Die Sucht versichert uns, dass wir die Kontrolle haben und jederzeit aufhören könnten, dass es nie im Leben uns trifft. Bis es uns dann doch trifft
Lexi will es nicht wahrhaben, doch sie ist drogensüchtig. Nachdem sie fast an einer Überdosis stirbt, wird sie in eine Entzugsklinik eingewiesen. Hier unterzieht sie sich gemeinsam mit anderen Jugendlichen dem 10-Schritte-Programm. Vor allem an Brady ist sie interessiert. Doch darf sie sich auf ihn einlassen? Denn sie könnten ihren Entzug aufs Spiel setzen.
Über ein 10-Schritte-Programm in ein drogenfreies Leben
Scheinbar ist es leicht, ein Kind reicher Eltern zu sein: Man kann das Leben genießen, wie es kommt, braucht sich keinerlei Sorgen zu machen und Geld schafft Anerkennung und Aufmerksamkeit. All das kostet Lexi in vollen Zügen aus. Auch vor Drogen macht sie nicht halt. Mit ihrem Freund Kurt raucht und spritzt sie sich alles Mögliche und wirft sich alle Arten von Pillen ein.
Dass ihr Verhalten nicht normal ist, will sie nicht einsehen, da es ihrer Meinung nach alle Jugendlichen in dem Alter machen. Daher merkt sie nicht, wie die Sucht sie immer selbstzerstörerischer macht und sie in die Abhängigkeit rutscht. Als sie schließlich eine Überdosis erwischt, erkennt ihr Bruder Nikolai die drohende Gefahr und weist sie in die Entzugsklinik Clarity ein. Dort soll sie von Dr. Goldstein nach dem 10-Schritte-Programm therapiert werden, welches mit "Ich gebe zu, dass ich ein Problem habe" beginnt und sie durch die Genesung führt.
Zu Anfang jedoch ist sie überhaupt nicht begeistert und wehrt sich verbissen gegen jede Vernunft. Schließlich ist es einfacher einzusehen, dass andere Probleme haben, als man selbst.
Leichter wird es, als sie die anderen jugendlichen Patienten kennenlernt, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Saif dröhnt sich regelmäßig mit Aufputschmitteln zu, Kendall ist ein magersüchtiges Trans-Mädchen, Ruby leidet an Bulimie und Brady hat ein gestörtes emotionales Verhalten.
Ausgerechnet der attraktive Brady zeigt dabei Interesse an ihrem "nüchternen Selbst", was sie bisher so nicht kannte. Bevor sie sich darauf einlassen kann, muss sie verstehen, wie sie in die Sucht rutschen konnte und vor allem Schritt 5 bewältigen: "Ich erkenne an, dass ich kein schlechter Mensch bin".
Das Thema Sucht in vielerlei Formen - und wie teuflisch diese sein können
"Clean" mutet mit seinem Titel und der Covergestaltung wie ein modernes "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" an. Während der Klassiker biografisch ist, befasst sich Dawsons Buch mit einer fiktiven Geschichte. Der größte Teil dessen spielt in der Entzugsklinik, in der der Leser hautnah die Qual des kalten Entzugs von Lexi miterlebt. Man spürt förmlich das Zittern, die Schmerzen bis in die Knochen und Tiefen des Körpers, während das Gehirn versucht, diese plötzliche Veränderung der eigenen Chemie zu verkraften.
Es reißt einen mit und hält mit erschreckender Realität vor Augen, was Drogen mit einem anstellen können. Diese Beschreibungen machen dabei den Anfang zum besten Teil der Geschichte, während die fortlaufende Handlung qualitativ abnimmt.
Der eigentliche Heilungsprozess ist zwar bemerkbar, aber nicht, wie dieser vonstattengeht. So hätte sowohl das Programm als auch der eigentliche Zweck erläutert werden können, wodurch der Weg des Entzugs für den Leser plastischer gewesen wäre. Schließlich sollte so ein Buch auch der Aufklärung und Prävention dienen, die dem (jugendlichen) Leser zeigt, wie gefährlich Drogen sind und wie schwer der Weg aus der Sucht ist.
Die anderen Insassen waren in ihren Krankheitsbildern sehr interessant. Das zeigt, wie vielfältig Sucht sein kann und dass sie sich nicht nur auf Drogen und Alkohol beschränkt. Es können auch alltägliche Dinge sein, wie Essen, Emotionalität oder Sex. Auch hier kann das Buch natürlich nur an der Oberfläche kratzen, etwas mehr Tiefgang wäre aber wünschenswert gewesen.
Dennoch sind die Protagonisten wirklichkeitsnah und agieren wie "typische" Jugendliche.
Gerettet wurde die etwas flache Handlung vor allem durch die wahnsinnig starke und interessante Lexi. Obwohl sie sich lange Zeit im Weg steht und der Wahrheit nicht ins Auge blicken kann, macht es Spaß zu lesen, wie sie in der Klinik aufblüht und sich selbst wieder zu schätzen und zu verzeihen lernt.
Fazit:
Alles in allem ist es ein gutes Buch, das man sich auch als Schullektüre vorstellen kann. Die nötige Ernsthaftigkeit geht etwas durch die oberflächliche Behandlung des Themas verloren. Die interessanten Charaktere machen dies jedoch mehr als wett.
Deine Meinung zu »Clean«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!