Die fünf Tore (5) Zeitentod
Sina ist neu in Kranbach. Erst vor kurzem aus Berlin in die Kleinstadt gezogen, ist sie auf der Suche nach Anschluss. Gleichzeitig muss sie sich um ihren Bruder Ben kümmern, denn auf ihre Mutter ist nicht zu zählen und ihr Vater ist arbeitsbedingt ständig unterwegs. Da trifft es sich gut, dass ihr Basketballtrainer Frederik, genannt Rik, nicht nur ihre sehr guten Leistungen zu würdigen weiß, sondern auch etwas für sie empfindet. Doch kurz bevor die Romanze zwischen den beiden wirklich anfangen kann, hat Rik einen Unfall, der ihn ins Koma katapultiert. Plötzlich muss Sina sich fragen: Was hat der Tod von Mia letztes Jahr damit zu tun? Wem kann sie trauen? Wer sind ihre wahren Freunde? Und so gerät sie schnell in eine Zwickmühle, die nicht nur Rik, sondern auch und vor allem sie selbst bedroht und auf einmal geht es um drei Leben gleichzeitig.
Sina spielt Basketball, und das sehr gut. Als Rik jedoch im Koma liegt und der unbeliebte Sportlehrer das Training leitet, spielt Céline, die Teamkapitänin ihre Macht aus und versetzt Sina auf die Bank. Wie Sina vermutet aufgrund ihrer Romanze mit Rik, in den auch Céline verknallt war oder ist. In ihrer Wut gegen Céline findet Sina überraschende Verbündete: Laureen, Bessy und Tabea werden von vielen nur die "Pradazicken" genannt, zu Sina sind sie aber sehr nett und freunden sich mit ihr an.
Um mehr über Rik heraus zu finden, geht Sina zu ihm nach Hause und trifft Max, seinen Mitbewohner. Max ist alternativ, läuft mit abgetragenem Anzug und Hut herum und man ist sich als Leser ebenso wenig sicher wie Sina, ob er mit ihr flirtet oder einfach nur nett ist.
Schon direkt nach Riks Unfall regt sich in Sina der Verdacht, dass es dabei nicht mit rechten Dingen zugeht. Das kann sie jedoch nicht beweisen, und so sucht sie in Riks Zimmer nach Hinweisen und findet tatsächlich eine Notiz, auf der von einer Cruella die Rede ist, die Mia in den Tod getrieben haben soll. Mia? Laureen, Bessy und Tabea (mittlerweile ihre einzigen und besten Freundinnen) erzählen ihr, dass sie die Freundin von Rik war und vor einem Jahr Selbstmord begangen hat. Es gilt also nun, herauszufinden wer Cruella ist und ob sie etwas mit Riks Unfall zu tun hat. Dabei stößt Sina auf einige Widersprüche und die Liste der Verdächtigen wird immer länger und der Fall immer undurchsichtiger.
Dass die Polizei nichts von einer Straftat wissen will macht es nicht einfacher, und so ist Sina ganz auf sich allein gestellt und weiß irgendwann nicht mehr, wer wirklich ihre Freundin ist und ob nicht Céline doch ganz nett ist oder ihre neuen Freundinnen nicht so sauber wie sie vorgeben; die Rolle von Max in der Geschichte bleibt auch bis zuletzt offen. Und zu allem Überfluss droht das Abitur. Und ihr kleiner Bruder Ben möchte auch von der Schule abgeholt werden. Auf einmal wendet sich scheinbar die ganze Welt gegen Sina.
Cybermobbing und Langeweile: Eine unheilvolle Mischung
Da die Geschichte nicht nur aus Sinas, sondern aus der Erzählerperspektive erzählt wird, und immer wieder von Passagen aus Tabeas Sicht und von Mias Tagebucheinträgen durchbrochen wird, ergibt sich für den Leser ein Puzzle, das sich nach und nach zusammen setzt. Doch bis zuletzt bleiben die Zusammenhänge rätselhaft. Das Ende kann dann leider nicht halten, was bis dato an Spannung aufgebaut wurde und ist enttäuschend banal.
In Janet Clarks Thriller werden klassische Probleme eines Teenagers beschrieben, in die sich der jugendliche Leser auch dank der angemessenen Sprache schnell und einfach hineinversetzen kann. Nach einem eher typischen Einstieg in die Geschichte werden bekannte Fragen gestellt: Wer ist wirklich mein Freund? Wie soll ich alle meine Aufgaben unter einen Hut bekommen?
