Keine Lektüre für zwischendurch
Edens Leben ist klar in zwei Abschnitte gegliedert: Zu Anfang die einfache, unbeschwerte Zeit, mit Eiscreme, Segeln und Nachmittagen am Pool. Dann kam der Tag Zero, der den Tag der Revolution brachte und seitdem haben die „Wölfe“ das Sagen. Es begann die Zeit der Tränen, der Verluste und der Abschiede. Wer sich wehrte oder dem neuen Regime nicht passte, wurde ermordet oder eingesperrt.
Dennoch – Eden ist nicht bereit aufzugeben. Mit einigen anderen Mädchen gelingt ihr die Flucht aus dem Gefangenenlager und die kleine Gruppe macht sich auf die Suche nach der letzten noch verbliebenen Zuflucht: Eine Insel mitten im Meer namens „Refugium“. Groß ist die Freude, als sie tatsächlich eine Insel finden, auf die alle Beschreibungen passen. Groß sind aber auch die Zweifel, ob es tatsächlich die sagenumwobene Zuflucht ist – oder nur eine geschickt aufgestellte Falle.
Ein mächtiges, überwachendes Regime
Kayla Olson bietet ihren Lesern keine einfache Lektüre. Das zeigt sich schon direkt zu Anfang, als Eden – die Ich-Erzählerin – aus ihrem Leben im „Gulag“ berichtet und sich hier vermutlich schon die Spreu vom Weizen trennt. Aber mit diesem Auftakt und den ersten Schilderungen beginnt ein Pageturner, der es in sich hat. In Flashbacks wird aus dem alten Leben berichtet, das schlagartig mit der Machtergreifung der „Wölfe“ endet, es beginnt eine atemberaubende Flucht und die Suche nach einem Lebensraum, in dem sich zumindest der Wunsch nach einem friedvollen Leben erfüllen lässt.
Olson gönnt ihren Lesern keine Minute Ruhe: Das gefundene Eiland hat nicht viel mit weißen Stränden und Kokospalmen am Hut, sondern wirkt rätselhaft und bedrohlich. Bereits in der ersten Nacht ereignen sich eigenartige Dinge und erste Erforschungen der Insel zeigen, dass hier offensichtlich vieles nicht mit rechten Dingen zugeht.
Ein spannendes Verwirrspiel
Olson lockt ihre Leser geschickt auf verschiedene Fährten. Abschnittsweise gewinnt man fast den Eindruck, dass sich die Heldinnen in einem Spiel mit verschiedenen Ebenen befinden und sich möglicherweise so eine Auflösung gestaltet. Jeweils neue Twists kommen mit Gruppen ins Spiel, die auf der Insel als neue Besucher ankommen.
Spätestens ab hier werden die ganzen technischen Fakten, Vorgänge und Verwicklungen aber unüberübersichtlich und mehr als verwirrend. Es zeigt sich, dass das „Sandcastle“-Empire nichts ist, um mal nebenher gelesen zu werden, sondern ein großes Maß an Aufmerksamkeit und Konzentration erfordert. Ich muss zugeben, dass sich mein Gehirn zuweilen sanft verabschiedete und dass ich manchmal ein deutliches „Weniger“ an Verwicklungen und Technik gewünscht hätte. Schwierig ist auch die doppelte Bedeutung von Fremdworten, bei denen die Autorin die Auslegungen nach der einen Variante voraussetzt, damit aber die Leser, denen nur die andere Übersetzung geläufig ist, in tiefe Verwirrung stürzt.
Fazit
Trotz der Kritik enthält Sandcastle Empire spannende Verwicklungen, eine sanft gezeichnete Liebesgeschichte und Erzählungen, die poetisch anmuten. Besonders schön gelungen ist die Trauer um eine verlorene Welt, die gesellschaftskritisch anmutet.
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