Tiefgründig und berührend
Suzy ist zwölf Jahre alt, als ihre beste Freundin Franny ertrinkt. Dabei war Franny eine gute Schwimmerin und Suzy ist nicht nur von ihrer eigenen Trauer überwältigt, sondern fragt sich auch, wie das passieren konnte. Sie betrachtet alles gern aus einer wissenschaftlichen Perspektive - so versucht sie, das Geschehene auf ihre eigene Art zu bewältigen, die erst einmal ungewöhnlich wirkt. Im Laufe der Geschichte wird Stück für Stück deutlich, warum es ihr so schwerfällt, den Tod von Franny zu verarbeiten…
„Manchmal passieren Dinge einfach, hatte Mom gesagt. Es war eine schreckliche Antwort, die schlimmste überhaupt.“
Bis auf Franny hatte Suzy keine Freunde, und als diese im Sommerurlaub ertrinkt, ist Suzy erst recht eine Außenseiterin. Ihre analytische Art, die Welt um sie herum wahrzunehmen, unterscheidet Suzy von den anderen Mädchen aus ihrer Klasse. Mit den Worten, dass manche Dinge eben einfach passieren würden, stachelt Suzys Mutter sie nur noch weiter an, die Hintergründe von Frannys Tod erforschen zu wollen.
Bei einem Schulausflug in ein Aquarium erfährt Suzy von einer besonders giftigen Quallen-Art. Von da an lässt sie das Thema nicht mehr los. Sie spricht seit Frannys Tod kaum noch, stattdessen stürzt sie sich in Nachforschungen, um ihre Theorie zu beweisen, dass es einen Grund für das Ertrinken ihrer besten Freundin gab. Nämlich, dass sie von einer Qualle gestochen wurde. Während Suzy immer mehr über Quallen herausfindet, lernen auch die Lesenden einiges über diese ungewöhnlichen Tiere.
Es wechseln sich Kapitel aus der Gegenwart mit Rückblenden ab, in denen die Freundschaft zwischen Suzy und Franny greifbarer wird. Je dichter sich der Erzählstrang der Rückblenden dem Erzählstrang der Gegenwart nähert, desto nachvollziehbarer wird, warum Suzy ein schlechtes Gewissen plagt. Tatsächlich haben sich die beiden Mädchen schon vor Frannys Tod auseinandergelebt, was für Suzy sehr schmerzlich war. Nun ist es für sie noch schwieriger mit der Situation umzugehen, da die beiden nicht im Guten auseinandergehen konnten.
Diese Wendung bringt weitere Aspekte mit sich: neben Tod und Trauerbewältigung werden auch für einen Coming-of-Age Roman typische Themen angesprochen.
Keine Durchschnittsprotagonistin
Mal nachdenklich, mal humorvoll, aber immer auf eine ruhige, unaufgeregte Art, schafft es die Autorin, die Komplexität von Freundschaften und des Erwachsenwerdens authentisch darzustellen. Suzys Gedanken und ihre persönliche Entwicklung stehen dabei im Fokus. Diese verbindet Ali Benjamin geschickt mit wissenschaftlichen Fakten über Quallen, was dem Buch eine ebenso ungewöhnliche wie erfrischende Note verpasst.
Auch Suzy selbst ist keinesfalls eine langweilige oder durchschnittliche Protagonistin. Mit ihrer Eigenwilligkeit mag sie nicht immer Sympathiepunkte einspielen, dafür überzeugt sie durch ihren Scharfsinn und wirkt gerade dadurch, dass sie eben nicht fehlerfrei ist, so menschlich.
Trotz der Vielfalt an Themen, zu denen auch das Anderssein gehört, wirkt das Buch nicht überladen. Gegen Ende hätte auf Suzys Charakterentwicklung sogar etwas detaillierter eingegangen werden können, um die Selbstreflektion ihrer Handlungen noch runder wirken zu lassen.
Fazit
Die Geschichte regt junge Menschen zum Nachdenken über große, philosophische Fragen an, hat aber ebenso das Potenzial, ältere Lesende zu berühren. Ein Buch, das noch lange nachhallt.
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