Und so geht es um Loyalität, Eifersucht, Liebe und sehr viel um Mädchenfreundschaften. Das schränkt in meinen Augen die Zielgruppe ein auf Mädchen ab 12 und Jungs, die auch mit vermeintlichen Mädchengeschichten etwas anfangen können. Denn auch wenn die Geschichte von Mädchen erzählt wird, ist sie doch sehr spannend und hat Aspekte von einer guten Detektivgeschichte.
Das Ende hat mich überrascht, jedoch auch ein wenig frustriert. In seiner Banalität passt es aber vielleicht genau in die heutige Zeit aus Cybermobbing und großer Langeweile unter Teenagern. Auf jeden Fall regt es zum Nachdenken an auch über eigene vermeintlich konsequenzlose Handlungen im Cyberspace.
Fazit:
Sei lieb und büße ist eine Empfehlung für alle Mädchen ab 12, die bisher noch wenig Erfahrung mit Thrillern haben, denn die spannende Geschichte um Mord (oder nicht?) und die Ermittlung von Sina ist in die einfühlsame Teenager-Geschichte sehr harmonisch eingewoben Ein gutes Buch!
Torhüterzyklus 5.1
Vorgeschichte
Zeitentod bildet zusammen mit Feuerfluch das Finale der sechsbändigen Reihe "Die fünf Tore" von Anthony Horowitz. Zuvor erschienen sind Todeskreis, Teufelsstern, Schattenmacht und Höllenpforte. Im englischen Original heißt der Zyklus "The Power of Five", und das Finale ist in einem einzigen Band erschienen, Oblivion.
Der Reihentitel "Die fünf Tore" ist irreführend, denn es gibt keine fünf Tore, sondern nur zwei. Aber da sind fünf Torhüter, die Zwillinge Jamie und Scott, Pedro, Scarlett und ihr Anführer Matt, alle fünfzehn Jahre alt. Jeder verfügt über eine besondere Fähigkeit, die sich vervielfältigt, wenn sie zusammen sind. Und nur gemeinsam können diese Auserwählten die Welt vor den Alten bewahren. Das sind eine Art Dämonen aus einer anderen Dimension, die Spaß an der langsamen Zerstörung der Welt haben, am Leid und Elend der Menschen. Bei ihrem Werk dienen ihnen Mutanten, Gestaltwechsler und die Nightrise Corporation, einer Gruppe ehrgeiziger Menschen aus Wirtschaft, Politik und Medien, die mit Geld, Ruhm und Macht belohnt werden.
Die fünf Auserwählten leben verstreut über den ganzen Globus. Doch in der Traumwelt können sie Kontakt zueinander aufnehmen, und über die fünfundzwanzig magischen Türen, die an heiligen Stätten über der Erde verteilt sind, können sie sich in Sekundenschnelle an jeden Ort mit einer magischen Tür transportieren. Unterstützt werden sie vom Nexus, einem Bündnis von Menschen unterschiedlichster Herkunft, darunter Geschäftsleute und Forscher, aber auch Journalisten, wie der Brite Richard, oder Gangster, wie der chinesische Triadenboss Lohan.
Im letzten Band Höllenpforte haben sich die Fünf in Hongkong zum ersten Mal getroffen, um die Alten daran zu hindern, nach zehntausend Jahren durch eines der beiden Tore aus der anderen Dimension in die Welt zurückzukehren. Es ist ihnen nicht gelungen. Stattdessen mussten sie vor einem Taifun durch eine magische Tür fliehen.
Zehn Jahre später ...
Zeitentod knüpft direkt an die Vorgeschichte an. Als die Fünf aus einer der magischen Türen wieder heraustreten, sind sie getrennt und finden sich an den verschiedensten Enden der Erde wieder. Scott und Pedro werden gleich bei ihrer Ankunft in San Galgano bei Neapel von den Alten gefangen genommen. Scarlett und Richard landen bei den Pyramiden von Giseh, wo sie mitten in einen Bürgerkrieg und in die Hände des Rebellenführers Akkad geraten. Jamie findet sich in einem ostenglischen Dorf wieder, das sich von der Außenwelt isoliert hat. Matt und Lohan treffen im brasilianischen Belén ein.
