Wanted. Ja. Nein. Vielleicht.

Iris ist fasziniert: Auf der brach liegenden Wiese unweit des Farmhauses, in dem sie mit ihrem Vater Tommo und ihrem Bruder Sam lebt, haben sich Zigeuner nieder gelassen. Allerdings teilen weder Vater noch Bruder Iris' Faszination. Der Vater will das "Pack" vertreiben, der Bruder zeigt sich angewidert. Trotz des Verbots ihres Vaters, sich den Zigeunern zu nähern, freundet sich die dreizehnjährige Iris mit dem unwesentlich älteren Trick an. Zusammen erleben sie Stunden voller Zuneigung und Wärme. Für Iris ein ungewohntes Gefühl. Seit ihre Mutter die Familie verlassen hat, um die Welt zu bereisen, ist nichts mehr so, wie es früher war. Tommo ist hart geworden und greift immer häufiger zur Flasche, Sam treibt sich mit zwielichtigen Freunden rum. Iris' Freundschaft zu Trick bleibt nicht unbemerkt. Ihre ehemals beste Freundin verrät sie, um sich dafür zu rächen, dass Iris sich von ihr gelöst hat. In diesem Sommer ist Iris nämlich deutlicher als je bewusst geworden, dass ihre Freundin Matty sie lediglich benutzt hatte, um sich selber besser ins Rampenlicht rücken zu können. In Trick findet Iris nicht nur einen Verbündeten, sie ist auch zum ersten Mal in ihrem Leben richtig verliebt. Doch je länger die Zigeuner im Ort sind, desto aggressiver zeigt sich die Bevölkerung, vor allem aber Iris' Familie. Zusammen mit seinen Freunden will Sam den verhassten Zigeunerjungen Trick in die Enge treiben, da geschieht ein großes Unglück.

Die Autorin C.J. Flood packt ganz schön viel in ihren Roman. Auf den ersten Blick geht es in der Geschichte vor allem um die tiefe Freundschaft und aufkeimende Liebe zwischen Iris und Trick, die so nicht sein dürfte, da die beiden aus zwei völlig verschiedenen Welten stammen. Es geht um anders sein und um Vorurteile, um Grenzen, die von jenen überwunden werden können, die bereit sind, sich dem Unbekannten offen zu nähern. Das kommt auch sehr schön zum Ausdruck. Iris ist als Erzählerin des Buches eine ideale Figur, um die Annäherung und das Entdecken zu veranschaulichen. Auch Trick ist ein geschickt eingesetzter Charakter – die unterschiedlichen Welten kommen gut zum Ausdruck und die Autorin kann die Vorurteile sichtbar machen, mit denen beide vom jeweiligen Umfeld des anderen eingedeckt werden.

Bei näherem Hinsehen offenbaren sich dann auch die anderen Themenkreise, die die Autorin in die Geschichte hinein gepackt hat. Der Wunsch der Mutter, der Enge des Familienlebens zu entfliehen und ihre Träume zu verwirklichen, geht auf Kosten der Kinder und des verlassenen Ehemanns. Die Autorin spart nicht mit unterschwelliger Schuldzuweisung an die egoistische Mutter, deren Fortgang den pubertierenden Sam in die Fänge falscher Freunde treibt und den einsamen Vater zur Flasche greifen lässt. Daran mögen auch die regelmäßigen Anrufe der Mutter nichts ändern. Im Gegenteil: Sam verschließt sich ihren Versuchen, den Kontakt zu den Kindern aufrecht zu halten und Iris gerät in einen Loyalitätskonflikt. Der familiäre Sprengstoff setzt allen Beteiligten – mit Ausnahme der Mutter – zu, ohne dass diese Thematik letztlich aber überzeugend fortgeführt würde.

Ein weiteres Thema ist die Freundschaft zwischen Iris und Matty. Erst, als Iris durch Trick erlebt, was Freundschaft tatsächlich ist, vermag sie zu erkennen, wofür Matty sie gebraucht hatte. Iris diente über Jahre hinweg dazu, neben ihrer Freundin als graue Maus zu existieren, um Matty die Möglichkeit zu geben, schillernd im Mittelpunkt zu stehen. Als Iris sich dafür entscheidet, aus diesem Kreis auszubrechen und Matty ohne Erklärung stehen lässt, kommt es zum Bruch zwischen den Mädchen, der dazu führt, dass Matty ihr wahres Gesicht zeigt und Iris Geheimnis ausplaudert. Auch hier zeigt C.J. Flood die Tendenz, zu verurteilen und Position zu beziehen, ohne das Thema letztlich von allen Seiten zu beleuchten.

