Zwei Männer, eine Bestimmung, viele Lügen
Prinzessin Arabella, Erste Tochter vom Hause Morrighan - kurz auch Lia genannt - soll mit ihren siebzehn Jahren verheiratet werden, um den Frieden zum Nachbarkönigreich Dalbreck zu sichern. Das einzige Manko: Sie hat diesen Prinzen, den sie ehelichen soll, noch nie gesehen. Ist er in ihrem Alter oder vielleicht schon ein Greis? Ist er gutmütig oder ein Choleriker? An ihrem Hochzeitstag beschließt sie daher, aus ihrem goldenen Käfig auszubrechen und wegzulaufen. Bevor sie sich für immer in einem anderen Königreich einsperren lässt, ist sie lieber ein ganz normales Mädchen.
Gesagt, getan. Zusammen mit ihrer Kammerzofe Pauline macht sie sich auf in ein neues Leben auf dem Land. Sie heuert als Bedienung in einer Taverne an und hat sich schon bald in ihrem neuen Alltag eingefunden. Doch dann tauchen an einem Abend zwei attraktive Männer in der Taverne an. Schell kommen sie mit Lia ins Gespräch und sie fühlt sich schon bald zu beiden hingezogen. Was sie nicht weiß: Einer der beiden wurde ausgesandt, um sie zu töten, und der andere ist kein geringerer als der Prinz, den sie nicht heiraten wollte...
Mit "Der Kuss der Lüge" legt die Autorin einen wahnsinnig spannenden ersten Teil der "Die Chroniken der Verbliebenen"-Reihe vor. Es gibt so viel zu entdecken, dass die Seiten nur so dahinfliegen. Hier hat für mich wirklich alles gestimmt und ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen.
Zunächst möchte ich erwähnen, dass das Buch ganz liebevoll gestaltet wurde. Neben einer Übersichtskarte vorne sowie hinten (die wirklich nützlich ist), ist das Cover genau auf den Punkt getroffen. Es macht neugierig auf die Story und nach Beendigung dieser kann man Details erkennen, die wirklich passen.
Die Geschichte selbst wird uns aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Die hauptsächliche Erzählerin ist natürlich Prinzessin Lia, aber dann gibt es auch immer wieder Ausflüge hin zum Prinzen sowie dem Attentäter. Das macht dieses Buch wohl auch so außergewöhnlich, denn wir können in die Köpfe von allen dreien schauen und so feststellen, dass sogar der Attentäter Gefühle hat und sich diesen im Verlauf immer öfter stellen muss. Dieser Aufbau macht die Geschichte für mich zu etwas Besonderem, weil alle wichtigen Personen für mich greifbar sind und ich ihre Motive zu jeder Zeit nachvollziehen kann.
Lia hat mir sehr gut gefallen, weil sie nicht die typische hochnäsige Prinzessin ist, sondern vielschichtig, intelligent und vor allem einfühlsam. Sie macht mehr als einen Fehler - und das ist gut so! Sie ist mir von der ersten Seite an sympathisch gewesen und hat auch auf der letzten keinerlei Sympathiepunkte eingebüßt. Eher das Gegenteil ist der Fall: Ich ziehe den Hut vor ihr, weil sie eine wahnsinnige Entwicklung durchmacht und sich stets selbst treu bleibt.
Die Nebencharaktere sind insgesamt überschaubar, was ich als weiteren Pluspunkt hervorheben möchte. So kann man sich auf diese Personen auch tatsächlich einlassen und Details entdecken, die ihren Charakter ausmachen. Besonders gut haben mir die beiden Männer in Lias Leben gefallen. Sie könnten wohl unterschiedlicher nicht sein, haben aber trotzdem beide eine interessante Seite, die man erforschen möchte. Hier gilt: Nicht immer ist alles wie es scheint. Viele Geheimnisse, viele Lügen machen den Prinz und den Attentäter zu überaus spannenden Charakteren, die man auf die eine oder andere Art in sein Herz schließen muss.
Ich muss zugeben, dass ich in Bezug auf die Spannung zunächst wirklich Bedenken hatte, denn es ist lange her, dass mich eine Geschichte über 560 Seiten hinweg komplett fesseln konnte. Pearson ist dies aber mehr als gelungen, denn selbst nach der letzten Seite (Achtung! Die Story endet mit einem mehr als fiesen Cliffhanger, Band 2, "Das Herz des Verräters", der voraussichtlich im Mai 2018 erscheinen wird, sollte auf jeden Fall schon zu Hause sein) habe ich noch eine ganze Weile über Lia und ihre Ideale nachgedacht. Der Anfang ist rasant, im mittleren Teil gibt es immer wieder Wendungen, die ich nicht habe kommen sehen, und das letzte Drittel ist dann sowieso Spannung pur. Hier konnte ich das Buch überhaupt nicht mehr aus der Hand legen und musste einfach weiterlesen, weil die Ereignisse sich hier schlichtweg überschlagen!
Das Land, das die Autorin in dieser Lektüre erschaffen hat, ist für mich wirklich episch gewesen. Obwohl gar nicht viele Beschreibungen eingefügt wurden, konnte ich mir aber zu jeder Zeit die Umgebung vorstellen. Ich hatte immer ein klares Bild vor Augen, in welchem Setting die Charaktere gerade agieren. Hierfür möchte ich ein großes Lob aussprechen, denn viele Autoren bekommen es trotz seitenlanger Ausführungen nicht hin, eine Lichtung im Wald zum Leben zu erwecken, sodass man sogar die Vögel zwitschern hört oder beim Knacken eines Astes zusammenzuckt.
Das Thema Gefühl steht bei dieser Geschichte absolut im Mittelpunkt. Es geht um Familie, Freundschaft und Liebe. Werte wie Tradition, die Götter oder auch das Streben nach Freiheit spielen ebenfalls eine große Rolle und beherrschen einen Großteil des Geschehens. Selbst ein Hauch Mystik ist immer unterschwellig zu spüren, denn die Vergangenheit des Landes ist geschichtsträchtig. Hier werden immer wieder Details preisgegeben, die sich aber am Ende immer noch nicht zu einem Ganzen zusammengesetzt haben und die Spannung weiter hochhalten.
Ich würde mich der Altersempfehlung des Verlags anschließen, allerdings soll gesagt sein, dass Gewalt manchmal deutlich dargestellt wird. Man sollte mit Tod und Verlust umgehen können und auch generell ein gutes Verständnis für Ränkespiele sowie Intrigen haben.
Fazit:
Absolutes Suchtpotential, das ich wirklich hervorheben muss. Ausgeklügelte Charaktere, eine wahnsinnig spannende Hintergrundstory und immer wieder Details, die es bei dieser zu entdecken gibt. Hier war eine erstklassige Autorin am Werk!
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