Von abgebissenen Gliedmaßen und strömenden Körpersäften
Gemetzel, Hunde-Action, Postapokalypse und Menschenverachtung
In ferner Zukunft ist die Welt der Menschen dem Untergang geweiht. Wasser und Nahrung sind knapp, gefährliche Tiere streunen durch die Gegend und verschiedene Gruppierungen bekämpfen sich gegenseitig. Dementsprechend gering fällt die Lebenserwartung aus, Mädchen bekommen oft schon im Alter von 13 ihr erstes Kind. Überhaupt sind Frauen in dieser Welt begehrt, denn sie garantieren das Überleben der Menschheit.
Aus dieser ausweglosen Situation heraus beauftragt Dun Sur, der Anführer einer provisorischen Stadt, den 15-jährigen Jeet, die Geschichte des Landes und ihrer Gruppe aufzuschreiben und für die Nachwelt zu erhalten. Jeet ist nicht nur einer der wenigen Jungen, die lesen und schreiben können, er wurde auch einst als Baby von den gefürchteten Deathland Dogs aufgezogen, bevor er wieder in die Welt der Menschen gelangte und von ihnen resozialisiert wurde. Die Deathland Dogs sind streunende Hunde, von denen Jeet so manches Talent und viele Verhaltensweisen übernommen hat – Eigenschaften, die ihn für Dun Sur prädestinieren, den verhassten Stamm der Dau auszuspionieren. Denn die Dau haben Wasser. Und sie haben Jeets Schwarm Chola Se entführt.
Ein Albtraum für jeden Deutschlehrer
Jeet lebt in einer Welt, in der es nur noch auf das Wesentliche ankommt. Das macht sich auch in der Sprache bemerkbar. Doch wo der britische Autor Kevin Brooks noch auf vereinfachte Wortschöpfungen wie „wele“ für „we will“ oder „hese“ für „he has“ zurückgreifen konnte, ist das im Deutschen schon schwieriger. Da hatten die Verantwortlichen der deutschen Ausgabe die Idee, diese Reduzierung der Sprache durch das Weglassen aller Kommas darzustellen. Im Übrigen gibt es auch keine Anführungszeichen. Klingt nach einer anspruchsvollen Lektüre? Ist es auch. Aber in erster Linie ist es nur unverständlich, warum eine Vereinfachung der Sprache zum Fehlen der Kommas führen sollte, wohingegen auf jede andere Regel der Rechtschreibung penibel geachtet wird. Prädestiniert für diese Geschichte sind deshalb all jene Leser, deren Gehirn mit weggelassenen, für das Verständnis jedoch essentiellen Satzzeichen klarkommt. Besonders, wenn man es mit einem Ich-Erzähler zu tun hat, der in seinen Beschreibungen gerne Dinge aufzählt.
Reiseführer? Hundeabenteuer? Oder was?
Die Geschichte zieht sich. Es dauert rund 100 Seiten, bis man überhaupt auf die Spur einer Handlung stößt. Denn am Anfang widmet sich Jeet voll und ganz seiner Aufgabe als Chronist. Deshalb liest sich dieser Teil wie ein Reiseführer, der Einzelheiten beschreibt, die für die spätere Handlung unerheblich sind.
Jeets Leben und Umgang mit den Hunden wird dagegen nur sehr unzureichend beschrieben. Besonders, was die Kommunikation angeht – denn die Hunde und Jeet schaffen es, Pläne zu schmieden, für die Zukunft zu sorgen und sich über komplizierte Sachverhalte auszutauschen. Wie sie das machen, wird mit keinem Wort erklärt. Mit Jeets simplem „ich weiß selbst nicht genau wie das geht“ hat sich der Autor die Sache ziemlich einfach gemacht. Er legt sein Augenmerk dann doch lieber nur auf die beißenden Hunde. Spritzendes Blut ist ja sowieso viel spannender.
Von abgebissenen Gliedmaßen und strömenden Körpersäften
Klar, in einer derart entbehrungsreichen Welt geht es sehr brutal zur Sache. So oft, wie hier das Blut fließt und abgetrennte Gliedmaße die Wege säumen, ist es erstaunlich, dass es überhaupt noch eine nennenswerte Zahl an Zweibeinern gibt. Da stellt sich der Tod schnell als gar nicht so schlechte Option heraus. Nur wie dieser einen ereilt, ist hier meistens mehr als unschön. Schon auf den ersten Seiten wird klar: das Elend ist allgegenwärtig. Trotzdem hält Brooks bis zum Ende an einer übertriebenen Darstellung der Gewalt fest. Hier sind starke Nerven gefragt. Doch am meisten entsetzt, was der Autor seiner Figur nach drei Vergewaltigungen andichtet – hier wird jeglicher Missbrauch verharmlost. Das geht gar nicht.
Fazit
Auf vielen Ebenen läuft hier etwas falsch: Die Geschichte ist unausgewogen, die Figuren sind flach, das Maß an Brutalität übersteigt oft jegliches Limit. Zu den fehlenden Kommas wurde bereits genug gesagt. Ein Flop.
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