Beziehungspflaster
Seit Simon mit seinen Eltern aufs Land gezogen ist, hadert der Junge mit dem Schicksal. Von ländlicher Idylle, wie sie die Eltern suchten, ist nämlich wenig zu spüren. Simon, der seit dem Umzug nicht mehr redet, wird in der Schule von einer Gruppe Jungs gequält. Nur Chris steht für ihn ein. Chris, ein Sonderling und Querschläger. Simon und Chris freunden sich an. Doch Simon spürt, dass mit seinem neuen Freund einiges nicht stimmt. Allerdings kann sich Simon nicht darum kümmern. Denn im Ort gehen einige unschöne Dinge vor sich. So wird unter anderem der Hund des Meiergut-Bauern Hubert Moos getötet. Simon, der das tote Tier findet, sieht einen Zettel daneben liegen, mit einer unmissverständlichen Drohung.
Der Zettel verschwindet aber, bevor die Polizei ihn sieht. Als Hubert verprügelt wird und der Hof brennt, weiß Simon, dass er sich längst jemandem hätte anvertrauen sollen. Er weiß mehr, als er der Polizei sagte. Und sein Schweigen hat mit dazu beigetragen, dass das alles passieren konnte. Aber Simon darf nicht reden. Kein einziges Wort darf er sagen. Das hat ihm ein anonymer Anrufer eingeschärft. Schließlich vertraut sich Simon Chris an - kurz darauf wird der Freund entführt. Und Simon wird sich bewusst, dass er viel zu lange geschwiegen hat.
Drei Geschichten
Andreas Jungwirth legt mit Kein einziges Wort einen höchst komplexen Jugendroman vor, der das Zielpublikum, Jugendliche von 12 bis 15 Jahre, stark fordern dürfte. Der Autor verpackt so einiges in seine Geschichte und streift damit die Grenze des Möglichen. Da ist mal Simon selber. Der Protagonist, der aus Protest gegen den ungewollten Umzug nicht mehr sprechen mag, seine Stimme aber wieder findet. Und einen Freund dazu. Aber der Freund, Chris, ist kein "braver" Junge. Er stiftet Simon, der bis anhin kaum mal gegen Verbote verstoßen hat, zu einigem Unfug an. Simon versucht Chris das Wasser zu reichen und eckt damit an. Diese Freundschaft, die sich festigt und zugleich auseinander zu brechen droht, ist ein zentrales Thema des Romans. Aber es geht noch um viel mehr. Um ein Einkaufszentrum, das nicht gebaut werden kann, weil der Meiergut-Bauer seinen Hof nicht hergeben will. Zunächst wird der Bauer subtil unter Druck gesetzt, dann werden die Maßnahmen schärfer. Und Simon weiß davon. Aber er hat Angst, darüber zu reden, seit er unter Druck gesetzt worden ist. Schließlich ist der Roman auch eine Familiengeschichte. Simons Schwester Anna schmeißt ihr Studium, weil sie mit einer Band Musik machen möchte. Die Intervention der Eltern prallt an ihr ab. Anna sagt sich von ihrer Familie los, was Simon stark beschäftigt.
Diese drei komplexen Geschichten ineinander verwoben ergeben ein tiefgründiges Leseerlebnis. Aber das wird durch die eigenwillige Schreibweise, zu der sich der Autor entschieden hat, nachhaltig getrübt. Über den ganzen Roman hinweg ziehen sich die Passagen mit groß geschriebenen Worten. Zuerst ist es lediglich irritierend, dann störend und zum Schluss schließlich nervig. Es mag sein, dass sich der Autor damit der Jugendsprache annähern wollte, die groß Geschriebene Worte als "Schreien" oder doch zumindest nachdrückliche Aussage versteht. Allerdings ist es nicht ersichtlich, weshalb gerade diese bestimmten Passagen groß geschrieben sind - der Sinn der eigenwilligen Schreibart erschließt sich nicht. Und es verlockt auch nicht, länger darüber nachzudenken - höchstens darüber zu sinnieren, das Buch wegzulegen, bevor die Geschichte zu Ende gelesen ist.
