Zwischen den Welten - Days of Blood and Starlight (2)
Seit sich die Geister der Toten aus ihren Gräbern erheben, ist die Welt nicht mehr dieselbe wie vorher. Überall brennen Geisterlichter, wer es sich leisten kann, verbrennt nachts Lavendel vor der Tür oder leitet gar fließendes Wasser über die Grenzen seines Grundstücks.
Um die wandelnden Geister zu bannen braucht es Spezialisten – Menschen, die eine besondere Begabung haben, die Geister sehen, ja mit ihnen kommunizieren können. Gerade Heranwachsende haben sich als besonders empfindlich für diese Gaben erwiesen, einmal jenseits der Zwanzig verkümmert ihr Talent. So ist es an den Teenagern mit Silberdegen, Eisenspänen und Salz des Nachts dafür zu sorgen, dass die unruhigen Geister zur endgültigen Ruhe gebettet werden. Und dies erweist sich als großes, noch dazu lukratives Geschäft.
Neben den ganz Großen der Branche hat sich Anthony Lockwood selbständig gemacht. Zusammen mit dem schrulligen George, der für die Recherchen zuständig ist, und Lucy, die Geister nicht nur sehen sondern auch hören kann, will er sich seinen Platz am reich gedeckten Tisch der Geister-Agenturen sichern.
Dass bei einem Einsatz dann das Haus ihres Klienten abbrennt erweist sich als fatal. Nicht nur die BEBÜP (Behörde zur Erforschung und Bekämpfung übersinnlicher Phänomene) ist hinter ihnen her, sechzig-tausend Pfund Schadensersatz fordern die Eigentümer des abgebrannten Anwesens. Dass Lucy ein Medaillon des ermordeten, im Haus umgehenden Opfers mitgenommen hat, darf die BEBÜP nicht erfahren, sonst sind Lockwood & Co ihre Lizenz gleich los. Doch wer hat die einstige glamouröse Schauspielerin ermordet, und wer will nach über 50 Jahren das Verbrechen weiterhin vertuschen?
Als Retter in der Not taucht ein reicher Industrieller auf, der ihnen als Lohn für einen gefährlichen Auftrag die Übernahme der Kosten des Schadenersatzes in Aussicht stellt. Doch vorher müssen sie das Rätsel um die seufzende Treppe und das Rote Zimmer lösen – Rätsel, an deren Lösung schon viele Agenten gescheitert sind - für immer gescheitert, fand man ihre Leichen doch morgens im Roten Zimmer. Und dann stellt sich heraus, dass beide Fälle miteinander in Verbindung stehen ....
Jonathan Stroud hat die Herzen der Leser mit seiner Bartimäus Trilogie im Sturm erobert. Seitdem aber hat er, abgesehen von einem weiteren Bartimäus Roman, nicht mehr wirklich punkten können.
Nun hat man als Autor zumeist nur einmal einen solch genialen Einfall wie die Geschichte des vorlauten Dschinns und seines Meisters. Vorliegend aber setzt Stroud wieder Segel zu einer neuen Serie mit Bestseller-Attributen.
Die Welt, von der er uns erzählt, ist, gerade weil sie im Hier und Jetzt fußt und lediglich um die Geistererscheinungen bereichert wurde, in sich überzeugend. Mehr aber als diese selbst, faszinieren die jugendlichen Protagonisten den Leser. Aus Sicht von Lucy, die es in ihrer Kindheit wahrlich nicht leicht gehabt hat, erzählt, schlüpft der Leser mühelos in die Rolle der Geisterjägerin. Durch deren neugierige Augen erhält man einen intimen Einblick in die Arbeit der Agenturen, macht sich auf die detektivische Suche nach dem Mörder, erduldet die Anfeindungen der etablierten Agenturen und ihrer Agenten, schlägt sich mit dem Bürokratiemonster der BEBÜP herum und stürzt sich heldenhaft in den Kampf gegen Geister der II. und III. Art. Das liest sich herrlich spannend und kurzweilig, bietet Abenteuer und eine Kriminalhandlung, dazu jede Menge übersinnlicher Erscheinungen und Geheimnisse, so dass für Aufregung und Faszination gesorgt ist.
Fazit
Mit Lockwood & Co knüpft Jonathan Stroud an alte Stärken an, verwöhnt den Leser mit markanten Figuren, einer phantasievollen, durchdachten Handlung, ein wenig britischem Humor, Selbstironie und jeder Menge abenteuerlicher Action.
gewohnt detailreich
Gibt es so etwas wie Engel überhaupt? Karou, die in Prag studiert, ist der festen Überzeugung, dass die himmlischen Heerscharen eine Erfindung sind und dass die Bibel hier keine Tatsachen sondern mehr einen Gedanken in Figuren gepackt hat. Bis sie über der Karlsbrücke in einen höchst realen, immerwährenden Kampf der Engel gegen die Chimären verwickelt wird.
