, den Ägyptischen Gott in sich auf, und regiert nun das vierte Haus in der Unterwelt. Unsere Beiden durften sich derweil mit Göttern, Dämonen und den Agenten des Lebenshauses herumschlagen. Damit nicht genug, nahmen sie zeitweilig Götter in sich auf und nutzten deren magische Kräfte. Um sich selbst nicht zu verlieren, oder der Versuchung der Macht anheimzufallen, durften sich Horus und Isis wieder den göttlichen Gefilden zuwenden. Unsere Beiden müssen mit dem auskommen, was sie selbst bewerkstelligen können. Nachdem es ihnen, allen Widrigkeiten zum Trotz, gelungen war, Seth zu besiegen und zu überleben, sollte eigentlich ein wenig Ruhe in ihr Leben einkehren.
Sollte, man beachte den Konjunktiv, doch da wird wohl nichts daraus. Vor Jahrtausenden wurde die Schlange Apophis eingekerkert, zur nächsten Tag-und-Nachtgleiche wird er sein Gefängnis sprengen und sich die Welt, wie wir sie kennen, einverleiben. Und nun ratet mal, wer einmal wieder als einzige das drohende Unheil verhindern soll?
Richtig, unsere beiden Helden. Sie haben ganze fünf Tage Zeit, sich etwas einfallen zu lassen. Dass Sadie eigentlich ihren 13. Geburtstag mit ihren Freundinnen in London feiern wollte, zählt da wenig. Es gilt, den seit tausenden von Jahren schlafenden Himmelsgott Re aufzuwecken. Doch wie nur soll man den senilen alten Knacker überhaupt aus seinem tiefen Schlummer reißen? Die Sonnenlitanei, eine in drei Teile zerrissene und an geheimen Orten versteckte Anrufung könnte den obersten Gott wecken – doch dazu müssen sie in den verbleibenden Tagen nicht nur die Teile der Rolle finden, sondern auch Re selbst ... ein Wettlauf beginnt, wie er abgedrehter, packender und überraschender kaum denkbar wäre…
In den Romanen um den Göttersohn Percy Jackson hat Rick Riordan der griechischen und römischen Götterwelt seine Referenz erwiesen, mit den Kane Chroniken erweitert er seinen pädagogischen Auftrag, die Bildung der Jugendlichen in der ganzen Welt ein wenig auf Vordermann zu bringen. Auf höchst vergnüglich zu lesende Art und Weise bringt er seinen Lesern die ägyptische Götterwelt näher. Verpackt hat er seine vorzüglich recherchierten Informationen in eine packende Handlung, die uns jeweils abwechselnd und in Form einer fiktiven Tonbandaufzeichnung von den beiden Geschwistern erzählt wird. Hier nutzt der Autor nicht nur die Möglichkeit, seine beiden Hauptpersonen sehr eigen und unterschiedlich zu zeichnen, was sich auch in einer ganz verschiedenen Sprache und stilistischen Unterschieden widerspiegelt, sondern auch immer wieder Kommentare des jeweils nicht erzählenden mit einzubringen. Dem einen Leser mögen die Kabbeleien zu viel des Guten sein, ich fand sie sehr erheiternd und den Text auflockernd.
In vorliegendem Roman konzentriert sich das Geschehen ein wenig auf Sadie. Hier flechtet der Autor noch erste romantische Probleme ein – wen soll Sadie erwählen, den Menschen Walt oder den Todesgott Anubis? – und lässt unsere Heldin wider Willen sich verhalten, wie es Teenager eben tun. Der Geburtstag ist wichtiger als die Rettung der Welt – gut für letztere, dass die Götter und das Schicksal das ein wenig anders sehen.
Anders, als in der Percy Jackson Reihe hat der Autor seine ernsten Themen hier weit besser versteckt. Im Zentrum des Buches stehen die Abenteuer der Helden. Wir erfahren zudem von und aus der ägyptischen Götterwelt und werden durch die pointierten, oftmals sarkastisch angehauchten Kommentare und Erzählungen bestens unterhalten. Die Beschäftigung mit dem Tod, dem Verlust sowie der Ich-Werdung - wo komme ich her, wo gehe ich hin, wer bin ich überhaupt und was will ich mit meinem Leben anfangen – schwingt stets unterschwellig mit, ohne wirklich in den Vordergrund zu rücken.
FAZIT
Die Kane-Chroniken bieten rasantere, action-lastige Lesekost, die Jugendliche zum Medium Buch greifen lassen soll – und erledigen diese Aufgabe mit Bravour.
Wow! Dieses Buch nimmt einen gefangen und lässt bis zur letzten Seite nicht mehr los.
