Feuerprüfung

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  • Erschienen: Januar 2014
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Bücher sind für manch Einen das Leben. Der Geruch eines neuen Buches ist etwas Einzigartiges, das Geräusch, mit dem sich geschnittenen Seiten das erste Mal voneinander trennen hat einen sinnlichen Charakter, das haptische Empfinden eines Buches ist mit nichts anderem zu vergleichen.

Doch auf den Inhalt kommt es an, wenn man tief in eine Handlung eintaucht, wird man verzaubert, vergisst alle Sorgen und Nöte erhält Trost und neue Kraft.

Was aber, wenn dies nicht alles wäre, wenn es Menschen geben würde, die aus Büchern noch weit mehr, andere, magisch anmutende Kräfte ziehen, ja, wenn es ganze Städte geben würde, in denen sich nur Antiquariate und Buchhandlungen aneinanderreihen, in denen gar jedes Buch vorrätig gehalten würde?

Das alles gibt es wirklich, nämlich in Kai Meyers neuestem Roman. Extra für das Werk haben sich Verlag und Verfasser zusammengesetzt, überlegt, wie das perfekte Buch aussehen könnte, wie das Vorsatzpapier, das Lesezeichen und der Umschlag gestaltet werden sollten – und sie haben ein Aufsehen erregendes Werk geschaffen!

Da wurde mit viel Liebe zum Detail und Herzblut gearbeitet, wurden Entwürfe gewälzt und verworfen, bis man das vermeintlich beste Ergebnis hatte. Dann geht es hinein, in den Roman.

Wir begegnen der knapp 16-jährigen Furia Salamandra Faerfax. Eigentlich heißt sie, ihr Bruder und Vater ja Rosenkreutz, aber auf der Flucht vor der Adamitischen Akademie die ihre Familie seit dem 19. Jahrhundert verfolgt und beinahe ausgerottet hat, haben sie sich und ihre Bibliothek in England versteckt.

Ihr Vater und sie gehören zu den Bibliomanten, Menschen, die aus Büchern Kraft schöpfen können, wobei Schöpfen durchaus wörtlich zu nehmen ist. Einst, in grauer Vorzeit, so weiß es die Überlieferung zu verkünden, gab es eine erste Bibliomathin die die Welt der Bibliomanten schuf. Später entwarf und stelle der legendäre Severin, dessen Kräfte die all seiner Kollegen weit übertraf, die Leeren Bücher her, die die Schöpfung der Bibliomanten entschaffen sollten – so dies denn eines Tages nötig sein würde.

Nachdem sich die fünf herrschenden Familien entzweiten und zwei der Stämme, unter ihnen die Rosenkreutz´ Sippe einem Genozid zum Opfer fielen, verstecken sich die letzten der Rosenkreutz Familie zusammen mit ihren Büchern in England.

Immer im Verborgenen agierend, versucht Furias Vater mit ihrer Hilfe die auf der ganzen Welt versteckten Leeren Bücher seines Vorfahren zu finden und ihrer Macht zu berauben. Bei einem der Streifzüge kommt es zur Katastrophe. Furias Vater wird erschossen, kurz danach wird ihr Heim von einer Attentäterin und ihren Kavalieren eingenommen, ihr Bruder als Geisel festgesetzt.

Warum sowohl die Akademie als auch die Attentäterin Furia hetzt, ahnt das Mädchen da noch nicht. Ihre Flucht führt sie nach Libropolis, dem neben London gelegenen bibliomatischen Refugium.

Hier lernt sie nicht nur die Rebellen der aus den Büchern gefallenen Exlibri kennen, sondern findet auch ihr eigenes Seelenbuch, das ihre Kräfte erst weckt. Und sie entdeckt, dass der Junge mit dem sie über ein Buch und die zeitliche Distanz von 200 Jahren in Verbindung ist, und der ein wenig in sie verliebt zu sein scheint niemand anderer ist, als Severin.

Dann eskalieren die Ereignisse – die Akademie schickt Militär nach Libropolis, die Rebellen greifen zu den Waffen und Furia macht sich, unterstützt von einer ehemaligen Agentin der Akademie auf, ihren Bruder zu befreien ...