Inzwischen hat Karou ihre Erinnerung an ihr früheres Leben wieder gefunden: Einst gehörte sie zu den Chimären, Seelen, die in künstlich erschaffenen Körpern aus Mensch und Tier wiedererschaffen werden. Damals hat sie etwas Undenkbares getan: Sie hatte sich in einen Engel verliebt und wurde vom weißen Wolf, dem Kriegsführer der Chimären geköpft.
Brimstone, ihr Mentor, erweckte sie im Körper eines jungen Mädchens wieder zum Leben und ließ sie ohne Erinnerung an ihr früheres Leben aufwachsen. Nun, nach der Ermordung Brimstones und der Vernichtung des Chimärischen Heeres ist es an ihr allein, ihre Rasse nicht untergehen zu lassen. Während die Engel gnadenlos Jagd auf alle überlebenden Chimären machen, erschafft Karou in ihrem Versteck im Atlasgebirge neue Chimären-Krieger. Dass sie dabei vom weißen Wolf gegängelt, ja gefangen gesetzt wird, ist dabei noch ihr geringstes Problem – sie kann den Engel Akiva, in den sie sich schon zweimal verliebt hat, nicht vergessen ...
Stand der Auftaktband der Trilogie ganz im Zeichen der Liebe zwischen einem Menschen / Chimären und einem Engel, so kann man vorliegenden Mittelband unter dem Überschrift "Krieg" zusammenfassen. Akiva geht davon aus, dass seine große Liebe tot ist, dass er für die Vernichtung aller Chimären verantwortlich ist. Tief in Depressionen versunken sucht er, zusammen mit seinen beiden Geschwistern, den Krieg zu beenden.
Währenddessen trauert Karou nicht nur um ihren Pflegevater und dessen Freunde, sondern auch um ihre Liebe. Ausgerechnet der Engel, in den sie sich nun bereits zum zweiten Mal verliebt hat, ist dafür verantwortlich, dass ihre Rasse fast ganz ausgelöscht wurde. Sie empfindet den Verrat um so schmerzlicher, als sie nun gezwungen ist, mit und für den weißen Wolf zu arbeiten.
Dabei beschäftigt sie im Hintergrund immer die Frage, wem sie nur trauen kann, wer wirklich auf ihrer Seite steht.
Gerade diese Darstellung des Verlusts jeglichen Halts und Vertrauens hat die Autorin mustergültig festgehalten und in den Plot integriert. Hier wartet nicht das Hochgefühl einer neuen großen Liebe auf die Leser/innen, sondern es wird auch thematisiert, dass jeder, der sich einem Anderen öffnet zunächst Vertrauen investieren muss, und dabei naturgemäß verletzlich wird. Das wirkt von der Aufstellung her wesentlich dunkler, problembehafteter als der erste Band, in dem es "nur" darum ging, dass sich die Beiden Liebenden finden. Hier werden Probleme, die sowohl von außen kommen als auch im Verhältnis zueinander die Protagonisten beschäftigen, thematisiert.
Geschickt baut die Autorin dabei ihre Bühne weiter aus, schildert uns, neben den zwischenmenschlichen Verwerfungen, vom verzweifelten Versuch Akivas den Krieg zu beenden und stellt die Grausamkeiten des Genozids deutlich und nicht beschönigend dar.
Trotz all der traumatischen Geschehnisse aber verliert Karou nie den Mut, sondern bleibt aktiv, lehnt sich gegen ihr Schicksal auf und versucht ihr Leben in Eigenregie zu führen. Akiva dagegen versinkt in Depressionen und Selbstmitleid. Erst als er neue Ziele ausspäht und verinnerlicht, nimmt er bildlich gesprochen sein Leben wieder in die Hand und schreitet voran. Der häufige Wechsel der Erzählperspektive trägt zum einen dazu bei, dass der Leser den Krieg zwischen den Rassen aus der Nähe beobachten kann, stört aber auch ein wenig den Erzählfluss.
Fazit
In gewohnt detailreicher Ausführung thematisiert die Autorin vorliegend den Vertrauensverlust einer Liebe und die Grausamkeit des Krieges, behält aber die Hoffnung auf die Liebe ihrer beiden Hauptpersonen nach wie vor im Visier.
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