Hunger nach einem normalen Leben FAZIT
Der 18jährige Zac liegt auf der Krebsstation einer australischen Klinik. Er hat Leukämie. Eine Knochenmarktransplantation soll ihm helfen, die tückische Krankheit zu besiegen. Für Zac heißt das, dass er monatelang unter Quarantäne ist und sich sein Kontakt mit der Außenwelt fast ausschließlich auf den virtuellen Weg beschränkt. Als im Nebenzimmer die junge Mia einzieht, fühlt sich Zac etwas weniger einsam. Zuerst mit Klopfzeichen, später über Facebook unterhalten sich Zac und Mia. Dann wird Zac aus dem Krankenhaus entlassen. Er erfährt nicht mehr, dass Mia bei ihrer Krebsoperation einen Fuß verloren hat und nun mit ihrem Schicksal und der ganzen Welt hadert.
Auf ihrer Flucht vor sich selber landet die 17-jährige Mia schließlich auf der Farm, auf der Zac mit seiner Familie lebt. Obwohl sie sich allem verschließt, gelingt es Zac, zu Mias verletzter Seele durchzudringen. Nach und nach öffnet sich Mia mit Zacs Hilfe dem Leben wieder. Zurückgekehrt zu ihrer Mutter muss Mia allerdings noch einige harte Wochen überstehen, bis sie neuen Lebensmut fasst. Doch da ist Zacs plötzliche Reise in die USA, von wo er Mia regelmäßig Karten schickt, die aber immer irgendwie distanziert bleiben. Mia fühlt sich von Zac verraten.
Es ist kein leichtes Thema
... dem sich die Australierin A.J. Betts widmet. Die Autorin unternimmt keinen Versuch, das Thema Krebs zu beschönigen oder zu verharmlosen. Die beiden Jugendlichen, die sich mit ihrer unterschiedlichen und doch im Grundzug ähnlichen Krankheit auseinandersetzen müssen, sind eine ideale Plattform für die Autorin, den Schrecken einer Krebsbehandlung aufzuzeigen. Sie lässt ihre beiden Protagonisten all den Schmerz und die Zweifel durchmachen, die bei Krebspatienten aufkommen. Aber auch die Hoffnung, die sowohl Zac als auch Mia irgendwie am Leben festhalten lässt. Die sich langsam aufkommenden Gefühle, die die beiden Jugendlichen zueinander entwickeln, schildert A.J. Betts auf eine burschikose Art. Genau das macht die Geschichte jedoch auf ihre Art bezaubernd.
Als stimmiges Stilmittel hat die Autorin eine wechselnde Erzählperspektive gewählt. Mal ist es Zac, der seine Gedanken und Gefühle schildert, dann wieder Mia. Beide nehmen kein Blatt vor den Mund und lassen die Leserinnen und Lesern an all ihren Hoffnungen und Zweifeln teilhaben. Dadurch machen sie ihr Publikum zu Mitwissenden und auf eine subtile Art zu Mitbetroffenen. Eindringlich und mit viel Empathie geht A.J. Betts auf den Unterschied von Zacs und Mias Leben vor der Krankheit und nach der Krebsbehandlung ein. Sie zeigt, wie sehr sie in ihrer persönlichen Entwicklung gehemmt werden und dass nur ein Mensch, der vom selben Schicksal betroffen ist, helfen kann, das Ganze zu überwinden.
Die Offenheit, mit der die Autorin über den Krebs redet, kann jungen Erwachsenen ein guter Denkanstoß sein. Das Zielpublikum, das der Verlag mit dem Roman ansprechen möchte, ist aber leicht verfehlt. Die große Tiefe und die intensive Auseinandersetzung mit negativen und positiven Gefühlen sich selber und der Umwelt gegenüber sind Qualitätsmerkmale des Romans, der durchaus Erwachsene anzusprechen vermag. Allerdings scheint die untere Altersgrenze von 12 Jahren etwas tief gegriffen – es braucht wohl eine gewisse Reife, um sich mit dem Stoff auseinandersetzen zu können und die Situation tatsächlich zu erfassen. Dass die Protagonisten bereits junge Erwachsene sind, ist ebenfalls eine zu starke Differenz zu Leserinnen und Lesern unter 15 Jahren. Der Verlag hätte gut daran getan, die Lektüre erst ab 14 Jahren zu empfehlen.
Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe hat das Potenzial, junge und bereits reifere Menschen zu Tränen zu rühren und bietet zugleich Stoff zum Nachdenken. Das Thema "Krebs" ist ausgezeichnet aufgearbeitet und wird auch bei Menschen, die bisher selber nicht mit dieser Krankheit in Berührung gekommen sind, einen Kloss im Hals stecken lassen. Schön ausgearbeitete Figuren und ein stimmiger Plot machen den Roman zu einem eindrücklichen Leseerlebnis.
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