FAZIT
Andreas Jungwirth wollte mit seinem Roman in die Tiefe gehen und das jugendliche Publikum zum Nachdenken bringen. Teilweise gelingt ihm das. Teilweise jedoch wirken die Szenen überspannt, ausgelaugt und wenig überzeugend. Schade! Die Thematik ist gut gewählt, die Umsetzung lässt zu wünschen übrig.
Auf der Suche nach der großen Liebe
Eigentlich war Gina überzeugt, auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen. Doch dann kommt die unglückselige Party, auf der sie ihren Freund beim Knutschen erwischt - mit einer anderen. Für Gina bricht zuerst eine Welt zusammen, dann beschließt sie, ihr neues Single-Dasein zu genießen. Hilfe verspricht sie sich von ihrer besten Freundin Malena, der Single-Frau schlechthin. Nur, dass sich Malena ausgerechnet diesen Moment ausgesucht hat, um sich zu verlieben. Frustriert muss Gina miterleben, wie Malena dem Single-Dasein den Rücken kehrt - und ist plötzlich auf sich alleine gestellt. Dabei stellt sie fest, dass es ganz schön stressig ist, nicht in festen Händen zu sein.
An Verehrern mangelt es der jungen Frau nicht. Mr. Right scheint jedoch nicht drunter zu sein. Nach ein paar frustrierenden Erlebnissen ist Gina überzeugt: Männer sind Penner. Das wird nicht besser, als Malena erkennen muss, dass ihr Held ebenfalls in diese Kategorie einzureihen ist, weil er sie betrogen hat. Besonders hart trifft es da Gina, dass die Liebe zwischen ihren Eltern auch vorbei ist und eine Trennung ins Haus steht. Überzeugt, dass kein Mann es wert ist, ihm das Herz zu schenken, träumt Gina trotzdem noch immer davon, dem einen zu begegnen, der anders ist. Die ernüchterte Malena ist skeptisch. Die beiden Freundinnen schließen eine Wette ab, die Gina ganz schön unter Druck setzt.
Temporeich, witzig und unterhaltsam
Beziehungspflaster ist ein Roman, den man sich gönnen kann, wenn die Abende wieder dunkler werden und man sich alleine in eine Sofaecke kuschelt. Die Geschichte der beiden jungen Mädchen, die von schlechten Erfahrungen ernüchtert nicht mehr an die Männer glauben möchten, könnte aus dem Leben gegriffen sein. Nina Ponath geht ganz dicht an die Protagonistinnen heran. Zum einen erreicht sie das über die Ich-Erzählerin Gina, die in einem saloppen Unterhaltungston schildert, was sie erlebt. Zum anderen auch durch die fast greifbare Banalität der Story, die gerade dadurch aus dem Leben gegriffen sein könnte. Die Autorin schildert die Gefühle der beiden Mädchen auf eine Weise, die sie auch für jene nachvollziehbar macht, die gerade nicht in einer solchen Lage stecken wie die zwei.
Viele Szenen entlocken den Leserinnen - das Buch dürfte hauptsächlich Mädchen ansprechen - ein Lächeln. Andere lassen das Herz höher schlagen oder wecken Erinnerungen an eigene Erlebnisse. Dadurch wird Beziehungspflaster zu einer Lektüre, die viele Emotionen wach ruft. Dadurch, dass Nina Poth die beiden Freundinnen Gina und Malena zwar unkonventionell sein lässt, aber nicht so ausgeflippt, dass sie nicht mehr greifbar wären, macht sie sie zu Verbündeten der Leserinnen. Es wirkt bald so, als würde die beste Freundin der Leserin erzählen, was sie jüngst erlebt hat. Das erst noch in einer Sprache, die dem jugendlichen Alter der Erzählerinnen wie auch derjenigen, an die das Buch gerichtet ist, entspricht.
Fazit
Beziehungspflaster ist kein besonders tiefschürfendes Buch. Es ist aber ein lebendiges, ein witziges und ein unterhaltsames Buch. Was die Story erzählt, könnte man sich mehrfach von Freundinnen erzählen lassen, die ähnliches erlebten. Gerade dadurch wird der Roman zu etwas, das direkt auf die emotionale Ebene rutscht. Es sind nicht die ganz großen Gefühle, die da wach gerufen werden. Aber die ganz gewöhnlichen Alltagsgefühle, über die sonst kaum jemand schreibt. Dadurch bleibt die Geschichte sehr nahe am Publikum.
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