Eher ein Spaziergang denn ein Wettlauf
Lu ist der Boss. Der Checker. Der Einzigartige. So jedenfalls lautet das Mantra, mit dem er seine Tage beginnt. Und tatsächlich: Lu gehört in seiner Lauf-Mannschaft zu den Besten, was ihn sogar zum Co-Kapitän macht. Doch seit er beim letzten Wettlauf über eine Hürde gestolpert ist, hat er eine Blockade. Er traut sich nicht mehr, zu springen. Natürlich fällt es dem eingebildeten Lu schwer, diese Schwäche einzugestehen. Allein seinem Trainer gelingt es, ihn wieder aufzubauen.
Auch zu Hause steht Lu vor großen Herausforderungen. Bald wird er eine Schwester bekommen und muss sich auf seine Rolle als großer Bruder vorbereiten. Sein Vater erzählt ihm von seiner Vergangenheit und einem Fehler, den er bis heute nicht wiedergutmachen konnte. Eine belastende Situation für Lu, der sich plötzlich auch noch mit seinem Mobber aus Kindertagen konfrontiert sieht.
Lu ist der vierte und letzte Teil der Lauf-Reihe um vier Freunde, die zusammen im Lauf-Team bei Wettkämpfen um den Sieg sprinten. Doch wie jeder Band der Reihe verdeutlicht, haben die vier jeweils auch ganz eigene Kämpfe auszufechten, von denen die anderen nichts ahnen.
Warum wird uns diese „Geschichte“ erzählt?
Das Buch besticht durch einen hohen Grad an Trivialität. Zwar gibt es in Lus Leben einige Steine, die seinen ambitionierten Weg blockieren: Die Konfrontation mit seinem früheren Mobber, der Konflikt zwischen seinem Vater und seinem Trainer, die Geburt seiner Schwester, seine Angst vor dem Hürdenlauf. Sobald sich jedoch Konfliktpotential anbahnt, scheint der Autor kalte Füße zu bekommen. Probleme werden so schnell und einfach gelöst, dass sie die Bezeichnung „Konflikt“ gar nicht verdienen. So blättert man hoffnungsvoll eine Seite nach der anderen um, auf der Suche nach einem Fünkchen Spannung. Doch ehe man sich’s versieht, ist man schon am Schluss angelangt. Am Ende folgt noch eine gehörige Portion Kitsch – und dann ist es vorbei.
Natürlich möchte Reynolds seinen jungen Lesern mit dieser flachen Story eine Botschaft vermitteln: Als Familie muss man zusammenhalten, seine Schwächen und Fehler akzeptieren und zu ihnen stehen. Man muss Selbstvertrauen haben und sich eingestehen können, wenn Hilfe benötigt wird. Eine schöne Moral von der Geschichte, die Reynolds auch nicht versäumt, den Lesern wortreich um die Ohren zu hauen. Nicht wirklich subtil, obwohl das vermutlich der Geschichte mehr Tiefe verliehen hätte.
Was dem Inhalt an Reiz fehlt, macht Reynolds Schreibstil wieder wett. Flott und unterhaltsam versucht er sich an einer authentischen Jugendsprache, die einen das Buch sehr schnell runterlesen lässt. Der von sich selbst überzeugte Lu wird gekonnt charakterisiert, auch die anderen Figuren sind greifbar.
Fazit
Wenig überzeugender Abschluss der Lauf-Reihe mit einer unaufgeregten Handlung auf nur wenigen Seiten. Der Schreibstil ist jedoch gelungen, sodass man doch am Ball bleibt. Sehr leichte Kost für zwischendurch.
Deine Meinung zu »Lu: Wir sind Familie«
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