Düstere Vorstellungen
Die junge Eve freut sich auf ihre Zukunft. Demnächst wird sie die Internats-Schule verlassen, in deren schützenden Mauern sie seit vielen Jahren lebt. Sie will eine Ausbildung machen und zu einem wertvollen Mitglied der Gesellschaft werden. Wenn da nur nicht dieses Mädchen wäre, das in Eve Zweifel weckt. Die intelligente Eve stellt sich den offenen Fragen und versucht, herauszufinden, was daran wahr ist, dass die jungen Frauen nur als Gebärmaschinen ausgebeutet werden. Zögernd wirft sie einen heimlichen Blick hinter die Kulissen und erschrickt: Denn die Wahrheit ist noch viel grauenvoller, als sie es sich vorstellen konnte. Eve weiß aber auch, dass es kaum möglich ist, aus dem Internat zu fliegen. Es dämmert ihr zwar, dass die Mauern nicht etwa schützenden Charakter haben, wie den Mädchen seit Jahren eingeredet worden ist, sondern eine Art Gefängnis darstellen. Als Eve erfährt, dass sie als Braut für den widerwärtigen und selbsternannten König vorgesehen ist, sieht sie ihr Heil in der Flucht. Es gelingt ihr schließlich, der Schule zu entkommen, doch sind ihr die Soldaten dicht auf den Fersen. Und Eve erkennt, dass die nicht aufgeben werden, bis sie sie wieder eingefangen haben. Denn Eve ist eine zu wertvolle – und als Zeugin gefährliche – Beute, um sie laufen zu lassen. Auf ihrer Flucht begegnet Eve dem geheimnisvollen Jungen Caleb, der bereit ist, seine eigene Sicherheit zu gefährden, um Eve zu helfen. Nur sind ihr die Soldaten schon dicht auf den Fersen.
Was die Autorin Anna Carey hier skizziert ist alles andere als leichte Kost. Zunächst wirkt es tatsächlich so, als würde sie ihre Leser in eine normale Internats-Schule mitnehmen. Doch schnell verbreitet sich ein diffuses Unbehagen. Denn Eves Gedanken lassen schon nach kürzester Zeit erkennen, dass hier eine massive Beeinflussung der Mädchen im Gange ist. Zusammen mit Eve machen sich die Leser auf den Weg, die Sache zu erkunden – und erleben dadurch den Schrecken hautnah, der das Mädchen erfasst, als sie erkennt, welches Schicksal den Schulabgängerinnen tatsächlich droht. Degradiert zu reinen Gebärmaschinen sollen sie in fensterlosen Gemäuern dahin vegetieren. Anna Carey versteht es gut, den Bildern eine bedrückende Note zu verleihen. So schafft sie schon sehr früh Spannung und kann diese auch weitgehend halten. Da und dort allerdings bricht sie ein und es kommt zu einige Längen.
Schwierig werden dürfte der Roman vor allem für Jugendliche, die sich leicht beeinflussen lassen. Die bedrückende Atmosphäre, die Anna Carey schafft, schlägt sich auf das Gemüt nieder. Auf ihrer Flucht aus den Klauen der Machthaber des neuen Amerikas wird Eve deutlich, dass sie gezielt manipuliert wurde, um außerstande zu sein, sich dem Leben außerhalb der geschützten Mauern zu stellen. Das ist von der Autorin überzeugend aufgebaut und passt sich stimmig in die Geschichte ein. Es wird dadurch möglich, die Handlungsweise des Mädchens – vor allem aber ihre zögerliche Haltung und die Ängste den Menschen gegenüber, denen sie begegnet, zu verstehen. Eve ist hin und her gerissen, was ihre Haltung gegenüber dem Jungen Caleb betrifft. Hier offenbart sich eine der Stärken des Romans. Denn nur dieses unsichere Herantasten an den Unbekannten ist angesichts der Abgeschiedenheit ihres bisherigen Daseins und der begleitenden Gehirnwäsche stimmig.
Um den Roman genießen zu können, muss der Leser bereit sein, sich mit dem Fantasy-Genre zu befassen. Mehr noch als über den Klappentext klar wird, basiert die Geschichte auf düsteren Science Fiction-Bildern und entfernt sich von jeder gegenwärtigen Realität. Die Autorin Anna Carey spielt dabei geschickt mit den Gefühlen ihres Publikums, weckt Hoffnung ebenso wie Verzweiflung und vermag eine ganze Palette von weiteren Empfindungen zu wecken, wenn es um die Haltung gegenüber den Protagonisten geht.
Fazit
"Eve & Caleb – Wo Licht war" ist ein gelungener Auftakt zu einer mehrbändigen Reihe um die beiden Helden des Romans. Für eine jüngere Leserschaft ist der Roman jedoch nur bedingt empfehlenswert, arbeitet die Autorin doch sehr stark mit dunklen und bedrückenden Szenen, die einem etwas empfindlichen Gemüt zusetzen könnten.
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