Die Welt, die sie kannten, existiert nicht mehr. Denn aus unbekannten Gründen haben sie einen Zeitsprung von zehn Jahre gemacht und die Alten haben in der Zeit ihrer Herrschaft ganze Arbeit geleistet. Das Bankensystem ist zusammengebrochen, es hat mehrere Terroranschläge gegeben, schwere Ausschreitungen, Völkerwanderungen, Hungersnöte, Überschwemmungen, die globale Erwärmung und Kriege. Die Alten kontrollieren Volkswirtschaften und Regierungen, verursachen Naturkatastrophen und zerstören die Zivilisation. In England ist alles zusammengebrochen, Italien ist ein Polizeistaat. Die Menschen vegetieren im Elend, nur die Nightrise-Leute leben im Luxus.
Die magischen Türen funktionieren nicht mehr. In der Traumwelt ruft Matt seine Freunde zusammen und teilt ihnen seinen Plan mit. Sie alle sollen nach Oblivion kommen, einem Ort in der Antarktis. Dort hat der Anführer der Alten, Chaos, eine Festung errichtet und erwartet mit seiner Armee die Fünf zum letzten Kampf.
Düstere Szenarien
Jeder der Fünf ist auf sich allein gestellt. Zeitentod beschreibt in einzelnen Kapiteln, wie sich die Fünf in ihrer neuen Umgebung orientieren und mit schwierigen Herausforderungen umgehen. Jamie scheint es am leichtesten zu haben, doch er muss feststellen, dass die Dorfbewohner einen harten Kampf ums Überleben führen und von außen und innen bedroht werden. Scarlett, die bei der Flucht einen Kopfschuss erlitten hat, findet sich mitten in einem Bürgerkrieg und im Lager des charismatischen wie undurchsichtigen Rebellenführers Akkad wieder. Akkad will sie für seine Zwecke benutzen und ersinnt einen perfiden Plan, bei dem sie helfen soll, Feldmarschall Karim zu stürzen. Ihre Flucht führt sie nach Dubai, einem Land mit obszönem Reichtum, das von einem wahnsinnigen, unberechenbaren Scheich beherrscht wird. Scott und Pedro werden bei ihrer Ankunft gefangen genommen und im Castel Nuovo von Neapel gesperrt, wo sie gequält und ausgehungert werden. Matt schlägt sich durch Brasilien, einem Land, in dem Eltern ihre Kinder verkaufen und am Ende sich selbst. Außer mit Sklavenhändlern bekommt er es mit einem mächtigen Drogenbaron zu tun. Keiner der Fünf weiß, wie es weitergehen soll und wem er wirklich vertrauen kann. Alle müssen schwierige Entscheidungen treffen, die sie das Leben kosten können.
Horowitz entwickelt sehr unterschiedliche Szenarien und spitzt zu, um deutlich zu machen, was die Menschen einander antun, insbesondere den Kindern und Jugendlichen. Das Leben ist ein Überlebenskampf mit nur wenigen kleinen Erholungspausen. Pedro und Jamie finden einen neuen Freund beziehungsweise eine neue Freundin, es gibt nicht die Andeutung einer Romanze, und einer der Fünf wird zum Verräter.
Die Handlung spielt zehn Jahre in der Zukunft, doch alles wirkt sehr realistisch, vieles ist heute schon Realität und es gibt viele aktuelle Bezüge. Nichts wird beschönigt, auch nicht die Brutalität. So wird anschaulich beschrieben, wie Pedro gefoltert und ihm der kleine Finger gebrochen wird, oder wie einem Jungen Drogenpäckchen in Brust und Bauch eingepflanzt werden. Auch thematisch stellt der Roman einige Ansprüche, beispielsweise wenn Triadenboss Lohan feststellt, dass er sich nicht schämt, ein Krimineller gewesen zu sein. "Ehrlich gesagt, bin ich lieber ein Verbrecher als ein Politiker. Zumindest habe ich in meinem Beruf weniger Schaden angerichtet." (S.374) Den Handel mit Drogen verteidigt er, es sei nur eine Frage des Marktes, eine Sache von Angebot und Nachfrage.
Der Verlag empfiehlt das Buch ab 12 Jahren. Aufgrund der thematischen Herausforderungen und der drastischen Schilderungen von Brutalitäten dürfte es für Jugendliche im Alter der Helden besser geeignet sein.
Das Buch lässt sich ohne Kenntnis der vier vorigen Bände lesen, da die Vorgeschichte im Text nachgereicht wird. Allerdings muss es zusammen mit Feuerfluch gelesen werden, dem zweiten und letzten Teil des Finales.
Fazit
Zeitentod ist eine spannende, anspruchsvolle und intelligente Dystopie mit Fantasy und Horror und viel Action, schnell erzählt und nichts für schwache Gemüter.
Deine Meinung zu »Die fünf Tore (5) Zeitentod«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!