Chilling Adventures of Sabrina: Hexenzeit
- heyne fliegt
- Erschienen: August 2019
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aus dem Englischen von Beate Brammertz; Broschur, 320 Seiten
Band 1 von 3 aus der Sabrina-Reihe
ISBN: 9783453272545
Ein letzter Sommer...
Sweet Sixteen
Naja, fast… noch ist Sabrina Spellman nämlich zarte fünfzehn. Aber der nächste Geburtstag steht schon vor der Tür. Nicht irgendein Geburtstag, nein. Das Vollenden des sechzehnten Lebensjahres stellt einen ganz wichtigen Punkt im Leben einer Hexe dar. Moment… hat er gerade Hexe gesagt? So richtig mit Warze und Besen und so? Ja, fast… nur ohne Warze und Besen und so.
Sabrina wurde als Tochter eines mächtigen Hexers und einer Sterblichen geboren, verlor ihre Eltern aber schon früh bei einem tragischen Unglück. Seitdem kümmern sich ihre Tanten Zelda und Hilda, die Schwestern ihres verstorbenen Vaters Edward, liebevoll um die Halb-Sterbliche. Zusammen mit ihnen und ihrem Cousin Ambrose, der durch eine ihm auferlegte Strafe für ein vergangenes Vergehen ans Haus und dessen unmittelbare Umgebung gebunden ist, lebt Sabrina in einem alten Kasten, in den die Addams Family ohne Zögern als Nachmieter einziehen würde… falls die Munsters anderweitig Platz fänden. Als wäre der Anblick des düsteren Gebäudes, mit seinem angrenzenden, kleinen Friedhof nicht schon morbide genug, betreiben die Spellman-Schwestern von dort aus auch noch ihr Bestattungsunternehmen… mit reichlich frischen Neukunden im Keller.
Während die gutmütige Hilda trotz ihres Hexen-Daseins stets positiv und liebevoll ihrem Umfeld gegenübersteht - selbst den Sterblichen! -, ist Zelda eine treue Anhängerin des Dunklen Lords und lässt Strenge walten. In der Not steht sie aber wie ein Fels in der Brandung an der Seite ihrer Familie, um diese vor Schaden und Gefahren zu bewahren. Cousin Ambrose kam bereits in jungen Jahren zu den Spellmans, als Hilda, die sich zuvor schon um ihn kümmerte, ihn aus England mit nach Greendale brachte. Beim Dunklen Lord in Ungnade verfallen, bleibt dem Hexer nichts anderes übrig, als sich die Zeit (und wir reden hier von einer Menge Zeit!) auf dem Spellman’schen Grundstück zu vertreiben, was in gelegentliche… besser gesagt, in regelmäßige Flirtereien mit dem Postboten gipfelt – egal, ob männlich oder weiblich. Ambrose ist da nicht wählerisch und mag Briefträger von Haus aus. Für Sabrina war er immer wie ein großer Bruder, der stets ein offenes Ohr für sie hat. Mit ihm kann sie vertrauensvoll reden. Auch über die Themen, mit denen man als Fünfzehnjährige nicht unbedingt zuerst zu den Erziehungsberechtigten rennt.
Da Sabrina aber nur zur Hälfte Hexe ist, hat sie natürlich auch noch ein „normales“ Leben… wobei die Betonung auf NOCH liegt. Hier kommen wir nochmal auf den sechzehnten Geburtstag zu sprechen und warum gerade dieser Tag so wichtig für eine Jung-Hexe ist: In dieser Nacht soll die satanische Taufe vollzogen werden, die Sabrina offiziell in den Hexenzirkel aufnimmt. Yay! Eine tolle Sache… sollte man meinen. Dumm nur, dass Sabrina damit ihrer menschlichen Seite von heute auf morgen den Rücken kehren müsste. Sie würde an die Akademie der unsichtbaren Künste wechseln und die High School verlassen. Jeder Teenager würde einen Rückwärtssalto aus dem Stand machen, wenn er dem regulären Schulalltag endlich den Finger zeigen und fortan Tag für Tag mit Magie und Zaubersprüchen hantieren könnte. Mal ehrlich, WIE COOL IST DAS DENN? Aber DAMIT ist es ja nicht getan und eine Abkehr vom menschlichen Alltag birgt auch so manche Schattenseite. Was wäre mit Sabrinas Freundinnen? Roz und Susie? Wie würde sie ihnen erklären, dass sie nun komplett aus ihrem Leben verschwinden würde? Und das auch noch mit einer Lüge? Und Harvey? Oh, mein Gott… HARVEY! Der Junge, in den Sabrina schon seit dem ersten Schultag verknallt ist. Der Junge, der sie immer zum Lachen bringt, die zarte Künstler-Seele, die immer ein offenes Ohr für sie hat, mit dem sie tagtäglich zur Schule geht, dem sie (fast) alles anvertrauen kann… zumindest das, was ihre menschliche Seite betrifft, der sie liebt… da ist sie sich beinahe sicher. Und den sie liebt… da ist sie sich ebenso sicher. Das alles aufgeben, nur um der Familien-Tradition zu folgen? Einer Familie, deren Blut genaugenommen nur zu 50% in ihren Adern fließt? Puh, keine leichte Entscheidung… aber wer hat gesagt, dass es leicht ist, eine Hexe zu sein?
