Zwei beste Freundinnen und ein Kerl
„Er grinst, beugt sich zu mir hinab und küsst mich auf die Wange.“
Wow, Anna kann es kaum glauben: ihre erste Reise ganz allein! Mit dem Zug ist sie auf dem Weg von Deutschland nach Paris, um ihre beste Freundin Laura zu besuchen. Eigentlich will sie die Zugfahrt genießen, doch ausgerechnet in ihr Abteil setzt sich Jo, ein nerdiger Junge, mit dem sie gleich ins Gespräch kommt. Sie sind sich sympathisch, tauschen Nummern aus, nichtsahnend, dass auch Laura ihn kennt.
Paris: die Stadt, in der die Liebe zu Hause ist
Laura und Anna kennen sich bereits seit dem Kindergarten und sind unzertrennlich. Während Laura jedoch nie Probleme hat, Anschluss zu finden, lebt Anna stets im Schatten ihrer Freundin. Lauras Mama kommt aus Frankreich. Ihrer Familie haftet daher immer etwas kultiviert-weltmännisches an, mit der Anna und ihre Familie nicht mithalten können. Dennoch genießt Anna die Freundschaft.
Daher kommt es einem Schlag gleich, als Laura mit ihrer Familie nach Paris zieht. Sie skypen regelmäßig, dennoch merkt Anna, wie ihr die Freundschaft entgleitet. Als sie Laura endlich besuchen darf, ist sie voller Vorfreude, wenngleich der Besuch von der vagen Angst begleitet wird, dass ihr Verhältnis nie mehr so sein wird wie zuvor.
Im Zug nach Paris lernt sie schließlich Jo kennen, zu dem sie schnell eine besondere Verbindung spürt. Sie teilen gemeinsame Interessen, haben den gleichen Humor und scheinen sich auf dem ersten Blick ineinander zu verlieben. Anna kann es kaum erwarten, Laura davon zu erzählen.
Doch als der richtige Zeitpunkt da ist, stellt sie fest: Jo besucht nicht nur die gleiche Schule wie Laura, sondern ist auch deren heimlicher Schwarm. Über Wochen hat Laura von „Einstein“ vorgeschwärmt, wie sie ihn wegen seiner Intelligenz gerne nennt, und dass auch er mit ihr flirten würde.
Anna fühlt sich wie vor dem Kopf gestoßen: Sollte sie sich etwa so sehr in Jo getäuscht haben? Wie soll sie sich Laura gegenüber verhalten? Schließlich droht die Freundschaft zu zerbrechen.
Eine schöne Reise nach Paris – ohne das Gefühl von Liebe
Claire Morin ist genauso wie Laura Tochter einer Französin und eines deutschen Vaters. Ihre zwei Herzen, die für die beiden Länder schlagen, fließen authentisch in Paris, die Liebe und andere Lügen ein. Insbesondere Paris wird sehnsuchtsvoll verträumt und atmosphärisch beschrieben. Hier steckt mehr drin als eine bloße Stadtführung.
Und dann wäre da noch die Liebe! Die Grundhandlung zweier Freundinnen, die in den gleichen Typen verknallt sind, wurde schon hundertfach erzählt. Dennoch bieten sich noch so viele Möglichkeiten, daraus eine schöne Liebesgeschichte zu zaubern und eigene Sehnsüchte zu wecken. In diesem Buch vermögen diese Gefühle jedoch nicht aufzukommen.
Insbesondere die Freundschaft zwischen Anna und Laura hat einiges an Konfliktmaterial – Anna, die stets mit der schöneren, mutigeren und extrovertierten Laura mithalten musste, dabei auch von ihr ausgenutzt wurde. Immer wieder hätte Anna der Freundin beichten können, dass sie Jo bereits im Zug kennengelernt hat. Doch nie ist der vermeintlich richtige Zeitpunkt da. Es hätte schon viel früher etwas passieren müssen, um den Konflikten mehr Raum und der Liebe mehr Nährboden zu bieten.
Stattdessen passiert eine Weile lang sehr wenig, bis es zum großen Knall kommt. Auf einmal ist der große Streit da, entstehen verletzte Gefühle, wackeln Freundschaften und finden Herzen zueinander. Zu konfus ist die Situation, um sich darauf einlassen zu können.
Dabei schreibt Morin sehr klar und weiß, große Gefühle zu transportieren. Daher ist es so schade, dass es mit dieser Geschichte nicht wirklich klappen wollte.
Fazit
Paris, die Liebe und andere Lügen bietet ganz viel Paris, jedoch umso weniger Gefühl. Für ein bisschen Romantik zwischendurch ist es ein locker zu lesendes Buch. Vielleicht bringt ein eigener Paris-Urlaub mehr Emotionen hinein – es bleibt auszuprobieren.
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