Buster, König der Sunshine Coast
Es ist für die beiden Schwestern Grace und Ellie gleichzeitig Erleichterung und Grund für unendliche Angst, als sie nach Hause kommen und ihre Mutter sie auffordert, in Windeseile das Allernötigste zu packen. Innerhalb kurzer Zeit verlässt die kleine Familie das stattliche Haus, in dem sie bisher lebte. Unter grosser Angst lebte. Denn der Vater terrorisiert Frau und Kinder, verlangte von ihnen absoluten Gehorsam und bestraft sie für das kleinste Vergehen massiv.
Die beiden Schwestern sehen die Flucht zusammen mit ihrer Mutter zunächst als Abenteuer. Während Grace sich Gedanken darüber macht, wie es nun weitergehen soll, sieht sich Ellie in der glücklichen Lage, sich neu zu erfinden. Sie, die bisher keine Freunde hatte, weil sie nie über ihr Elternhaus sprechen durfte, findet schnell Anschluss in der neuen Schule. Und auch die Mutter scheint das Gröbste überwunden zu haben. Die drei haben in einer Wohnwagensiedlung Unterschlupf gefunden und die Mutter hat sogar einen Job, mit dem sie die Familie notdürftig über Wasser halten kann. Grace bleibt für ihre Mitschüler ein Geheimnis, sie ist zurückgezogen und öffnet sich kaum. Grace findet ihre Bestimmung in der Musik, die sie zum ersten Mal auf eine Weise ausleben kann, wie sie es selber möchte. Doch Ellie sprudelt vor Energie und stellt sich dem neuen Leben mit einem grossen Lebenshunger. Bis eines Tages die Idylle gestört wird. Denn der Vater hat nie aufgehört, nach seiner Frau und den beiden Töchtern zu suchen. Die beiden Mädchen und ihre Mutter wissen, dass sie sich nun der Wahrheit stellen müssen und sich nicht weiter verbergen können.
Der Roman um Gewalt in der Familie ist abwechslungsreich erzählt. Autorin Laura Summers nutzt als Stilmittel den Perspektivenwechseln. Mal erzählt sie die Geschichte aus Sicht von Grace, mal ist die Erzählerin Ellie. Optisch abgesetzt sind die beiden Erzählungen durch ein unterschiedliches Schriftbild. So ist immer klar, aus wessen Sicht der Leser gerade auf die Ereignisse blickt. Die besonnene Grace macht sich nicht nur um die Mutter Sorgen, sondern auch um die jüngere Schwester, die davon aber kaum etwas ahnt. Sie fühlt sich von Grace oft unverstanden und bevormundet. Dank des Wechsels der Erzählerin erfahren die Leser auf diese Weise auch viel über das Verhältnis der beiden Mädchen zueinander. In ihrer ganzen Unterschiedlichkeit sind sich die Schwestern näher, als sie beide glauben.
Der Roman beleuchtet eine Situation, wie sie vielfach und oft jahrelang unbemerkt vorkommt. In einer Familie herrscht brutale Gewalt, physischer oder psychischer Natur, doch nach aussen hin versuchen Täter wie auch Opfer das häusliche Desaster zu verbergen. Sehr schön zeigt Laura Summers anhand der beiden Mädchen auf, was das für die Betroffenen bedeutet: Sowohl Grace als auch Eli sind Meisterinnen im Vertuschen und Ausweichen. Sie vertrauen niemandem, denn sie müssen davon ausgehen, dass die Situation noch viel schlimmer wird, wenn jemand von aussen interveniert. Je älter die Mädchen werden, desto mehr schlägt das Mitgefühl gegenüber der Mutter, die den grössten Zorn des Vaters abbekommt, in eine leise Form von Verachtung um. Sie erkennen, dass die Mutter zu schwach ist, um ihre Kinder, aber auch sich selber gegen den Mann aufzulehnen und ihm etwas entgegen zu setzen. Nach der Flucht müssen sie zudem erkennen, dass die Mutter keinerlei Selbstvertrauen mehr besitzt. Es ist einmal mehr an den Mädchen, sich dafür einzusetzen, dass die kleine Familie überleben kann.