Die liebe Liebe…
…zieht sich wie ein roter Faden durch Hexenzeit. Noch muss sich Sabrina nicht mit ihrem bevorstehenden Geburtstag befassen und noch ist die satanische Taufe einige Monde entfernt. Noch liegt der Sommer vor ihr. Der vielleicht letzte Sommer ihres menschlichen Lebens. Doch es nagt an Sabrina…
Als sie mit Harvey durch die Straßen schlendert, fällt Sabrinas Blick auf eine hübsche Fremde am Straßenrand. Auch ihr Begleiter erblickt die junge Frau und Sabrina wird mit ihrer eifersüchtigen Seite konfrontiert. Harvey beteuert zwar, dass er sie nicht angestarrt habe und dass es sowieso für ihn kein hübscheres Mädchen als Sabrina gibt, doch die junge Halb-Hexe bleibt skeptisch. Empfindet er wirklich das gleiche für sie, wie sie für ihn? Was, wenn sie ihrer Hexen-Zukunft entsagen und beschließen würde, sich vollwertig auf ihr menschliches Ich zu konzentrieren? Würde Harvey für immer an ihrer Seite stehen und kann sie sich seiner Liebe hundertprozentig sicher sein? Sabrina braucht Antworten und… hey, schließlich wohnt sie in einem Haus, in dem es tagtäglich magisch zugeht. Warum dann nicht ein wenig Hexerei, um die Zweifel zu beseitigen?
Cousin Ambrose steht mal wieder mit Rat und Tat zur Seite und als erfahrener Hexer beauftragt er Sabrina die notwendigen Zutaten für einen Zauber aufzutreiben. Gesagt, getan. Der Zauber wirkt… allerdings anders, als erhofft und Harvey legt ein – selbst für seine Verhältnisse – mehr als merkwürdiges Verhalten an den Tag. Hinzu kommt noch, dass ein Geist, den Sabrina während ihrer Suche im Wald an einem vermeintlichen Wunschbrunnen traf, der Jung-Hexe ein nur allzu verlockendes Angebot macht…
Harmlos, aber zauberhaft
Die irische Schriftstellerin Sarah Rees Brennan nimmt sich genügend Zeit, die Charaktere einzuführen, sodass man auch ohne große Vorkenntnisse sanft in die Welt von Greendale einsteigen kann. So bekommt man ein gutes Gefühl für die Figuren und deren Hintergründe. Der flüssige, wenn auch simple Schreibstil führt zügig durchs Buch und man merkt kaum, wie schnell man voranschreitet. Interessant ist, dass die eigentliche Geschichte aus der Sicht von Sabrina Spellman geschrieben ist, nach jedem Kapitel aber eine Ergänzung folgt, die entweder das Geschehen aus einer anderen Sicht kommentiert, oder sich einem der Nebencharaktere widmet und diese dem Leser so näherbringt. Diese Kapitel sind auf schwarzem Papier, mit weißer Schrift gedruckt und zudem mit dem Zusatz „Was im Dunkeln geschieht“ gekennzeichnet. Ein durchaus kreativer Ansatz, der aber gelegentlich aus der Story reißt.