Wen liebst Du, wenn ich tot bin? ist ein aufwühlendes Buch über Vorurteile und tiefe Verletzungen. Aber es ist in manchen Bereichen ein unfertiges Buch, werden doch wichtige Fragen ausgeklammert. Störend ist auch die eher schlichte Sprache, die – wie das noch kindliche Verhalten der Protagonistin – nicht zum Zielpublikum der 14- bis 17-Jährigen passen will. Obwohl es in der Geschichte zu einigen Ausbrüchen kommt, dürfte das Alter des Zielpublikums ohne weiteres tiefer angesetzt werden, passt doch der ganze Verlauf eher zu Leserinnen und Leser der Alterskategorie 12- bis 15-Jährige.

Die Autorin hat mit diesem Roman eine gute Vorlage geliefert, über Vorurteile nachzudenken. Leider verpackt sie zu viel verschiedene Brennpunkte in die Geschichte, so dass sie den einzelnen Problemfeldern nicht ganz gerecht wird. Spannung bringt sie allerdings trotzdem rein.

Wanted. Ja. Nein. Vielleicht.
Wanted. Ja. Nein. Vielleicht.
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Sanja Döttling
8101

Jugendbuch-Couch Rezension vonJun 2014

locker, ohne Klischees

Finn hat Liebeskummer. Seine Freundin Sofie hat ihn verlassen, einfach so. Und das auch noch kurz vor den Sommerferien. Finn hatte sich so auf einen schönen Sommer mit seiner Freundin gefreut, doch jetzt sitzt er allein daheim und kann nicht anders, als ständig an seine neue Ex zu denken. Sein bester Kumpel Moritz versucht alles, um Finn aufzumuntern, doch er hat kein leichtes Spiel, denn Finn will sich gar nicht aufmuntern lassen.

Im Freibad sieht er dann ein Mädchen, dass Abreißzettel aufhängt, mit lustigen, aber auch tiefgründen kurzen Sprüchen. Und plötzlich kann sich Finn wieder für etwas interessieren. Wer ist dieses Mädchen? Dank seines Freundes Moritz schafft er es, der Unbekannten näher zu kommen, und sie verbringen eine gute Zeit miteinander. Finn hat seine Sofie schon fast vergessen. Oder?

Wanted ist ein Buch, das den Sommer in Berlin greifbar macht. Er erklärt auch Lesern, die keine sechs Wochen Sommerferien mehr haben, das Gefühl zwischen elender Langeweile und großen Erlebnissen, das die Sommerferien auszeichnet. Weder die Charaktere Finn noch Lara, das Zettelmädchen, sind Ausgeburten großer Fröhlichkeit, beide haben ihre eigenen Probleme. Mitleid hat man mit ihnen, aber sie sind keinesfalls weinerlich.

Finn, der gerade versucht, über seine erste Trennung hinweg zu kommen, ist die Hauptfigur des Romans. Sein Leiden ist verständlich, auch seine allgemeine Unfähigkeit, in den langen Sommerferien ohne Freundin etwas mit sich anzufangen. Als Gegengewicht zu seiner schlechten Stimmung fungiert sein bester Kumpel Moritz, der alles unternimmt, um ihn aufzuheitern. So schleppt er ihn ins Freibad und auf Partys, und ist auch die treibende Kraft, um Finn und Lara zu verkuppeln. Lara ist die andere Hauptfigur des Romans. Sie hängt in der Stadt verteilt Abrisszettel auf, und ist auch sonst sehr künstlerisch begabt. Sie ist, im Gegensatz zu Finn, eine sehr viel feinere und ausgeklügeltere Figur. Finn selbst neigt dazu, als leere Identifikationsfläche für den Leser zu dienen. Seine Einfallslosigkeit war auch damals der Grund, warum Sofie ihn irgendwann langweilig fand. Lara hingegen, die mit schweren familiären Problemen zu kämpfen hat, freut sich, in Finn einen guten Zuhörer gefunden zu haben.

Der kurze Jugendroman ist eine lockere Liebesgeschichte, die aber auch schwierige Themen behandelt. Die poetische, aber klare Sprache der Autorin Lena Hach schafft es, diesen Spagat einfühlsam zu vermitteln. Obwohl im Roman nie eine lange Spannungskurve aufgebaut wird, ist er nicht langweilig, und versucht nicht, ausschweifender zu erzählen als dass es die Geschichte hergibt.

Fazit

Wanted von Lena Hach erzählt eine lockere Liebesgeschichte, die ganz ohne Klischees auskommt. Obwohl der von Liebeskummer geplagte Finn nicht der fröhlichste Charakter ist, schließt der Leser ihn schnell ins Herz. Doch eigentlich ist es Lara, die schnell zum Sympathieträger wird. Sie, ihre Zettelkunst und ihre familiären Probleme sind sehr viel detaillierter beschrieben als Finns Liebeskummer. Sehr schöner Roman für den Urlaub und für alle, die gerade selbst vom Liebeskummer geplagt werden.

Wanted. Ja. Nein. Vielleicht.

Lena Hach, Beltz & Gelberg

Wanted. Ja. Nein. Vielleicht.

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