Der Heartland-Krieg hat alles verändert. Abtreibungsbeführworter und Abtreibungsgegner haben sich einen erbitterten Kampf um das Leben vor der Geburt geliefert – doch beide Seiten haben verloren. Die alternative Lösung der Regierung: Es dürfen keine Abtreibungen mehr stattfinden, das Leben ist bis zum 13ten Lebensjahr geschützt, danach entscheiden die Eltern, ob ihre Kinder "umgewandelt" werden...
Connor, 16 Jahre alt, zieht den Ärger magisch an und geht keiner Prügelei aus dem Weg. Der einzige vermeindliche Ausweg für die Eltern: Die Umwandlung.
Risa, 15 Jahre alt, wurde zu einem Mündel des Staates. Obwohl sie ein außergewöhnliches Talent zum Klavierspielen besitzt, hat das Waisenhaus keinerlei Verwendung mehr für sie. Die Lösung: Die Umwandlung.
Lev, 13 Jahre alt, ist ein "Zehntopfer". Als zehntes Kind einer strenggläubigen Familie ist es von Geburt an seine Bestimmung, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Sein vorherbestimmter Weg: Die Umwandlung.
Was verbindet diese drei Jugendlichen eigentlich miteinander, wie kreuzen sich ihre Wege und wird ihnen die Flucht vor dem System gelingen?
Erst einmal: Wow! Dieses Buch nimmt einen gefangen und lässt bis zur letzten Seite nicht mehr los. Selten vergebe ich die volle Punktzahl für ein Buch, weil ich eigentlich immer etwas finde, was mir nicht so gut gefällt, aber bei diesem Buch habe ich einfach keine Kritikpunkte gefunden – außer, dass es zu Ende war.
Hauptsächlich wird uns die Geschichte aus Sicht der drei Protagonisten erzählt, teilweise aber auch von Nebencharakteren. Die Namen der Hauptpersonen werden in den Überschriften dargestellt, was ich als sehr positiv empfunden habe. Ich wusste sofort, wer nun im Mittelpunkt des Geschehens steht. Die Perspektive in der dritten Person hat die nötige Distanz geschaffen, um einen Überblick zu behalten und nicht parteiisch zu werden. Trotzdem war man so nah an der Handlung dran, dass man das Buch einfach nicht aus der Hand legen konnte.
Die Protagonisten sind eigentlich grundverschieden, alleine die Familienverhältnisse haben die drei zu verschiedenen Personen heranwachsen lassen. Während Connor von einer inneren Wut beherrscht wird, die ihn oft erst handeln und dann nachdenken lässt, ist Risa von Anfang an auf sich selbst gestellt gewesen und versteht es sich über Wasser zu halten. In einem Haifischbecken wie dem Waisenhaus hatte sie schlichtweg keine andere Wahl. Lev macht das außergewöhnliche Trio dann komplett. Er ist sehr behütet aufgewachsen und für ihn ist es eine Ehre sich für die Gesellschaft zu opfern – bis ihm die Augen geöffnet werden. Alle drei machen eine unglaubliche Wandlung durch und wir werden mehr als ein Mal von ihren Handlungen überrascht. Für mich stimmige und authentische Charaktere mit Persönlichkeit.
Nach einer wirklich kurzen Einführung, baut sich sofort Spannung auf und diese steigt bis zum Ende hin steil an. Es gibt immer wieder unvorhergesehene Wendungen, die die Protagonistin in Schwierigkeiten bringen und ihr Leben bedrohen. Wir müssen uns eins klar machen: Die drei befinden sich auf der Flucht vor dem System, das heißt, dass der Staat und somit jegliche Polizei hinter ihnen her sind. Gerettet vor einer möglichen Umwandlung sind sie erst mit ihrem 18. Geburtstag und selbst dann können sie für ihre Flucht noch im Gefängnis landen. Deshalb ist erst einmal jeder eine potentielle Gefahr und diese Angst ist förmlich greifbar. Verfolgung, Verrat und Misstrauen sind ihr ständiger Begleiter im Kampf, um das Überleben.
Das Ende könnte man als halb abgeschlossen betrachten. Nach meinen Informationen gibt es bereits eine Fortsetzung, die aber bisher noch nicht in Deutschland erschienen ist.
Die Altersempfehlung ab 14 Jahren ist meiner Meinung nach angebracht, weil die Gegenbenheiten und das herrschende System sehr komplex sind. Gewalt wird in einem geringen Maß dargestellt und auch die Umwandlung selber wird zwar beschrieben, aber wir haben es hier nicht mit einer blutigen Schlachthaus-Szene zu tun. Also auch für zarte Gemüter ein passendes Buch.
FAZIT
Der Autor lässt eine dystopische Welt auferstehen, die man ihm von vorne bis hinten abnimmt. Alle Puzzlesteine ergeben früher oder später einen Sinn. Die Geschichte ist dynamisch, gut durchdacht und macht Lust auf mehr. Die Charaktere sind authentisch, vielschichtig und alles andere als langweilig. Ein packendes Abenteuer zum Mitfiebern!
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