Generell ist die Geschichte recht harmlos geraten. Im direkten Vergleich mit der Serie fast schon handzahm und blutleer. Erst im letzten Drittel wird an der Spannungsschraube gedreht und Sarah Rees Brennan tritt ein wenig aufs Gaspedal. Vornehmlich steht das Thema „Familie“ im Vordergrund. Und NATÜRLICH die „Liebe“… diese allerdings in ihren unterschiedlichsten Formen. Angeführt natürlich vom Liebeskarussell, welches sich um Harvey und seine Brina dreht. Aber auch die Liebe unter Brüdern spielt eine wichtige Rolle. Hier dargestellt durch die Beziehung von Harvey zu seinem großen Bruder Tommy. Hier meinte es Miss Brennan aber ein wenig zu gut und ich fing an mich zu fragen, ob Harvey nicht besser mit seinem Bruder zusammen wäre, als mit Sabrina. Junge, so oft wie die sich umarmen und drücken… die müssen ja schon wund sein! Auch Sabrinas Verhältnis zu ihrem Cousin Ambrose wird näher thematisiert. Dies war besonders spannend zu lesen, da Ambrose ein sehr interessanter und zugleich mysteriöser Charakter ist.
Neben den Hauptfiguren tauchen hier und da auch Charaktere aus der Serie auf, die zwar nur am Rande in Erscheinung treten, aber durchaus ihre Daseinsberechtigung im Roman haben. Dieser funktioniert ja immerhin als Vorgeschichte zur ersten Staffel und da kann es nicht schaden, wenn „Sabrina“-Neulinge ersten Kontakt mit Miss Waldwell, Rosalind Walker, Susie Putnam, Nicholas Scratch, Pater Blackwood oder den Unheimlichen Schwestern Prudence, Dorcas und Agatha aufnehmen. Kennern der Serie wird dieses Wiedersehen mit Sicherheit ebenfalls gefallen und sie tiefer in die Geschichte einsaugen.
Gerade noch auf NETFLIX, jetzt schon in Bücherregal!
Basierend auf den gleichnamigen Archie-Comics (beziehungsweise dem hauseigenen Imprint Archie Horror, in dem man sich den dunkleren Stoffen aus der „Heile Welt“-Welt widmet), schlug die NETFLIX-Adaption von „Chilling Adventures of Sabrina“ gleich bei ihrer Veröffentlichung ordentlich ein. Am 26. Oktober 2018 gingen die ersten zehn Episoden an den Start. Nach einem Weihnachtsspecial, welches seit dem 14. Dezember 2018 verfügbar ist, lieferte NETFLIX am 5. April 2019 die restlichen neun Folgen nach. Die Macher hinter „Chilling Adventures of Sabrina“, die auch für die Erfolgsserie „Riverdale“ (ebenfalls basierend auf den Charakteren der Archie-Comics) verantwortlich sind, legten viel Wert darauf, sich von der 90er-Jahre Sitcom-„Sabrina“ zu entfernen, was auch voll und ganz gelungen ist. Mit „Sabrina – The Teenage Witch!“ hat die aktuelle Produktion, die als eine Mischung aus „Rosemarys Baby“ und „Der Exorzist“ angekündigt wurde, ungefähr so viel gemeinsam, wie der Teufel mit dem Weihwasser, was… ja auch wieder irgendwie passt.
Eine offizielle zweite Staffel (Season 1 wurde ja in zwei Blöcke gesplittet) ist bereits in Produktion und die sechzehn neuen Folgen sollen ebenfalls in zwei Teile aufgeteilt werden. Stand August 2019 ist die Hälfte der Drehbücher fertig geschrieben und die sechste Episode befindet sich in Produktion. Laut Serien-Schöpfer Roberto Aguirre-Sacasa wird der ursprüngliche Release-Termin (Oktober 2019) daher nicht gehalten werden können. Aber egal… Hauptsache es geht überhaupt weiter.
Fazit
Schwer unterhaltsam und gut zu lesen. Hexenzeit kommt zwar etwas freundlicher und zahmer daher als die düstere NETFLIX-Serie, bietet aber einen geschmeidigen Einstieg in Riverdales Nachbarstadt Greendale. Für verregnete Herbsttage auf der gemütlichen Couch genau die richtige, leicht konsumierbare Lektüre. Fans der Serie, sowie Jung-Hexen und -Hexer sollten zugreifen, zumal das Heyne-Taschenbuch mit seinem schwarzen Spotlack-Applikationen auf dem matten, roten Untergrund äußerst schick gestaltet ist.
Sarah Rees Brennan, heyne fliegt
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