Was ist die Wahrheit?
Leah wünscht sich nur eins: Dass Ihr Zwillingsbruder Noah aus dem Koma erwacht. Seit Noah von Unbekannten zusammengeschlagen wurde und schwere Kopfverletzungen erlitt, kämpft er um sein Leben. Als Leah den Tatort aufsucht, läuft sie einer Gruppe junger Menschen in die Hände, die gegen Ausländer hetzen. Als sie Leah erkennen, versuchen sie, sie zur Unterschrift auf einem Pamphlet gegen Ausländer zu bewegen.
Leah ist entsetzt, dass ausgerechnet ihr sozial eingestellter Bruder, der sich für Asylbewerber eingesetzt hat, von den Rechtsradikalen zur Gallionsfigur gemacht werden soll. Denn diese behaupten, Noah sei von Dunkelhäutigen verprügelt worden. Noch während Leah sich von dieser Behauptung zu erholen versucht, taucht ein Video auf, das genau das belegt. Gleichzeitig werden Leah Videobotschaften ihres Bruders zugespielt, in denen er tagebuchartig schildert, wieso sich seine Gesinnung nach und nach wandelt und er einen Zorn auf die Asylsuchenden entwickelt. Leah erkennt, dass sie von ihrem Bruder vieles nicht wusste und versucht, den ihr unbekannten Noah einzuordnen.
Perfekt inszeniert
Dieser Roman von Andreas Götz ist perfekt inszeniert. Er macht deutlich, wie das Denken von Menschen manipuliert werden kann. Leah sträubt sich zwar, ihren Bruder als Rechtsradikalen wahr zu nehmen, gerät aber unvermittelt selber in den Sog der psychologisch geschickt vorgehenden und manipulativen Gruppierung. Dank der transparent gemachten Entwicklung können die jugendlichen Leser erkennen, weshalb sich Leah nicht gegen die Unterwanderung zu wehren vermag und langsam auf die Schiene von Noah einschwenkt.
Es stimmt alles: Leah ist in einem Ausnahmezustand aus Sorge um ihren Bruder, sie kann sich aktuell ihren Eltern nicht anvertrauen, da sie sie vor dem Ungeheuerlichen schützen will, sie kann nicht verifizieren, was die Nachrichten bedeuten und sie fühlt sich durch die Unbekannten, die ihr die Videos unter dem Namen des Bruders zuspielen bedroht.
Interessante Charaktere
Der Autor hat nicht nur einen gut funktionierenden Plot geschaffen, auch seine Protagonisten sind interessante und überzeugende Charaktere. So liest sich der Roman süffig und vermag auch einige Spannung aufzubauen, auch wenn es hier mehr um Hintergründe geht. So gehört dieser Roman zu den Werken, die noch lange nachhallen und unter Umständen bei den Lesern rechtzeitig zu Alarmsignalen führen, wenn sie selbst in eine Ausnahmesituation geraten.
Fazit
Andreas Götz hat hier alles richtig gemacht: Er zeigt Zusammenhänge auf und warnt davor, manipuliert zu werden. Das alles, ohne den Moralfinger zu heben. Seine Figuren sind glaubwürdig und in ihrer Rolle vollständig überzeugend. Wir sind die Wahrheit berührt ein wichtiges Thema und setzt es gekonnt um.
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