Anspruch verbindet sich mit einem Schmöker bester Sorte

Ein neuer Kai Meyer ist immer ein Ereignis, das Leser wie Buchhändler begeistert. Seine Bücher verkaufen sich wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln, überzeugen durch eine Mischung, wie man sie sonst vergebens sucht. Nicht nur eine ganz eigene Phantasie offenbart sich in seinen Romanen, der Autor weiß darüber hinaus nicht nur überaus fesselnd zu faszinieren, sondern gibt seinen Büchern immer auch nachdenkenswerte Anstöße mit auf den Weg.

Vorliegend präsentiert er uns eine Ode an das Medium Buch. Man spürt förmlich in und zwischen den Zeilen, dass hier ein Liebhaber bibliophiler Schätze seine Obsession als Inspiration genutzt hat.

Geschickt baut er die Handlung rund um seine Protagonistin auf. Die junge Furia erweist sich dabei als ideales Medium uns die Welt der Bücher nahezubringen. Durch ihre neugierigen, so manches Mal ängstlichen, dann wieder mutig blitzenden Augen tauchen wir in die Handlung ein, die sich nicht nur sehr überraschend und packend anlässt, sondern auch einige Gewaltschilderungen für den Rezipienten bereit hält. Da wird das Genick gebrochen, Menschen bei lebendigem Leib verbrannt, und in die Luft gesprengt. Das ist gerade für ein Jugendbuch ungewöhnlich, angesichts der in Games oder DVDs herrschenden Zustände aber eher gemäßigt und wohl-dosiert eingesetzt.

Verbunden hat Meyer seine rasante Handlung einmal mehr mit tiefschürfenden Überlegungen. Es geht um die Zulässigkeit von gewaltsamen Rebellionen gegen ein totalitäres System, um die Suche nach den eigenen Wurzeln, um Freundschaft, Vertrauen und Liebe. Dabei wirken diese gehaltvollen Überlegungen nie aufgesetzt, sondern sind unauffälliger, integraler Bestandteil der Handlung. Gerade weil sich die jugendlichen Protagonisten mit Gewalt und Unterdrückung auseinandersetzen müssen, werden sie gezwungen, sich über die moralischen Aspekte ihres Tuns, aber auch dem ihrer Unterdrücker auseinanderzusetzen. Hinzu kommt, dass sie, verfolgt und bedroht, natürlich im Zusammenhalt und ihrer Freundschaft Halt und Stärke suchen und finden. Gerade dieser Aspekt, die Bedrohung von außen, die dazu führt, dass sie näher zueinander finden, hat der Autor sehr zurückhaltend aber gleichzeitig glaubwürdig in seinen Text eingearbeitet.

Daneben beschäftigt er sich mit der Frage, ob es legitim ist, um gegen ein totalitäres Unrechts-Regime aufzubegehren zur Gewalt zu greifen. Gerade bei nach wie vor überall um sich greifendem Extremismus und Terroranschlägen ist dies ein heißes Eisen, das Meyer hier anpackt. Er gibt seinen Leser hier eher einen Denkanstoß, ohne ihnen im Text eine fertige Lösung zu präsentieren.

Der Plot selbst wird von der Liebe zum Medium Buch geprägt. Hier, in der Beschreibung der alt-ehrwürdigen Bibliotheken, der Buchhandlungen, Antiquariate und Buchbinder dokumentiert sich das Faible Mayers zum Buch, mit dem und durch das er seinen Lebensunterhalt verdient.

Fazit

So ist dieses Buch eine spannende, kurzweilige und packende Liebeserklärung an die Welt des bedruckten Papiers, stilistisch wie inhaltlich auf hohem Niveau und ein echter Schmöker im besten Sinne.

Feuerprüfung
Feuerprüfung
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Rita Dell'Agnese
9101

Jugendbuch-Couch Rezension vonSep 2014

Mut, dem Gruppendruck entgegen zu treten

Coco erwacht aus dem Koma. Unmenschlicher Schmerz empfängt sie – und die Gewissheit, dass sie ihre große Liebe Tomke verloren hat. Das Letzte, woran sich Coco erinnern kann, ist die hässliche Szene vor dem Lagerfeuer, als sie die Clique zur Rede gestellt hat.

