Auf der Suche nach Thorn
„Ophelia kam es so vor, als drehten sich sämtliche Zeiger nur, um ihr ins Gedächtnis zu rufen, was sie viel lieber verdrängt hätte.“
Thorn ist verschwunden – seit mittlerweile drei Jahren wartet Ophelia vergeblich auf ein Lebenszeichen. Als sie auf eine alte Postkarte stößt, führt sie diese Spur zur Arche Babel. Dort schleust sie sich unter dem Namen Eulalia beim Konservatorium der Guten Familie und trifft auf einen Widersacher, der seine Opfer wortwörtlich zu Tode ängstigt.
Auf der Flucht vor Gott
Ophelia stößt im vorherigen Band auf das gefährliche Geheimnis, dass Gott wirklich existiert. Dank seiner Fähigkeit jedes Gesicht anzunehmen, könnte er überall lauern und auf ein Fehltritt ihrerseits lauern. Eigentlich ist Gott hinter Thorn her, der sich jedoch seit nunmehr drei Jahren zu verstecken vermag. Selbst Ophelia weiß nicht, wo er sich aufhält. Nun an ihre Heimatarche Anima gefesselt, verzweifelt sie schier daran, nicht zu wissen, wo sich ihr Mann aufhält. Eines Tages stößt sie auf eine Postkarte, eine Spur, die geradewegs nach Babel führt. Dank Archibald, ehemaliger Botschafter der Arche Pol, ist es ihr möglich über eine Windrose nach Babel zu reisen.
Babel ist ganz anders, als sie es auf Anima gewohnt ist, denn dort werden Regeln sehr streng genommen: So darf man bestimmte Wörter nicht aussprechen und auch eine Kleiderordnung ist strikt einzuhalten. Ophelia findet in Ambrosius einen unverhofften Verbündeten, der sie in die Gesetze von Babel einführt. Von ihm erfährt sie auch vom Sekretarium, einem Bereich des Konservatoriums, wo Wissen gelagert wird. Hier erhofft sie sich Informationen, die sie zu Thorn führt. Doch der Zugang wird den meisten verwehrt, weshalb sie sich unter dem Namen Eulalia als Virtuosenlehrling bewirbt.
Da die Konkurrenz unter den Lehrlingen groß ist, muss Ophelia sich gegen fiese Streiche erwehren. Als jedoch eine Memoristin mit vor Entsetzen entstellen Gesichtszügen tot aufgefunden wird, scheint etwas noch Schrecklicheres ins Konservatorium Einzug zu finden. Ophelia muss die Stärke finden, nicht nur ihre eigene Ausbildung abschließen zu können, sondern auch das Verbrechen aufzuklären. Sie ahnt noch nicht, dass all das mit ihrer eigenen Geschichte zusammenhängt.
Ophelia wächst über sich hinaus
Der dritte Band um die Reihe der spiegelreisenden Ophelia spielt fast vollständig auf einer neuen Arche. Es gibt 20 an der Zahl und als immer größer werdender Fan wünscht man sich zu jeder Arche ein eigenes Buch. Denn Christelle Dabos schafft mit Arche Babel eine so spannende und interessante neue Umgebung, Kultur und Gesellschaft, dass man über ihren Ideenreichtum nur staunen kann. Welche fantastischen Welten vermögen noch in ihrem Kopf zu schlummern, bereit gelesen zu werden?
Allein schon deshalb ist das vorliegende Buch nicht besser oder schlechter als die Vorgänger – es ist jedoch anders, da keine komplexe Intrige gesponnen wird wie in Band zwei, oder eine kompliziert aufgebaute Gesellschaft präsentiert wird, wie in Buch eins. Vielmehr geht es um Ophelia selbst: Sie wird immer mutiger und forscher, entwickelt mehr Selbstvertrauen und kommt zu besonderen Erkenntnissen über sich selbst. Leider geraten dadurch die anderen Protagonisten zu kurz: Dame Berenilde, Archibald oder Tante Roseline haben nur kurze Gastauftritte und dürfen kaum etwas zur Geschichte beitragen.
Eine ganz andere, besondere Sicht schafft Dabos jedoch mit dem neusten Zuwachs: Berenildes dreijährige Tochter Viktoria darf in wenigen Kapiteln aus ihrer Perspektive erzählen. Die Kleine – mit ganz besonderen Fähigkeiten ausgestattet – wird zum geheimen Beobachter und verschafft damit interessante neue Informationen, die den anderen verborgen bleiben. Mit diesem Kniff hat die Autorin nicht nur Abwechslung in die Geschichte gebracht, sondern einen Charakter ausgebaut, der im letzten Band mit Sicherheit eine größere Rolle spielen wird.
Fazit
Diese schmucke Reihe verdient einen festen Platz in jedem Bücherregal! Wieder einmal beweist Christelle Dabos, dass ihre Fantasie keine Grenzen zeigt. Das Lesen wird zum Abenteuer, das man viel zu schnell verlassen muss.
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