Bis die Zeit verschwimmt
- Thienemann
- Erschienen: Januar 2020
- 1
Hardcover, 320 Seiten
ISBN: 9783522202695
Wenn Dich die Trauer auffrisst
Helene hat den Amoklauf in ihrer Schule überlebt. Nicht so ihre beste Freundin Cassie: Sie starb, erschossen von einem bis dahin unscheinbaren Jungen. Auch acht weitere Menschen – darunter ein Lehrer – sterben. In ihrer fassungslosen Wut über den Tod ihrer Freundin vergräbt sich Helene in ihrem Zimmer und weigert sich, weiter am Leben teilzunehmen.
Nur Eric, ein gemeinsamer Freund von ihr und Cassie, gelingt es ab und an, zu Helene durchzudringen. Doch auch er kann nicht verhindern, wenn Helene aus ihrem Kokon heraus bricht und verbal um sich schlägt; dabei nimmt sie keine Rücksicht auf andere Menschen.
Je intensiver sich Helene mit dem Amoklauf auseinandersetzt, desto mehr wächst in ihr die Überzeugung, dass Cassie und die anderen Opfer gezielt ausgewählt worden waren. Aber warum? Helene macht sich auf die Suche nach dem tatsächlichen Grund für die Tat – und findet dabei unter anderem einen ganz neuen Zugang zu Eric.
Schwer zugängliche Hauptfigur
So verschlossen sich Helene nach dem Amoklauf gegenüber ihrem Umfeld gibt, so wenig gibt sie auch gegenüber den Lesern preis. Autorin Svenja K. Buchner schafft es nur teilweise, Verständnis für Helene zu wecken und ihre Beweggründe und die inneren Abgründe offenzulegen. Helene kann – trotz durchaus nachvollziehbarem Schmerz – nicht so richtig zu einer Sympathieträgerin werden. Ihr patziges Verhalten, das wohl einer pubertierenden jungen Frau teilweise angemessen ist, kommt so sehr zum Tragen, dass man sich instinktiv gegen die Figur abgrenzen und schützen muss. Helene entwickelt sich zu einer rücksichtslosen Egoistin, die über Leichen geht, um ihr Selbstmitleid zu kultivieren.
Die Suche nach dem Warum
Sehr gut nachvollziehbar ist hingegen Helenes verzweifelte Suche nach dem Warum. Hier geht die Autorin sehr dicht an ihre Protagonistin heran und lässt ihre tiefe Verzweiflung in eine fast schon übersteigerte Aktivität umschlagen, um einen sfast schon zwanghaften Grund für den Tod ihrer Freundin zu finden. Die Autorin macht hier die verschiedenen Phasen der Trauerbewältigung sichtbar und nimmt die Leser mit auf diese Reise.
Einen guten Kontrast bilden die sich entwickelnden Gefühle für Eric, wodurch sich die Besessenheit etwas abmildert. Sehr gelungen ist auch der Mix zwischen Gegenwart und Vergangenheit, die die tiefe Verbundenheit der beiden Mädchen Helene und Cassie sichtbar machen.
Fazit
Der Roman Wenn die Zeit verschwimmt behandelt ein wichtiges Thema: Der Umgang mit Trauer. Auch wenn die Hauptfigur Helene etwas zu selbstmitleidig geraten ist, so ist sie doch ein gutes Beispiel dafür, wie die verschiedenen Phasen von Trauer bewältigt werden.
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