Seit ein paar Stunden hatte sie gewusst, dass die Clique systematisch jüngere Schüler drangsalierte, sie beklaute und um Bargeld erpresste. Sie wollte weg, die Clique verlassen. Da flippte Tomke aus. Coco landete im Feuer und später mit schwersten Verbrennungen im Krankenhaus. Es dauert eine ganze Weile, bis Coco weiß, was anschließend mit der Clique passiert ist und erst mal aufatmet. Tomke wird künftig eine andere Schule besuchen, Coco muss ihm nicht mehr täglich begegnen. Wenn sie denn erst überhaupt wieder in die Schule gehen kann. Vorläufig muss sie im Krankenhaus bleiben und Operation um Operation über sich ergehen lassen. Die Eltern machen sich große Sorgen um sie. So große, dass sich die jüngere Schwester Nelly zurückgesetzt fühlt. Nelly kann damit nicht recht umgehen. Da ist es für sie wie eine Offenbarung, dass Tomke, für den sie schon immer heimlich geschwärmt hat, sich für sie interessiert.

Nelly ist noch nicht so reif, wie es Coco war. Sie will nicht sehen, dass die Clique um Tomke sie mit in den Abgrund reißt. Je länger Nelly mit ihr verkehrt, desto stärker verstrickt sie sich in den Machenschaften der Jugendlichen. Gewalt beginnt, Nellys Leben zu beherrschen. Coco ist die Einzige, die die Gefahr, in der Nelly steckt, richtig einordnen kann. Sie muss versuchen, ihre Schwester aus den Fängen von Tomke und seiner Clique zu befreien.

Mit Feuerprüfung wendet sich Autorin Brigitte Blobel erneut einem Thema zu, das zunehmend eine Rolle in der Gesellschaft spielt. Sie erzählt auf eine sehr eingängige Art, wie sich Gruppendruck aufbaut und wie schwer es ist, dem entgegen zu treten. In diesem Roman katapultiert es Coco von einem Moment auf den anderen aus der Gruppe hinaus in die Position der Gegnerin. Dies, obwohl sie sich lediglich distanzieren wollte, also die Gruppe selber (noch) nicht unter Druck setzte, um die gestohlenen Dinge zurück zu geben.

Für einen Moment scheint Coco als Figur allerdings nicht ganz stimmig zu sein. Sie wird zunächst als Mädchen geschildert, das durch die Gefühle zu Tomke ganz schön in Aufruhr gerät und von seinem Kuss in aller Öffentlichkeit hingerissen ist. Diese Gefühle, die wunderbar zu einem Mädchen passen, das gerade den Sprung vom Kind zur jungen Frau vollzieht, stehen im Gegensatz zur nüchternen und konsequenten Art, in der sich Coco nur kurze Zeit später der ganzen Clique entgegen stellt. Hier zeigt das Mädchen eine erstaunliche Reife und sehr viel Mut. Denn sie ist sich der Folgen durchaus bewusst: Ihre Kritik an der Gruppe wird sie künftig zu einem potentiellen Opfer der anderen machen, zumindest aber zu einer Außenseiterin. Im weiteren Verlauf des Romans ist allerdings der Charakter von Coco sehr stimmig und überzeugend dargestellt, so dass die leichte Irritation vom Anfang schnell vergessen ist.

Sehr schön greift Brigitte Blobel die Ängste Cocos auf, die durch ihre Verbrennungen verunstaltet ist und sich davor fürchtet, nie wieder anziehend zu sein. Während die Ärzte und Schwestern versuchen, dem Mädchen Mut zu machen, sich mit ihrem Körper auseinander zu setzen, blockt Coco ab und sieht hinter jeder Geste ein mögliches Indiz dafür, dass ihr die Heilungschancen viel zu rosig geschildert werden. Ebenfalls absolut überzeugend ist das Verhältnis der beiden Schwestern zueinander dargestellt. Hier kommt die Autorin sehr nahe an den Alltag, den Familien mit mehreren Teenagern zur Genüge kennen. Genau das macht den Roman zusätzlich wertvoll. Das, was die Autorin in einfachen, aber gut gewählten Worten erzählt, ist etwas, was nicht nur Jugendliche, sondern auch Eltern absolut nachvollziehen können.

FAZIT

Feuerprüfung ist ein eindrücklicher Roman, der dazu Mut machen soll, sich Gruppendruck nicht zu beugen, sondern seinen eigenen Überzeugungen zu folgen. Es ist aber auch ein Roman, der aufzeigt, wie schnell ein junger Mensch in den Sog einiger charismatischer Personen geraten können und nicht in der Lage sind, sich aus der Spirale von Gewalt und Erpressung zu befreien. Die Autorin kommt ohne Übertreibungen aus und bleibt damit sehr nahe an den Leserinnen und Lesern.

Feuerprüfung

Brigitte Blobel, -

Feuerprüfung

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