Krähenmann

  • Coppenrath, 2014, Originalausgabe
Krähenmann
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Stefanie Eckmann-Schmechta
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Jugendbuch-Couch Rezension vonMär 2015

Liebe gedeiht an den bedrohlichsten Orten

Die 16-jährige Clara hat früh ihre Eltern verloren. Da sie eine sehr begabte Schülerin ist, bekommt sie ein Stipendium für das Elite-Internat Rotensand auf Rügen. Der Empfang ihrer Zimmergenossin Susanne ist kühl; erwartete diese doch ihre beste Freundin als Zimmergenossin.

Inmitten von anderen privilegierten Mitschülern fühlt sich Clara, die im Heim aufgewachsen ist, wie eine Außenseiterin. Sie wird offen angegriffen von der gefürchteten Melanie, die eine ganze Schar von gehorsamen Freundinnen hinter sich hat. Alle auf Rotensand wissen, dass Melanie und ihre Mädchenclique allen Neulingen das Leben zur Hölle macht.

Doch dann wird eine Mitschülerin tot aufgefunden. Auf ihrem Rücken zwei Krähenflügel. Und es wird nicht das letzte Mädchen sein. Clara´s Ermittlergeist wird geweckt und sie beginnt sofort zu recherchieren. Das macht den "Ratgeber" auf sie aufmerksam und sie erhält geheimnisvolle Mails, die sie auf die Spur des Serienmörders bringen soll.

Packender Einstieg

Corina Bomann beginnt ihren Thriller bereits dramatisch und schildert die letzten Minuten im Leben eines jungen Mädchens. Dann erst werden die Leser mit der Ich-Erzählerin Clara bekannt gemacht, die sich erst einmal in ihrer neuen Umgebung zurecht finden muss. Doch ehe sie es sich versieht, steckt sie mittendrin in dem makabren Abenteuer, findet sie doch am ersten Abend einen toten Spatz in ihrem Bett vor. Hat es etwas mit dem geheimnisvollen „Spatzenmädchen" zu tun, das andere Schüler und Schülerinnen vor vielen Jahren in den Freitod getrieben haben? Bei ihrer Spurensuche trifft sie auch immer wieder auf den gut aussehenden Alex. Schon bald werden die beiden ein Paar und Clara ist zum ersten Mal in ihrem Leben richtig verliebt. Alex hilft ihr, dem Rätsel auf die Spur zu kommen. Dabei ist Clara immer hin und hergerissen zwischen totaler Glückseligkeit und schrecklicher Angst.
Alles drin, für junge Leserinnen

Ein Serienmörder, der seinen Opfern, Vogelschwingen auf den Rücken näht, die erste große Liebe, Mobbing und die damit verbundene Schuld. Voilà: Das macht eine Story, die gerade Mädchen - und an diese richtet sich das Buch von Corina Bomann eindeutig – bestens unterhalten wird. Vor allem, da dieser Jugend-Thriller hauptsächlich ganz aus Claras Perspektive erzählt wird. Wir bekommen also jeden ihrer Gedanken und jede ihrer Regungen unmittelbar mit. Und das ist nicht immer so leicht nachvollziehbar, wenn sie von einem auf den nächsten Augenblick zwischen dem Gefühl der nackten Angst und dem Hochgefühl der ersten Verliebtheit schwankt. Hinzu kommen noch Claras Bindungsängste, ihr Trauma als sie ihre Eltern verlor und ihre innere Schutzmauer, die nach und nach bröckelt. Natürlich ist Clara sehr clever und weiß stets was zu tun ist. Sie übernimmt meist die Führungsrolle und wundert sich teilweise selbst.
Diese Zerrissenheit kann zum Beispiel so aussehen: Wenn Clara gerade die Ausmaße des Albtraums bewusst wird, in die sie hier hineingeraten ist, schaut sie schon im nächsten Moment verzückt auf den süßen Hintern ihres Angebeteten.

Ein kniffliger Roman, bei dem man sich anstrengen muss, um alle Puzzleteile beisammen zu bekommen, ist es aber nicht. Eher ist es ein recht unterhaltsamer Schmöker, von dem man nicht erwarten sollte, besonders originell zu sein; obwohl erfolgsversprechenden Zutaten - mysteriöse Morde, starke Hauptdarstellerin, die erste große Liebe, mit aller Schwärmerei, die dazu gehört - gut miteinander vermengt wurden.

Auch die Sprache beschreibt in manchen Teilen sehr gut und teilweise auch präzise, bleibt aber im Großen und Ganzen auf einem einfachen Niveau, mit einigen hinlänglich bekannter Phrasen, die Vielleser vielleicht stören; für Leserinnen ab 12 Jahren mit weniger Leseerfahrung ist es aber eine leichtverdauliche Unterhaltung, die sie mit dem Thriller-Genre bekannt macht, ohne sie gleich zu überfordern.

Schließlich hält Corina Bomann sehr gut die Waage zwischen dem, was einen Thriller ausmacht und dem, was man der jungen Leserschaft zumuten sollte. Diese beiden gegensätzlichen Pole hat sie gut miteinander verbunden, und das, ohne dass ihre Leserinnen das Gefühl haben müssen, dass manche Szenen "geschnitten" wurden. Dass die Geschichte an manchen Stellen etwas unlogisch ist, was die Reaktion der Schulleitung oder der Polizei angeht, kann unter diesen Umständen vernachlässigt werden. So bleibt die Story möglichst "störungsfrei" und ein leichter Lesefluss erhalten.

Fazit

Ein interessantes Setting und eine gute Identifikationsfigur garniert mit viel Herzklopfen: für Thriller-Neulinge genau der richtige Einstieg – vor allem für junge Leserinnen. "Alten Hasen" wird die Geschichte aber wohl keine schlaflose Nacht bereiten.

Krähenmann

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