Albtraum: Wenn Dir jemand zu nahe kommt
Zoe ist nicht glücklich mit der Entscheidung ihrer Mutter, von Augsburg in den hohen Norden zu ziehen – schließlich ist das alles nur passiert, weil Papa eine andere hat. In Mamas alter Heimat fühlt sich Zoe einsam. Ihre beste Freundin Emily ist in Augsburg zurück geblieben und das Leistungsturnen musste Zoe auch aufgeben. Wie gut, dass es an ihrer neuen Schule eine Zirkus-AG gibt. Die gelenkige Zoe findet in den Reihen der Zirkusmädchen schnell Aufnahme. Nur Stella ist nicht so glücklich mit dem Neuzugang. Denn Trainer Timo macht keinen Hehl daraus, dass er Zoe bevorzugt. Zuerst fühlt sie sich geschmeichelt. Dann aber wandern seine Hände immer öfter an Stellen, an denen es ihr unangenehm ist. Zoe traut sich nicht, jemandem davon zu erzählen. Denn sie will nicht riskieren, die Zirkus-AG verlassen zu müssen. Da kommt es zum Eklat.
Viel Inhalt auf wenigen Seiten
Was Zoe mit Timo erlebt, ist ein klassisches Beispiel für Missbrauch. Autorin Susanne Fülscher nimmt in ihrem kurzen Roman kein Blatt vor den Mund. Sie skizziert den Ablauf von den ersten unangenehmen Berührungen bis zum absoluten Übergriff. Und dabei begleitet sie Zoe durch das ganze Spektrum von Gefühlen, die mit einer solchen Situation verbunden sind. Zunächst ist es nur ein unangenehmes Gefühl, dann die Gewissheit, dass hier etwas vor sich geht. Schließlich ist es die verzweifelte Flucht aus der Situation, die den Stein ins Rollen bringt und Zoe endlich ermöglicht, über alles zu sprechen – nur um festzustellen, dass noch andere Mädchen das gleiche erlebt haben. Diese Entwicklung stellt Suanne Fülscher auf eine ungeschminkt direkte Art eindrücklich dar.
Den Mädchen Mut machen
Die Geschichte von Zoe kann Mädchen in ähnlichen Situationen Mut machen, sich anderen anzuvertrauen und Hilfe zu suchen. Die Autorin hat Zoe grundsätzlich als starkes Mädchen gezeichnet, das trotzdem in diese Situation gekommen ist. Damit zeigt sie, dass es nicht das Fehlverhalten der Mädchen ist, das die Übergriffe auslöst, sondern das des Mannes. Susanne Fülscher macht aus Zoe und den anderen betroffenen Mädchen keine typischen Opfer, die sich nicht trauen „Nein“ zu sagen; sie zeigt sie als junge Mädchen, die Mühe haben, das Geschehen richtig einzuordnen, aber ihrer Wahrnehmung durchaus vertrauen. Das ist sehr überzeugend gelöst.
Fazit
Es braucht manchmal nicht hunderte von Seiten, um eine Geschichte so zu erzählen, dass sie Wirkung zeigt. Susanne Fülscher spricht ein wichtiges Thema feinfühlig aber ohne falsche Scham an und macht Betroffenen Mut, den Empfindungen zu trauen und über den eigenen Körper selbst zu bestimmen.
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