Laura Summers verzichtet auf jede Form von Anklage – selbst dem brutalen Vater gesteht sie einen erklärenden, wenn auch nicht entschuldigenden Hintergrund zu. Obwohl das Thema keineswegs ein einfaches ist, eignet sich der Roman ausgezeichnet für die vorgesehene Altersklasse von 12 bis 15-Jährigen. Ellie und Grace stecken den passenden Rahmen und erzählen auf eine Weise, die zwar eindrücklich ist, aber auch verarbeitet werden kann.
Fazit
Laura Summers zeigt auf, dass nicht alles, was idyllisch wirkt, auch Idylle bedeuten muss. Sie lässt hinter die Kulissen einer scheinbar glücklichen Familie blicken und zeigt die zerstörerische Wirkung von Gewalt auf. Gleichzeitig lässt sie ihre beiden Protagonistinnen erkennen, dass man sich zwar neu erfinden kann, letztlich aber das bleibt, was man immer war: Man selbst.
Wer wenig erwartet, wird selten enttäuscht
Basti hat soeben sein Abi bestanden und statt des versprochenen Thailand-Urlaubs gibt es von den Eltern eine Sprachreise nach Kanada. Na toll. Aber als er in Vancouver ankommt, merkt er, dass er einfach das Beste draus machen muss und entschließt sich, einen epischen Road-Trip abseits der Roads zu starten. So ganz anders, als er es sich vorgestellt hat, aber besser als er sich es je hätte erträumen lassen.
Basti wacht zuhause auf, die Erinnerung an den letzten Abend ist schwummrig, ebenso wie das Gefühl in seinem Magen. Seine Eltern sind besorgt, wütend und haben ihre Konsequenzen aus Bastis Sauftrip gezogen: Der Thailand-Urlaub ist storniert, abgesagt, findet nicht statt. Auch diskutieren bringt nichts, einerseits wegen Bastis Zustand, andererseits wegen der Sturheit seiner Eltern. Aber sie haben einen Ersatz gefunden! Bei einer Sprachreise nach Kanada ist ein Platz frei geworden, nach Vancouver geht es. Na toll, denkt sich Basti, jeden Tag 5 Stunden Sprachschule mitten im nichts in Kanada, statt jeden Tag 7 Stunden Party in der Sonne in Thailand. Aber alles Murren hilft nichts, besser als zuhause zu bleiben ist es allemal.
Als er nun ohne große Erwartungen in Vancouver ankommt, in seiner etwas merkwürdigen und schäbigen Herberge eincheckt und sich die Sprachschule als Briefkastenfirma herausstellt, beschließt Basti kurzerhand, seine Reise in die eigene Hand zu nehmen und die Golden Coast, die sich nördlich von Vancouver erstreckt, zu erkunden. Dazu kauft er sich eine gebrauchte Camping-Ausrüstung und schon ist er unterwegs. Statt Action und Großstadtdschungel erlebt er Ruhe am See, kiffende Fahrradhändler, urige, einsame Dörfer und vor allem ganz, ganz viel Ruhe. Niemand möchte etwas von ihm, er möchte nichts von niemandem, irgendwie findet er seinen Frieden. So ganz anders als er dachte, aber doch irgendwie super.
Ein etwas anderer Road-Trip
Der Roman von Thorsten Nesch ist einerseits ein klassischer Road-Movie, ein junger Erwachsener bricht auf der Suche nach sich selbst auf, ohne viel Gepäck die Welt zu erkunden. Doch dabei spielen Drogen nicht wie sonst eine Haupt-, sondern nur eine Nebenrolle und es sind zwar auch die Begegnungen mit anderen Menschen, vor allem aber der Einklang mit sich selbst, die Basti über sein Leben nachdenken lässt. Wo in anderen Road-Movies Party angesagt ist, ist bei "Buster, König der Sunshine Coast" Gitarre spielen am See angesagt. Dass die Begegnungen auf seiner Reise sehr absurd und alles andere als gewöhnlich sind, nimmt Basti mit seiner neu gewonnenen Ausgeglichenheit einfach so hin, ohne sich Gedanken drum zu machen, wie es besser oder anders wäre. Diese Ruhe zeigt sich auch in der Sprache des Romans, die sich auch auf den Leser entschleunigend auswirkt, man könnte fast von einem meditativen Zen sprechen.
Fazit
Ein überragender Road-Trip, sehr packend, immer lustig und eine große Empfehlung für alle ab 16, die auf der Suche nach sich selbst nicht wissen, wo sie zu suchen anfangen sollen! Wer es nach Buster nicht weiß, hat zumindest ein super Buch gelesen!
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