Ein Buch, das zu viel will
Badeeah ist ein normaler Teenager – auch wenn sie in recht einfachen Verhältnissen in dem kleinen Dorf Kodscho im Irak lebt. Aber wie ihre Altersgenossen in Europa hat sie Träume, hat feste Vorstellungen, was sie einmal werden möchte, sie schwärmt für einige Popstars und sie ist sogar verliebt! Aber dann kommt der Tag, an dem ihr Dorf von den Freischärlern des Islamischen Staates (IS) überfallen wird. Eines ihrer Ziele ist, alle Andersgläubigen zu vernichten oder zu unterjochen und so wird Badeeahs Familie auseinandergerissen und die Frauen und Mädchen als Kriegsbeute verkauft.
Badeeah Hassan Ahmed hat dieses Buch gemeinsam mit der Journalistin Susan Elizabeth McClellan geschrieben und schildert darin als Ich-Erzählerin ihre furchtbaren Erfahrungen, die sie nach der Verschleppung aus ihrem Dorf und dem Verkauf an einen Kämpfer des IS durchleben musste. Badeeah belässt es in ihrer Schilderung aber nicht allein mit ihrer Geschichte und den Fluchterfahrungen, sondern sie und ihre Mitautorin berichten auch allgemeine Informationen über die Glaubensgemeinschaft der Jesiden und deren Leben im Irak. Diese Erzählungen sind teilweise durchsetzt mit Begriffen aus der Stammessprache der jungen Frau, geben eine Vielzahl von Namen wieder und machen diesen autobiografischen Test zu einer schwierigen Lektüre. Es ist sicher problematisch ein solch wichtiges Buch mit den Maßstäben „spannend“ oder „fesselnd“ zu bewerten, andererseits widmet es sich an einen jungen Lesekreis mit einer gewissen Erwartungshaltung.
Im Laufe der Geschichte beschränken sich beide Autorinnen mehr und mehr auf Badeeahs Geschichte und erzählen diese wesentlich stringenter, so dass es den europäischen Lesern leichter fallen dürfte, der Handlung zu folgen. Schockierend zu lesen ist dabei, wie methodisch die Täter des IS die Verschleppung ihrer Gefangenen organisieren und wie erbarmungslos sie sich an den Frauen und Mädchen vergehen. Badeeah muss – wie viele ihrer Schicksalsgenossinnen – auch noch die Entdeckung machen, dass es ein junger Amerikaner ist, der sie quält und misshandelt. Das sorgt für zusätzliches Entsetzen, waren die Amerikaner doch im Irak als Freunde und Retter der Jesiden aufgetreten.
Beeindruckend ist, wie es Badeeah gelingt, trotz der erlittenen Misshandlungen und Vergewaltigungen ihre Menschlichkeit und einen Rest ihrer Kindlichkeit zu erhalten und sogar ihren kleinen Neffen Aivan, der mit ihr gefangen genommen wurde, vor den schlimmsten Übergriffen zu schützen.
Mit den Niederlagen des IS und dessen Zurückweichen können Badeeah und Aivan zuletzt fliehen. Dennoch unternimmt sie auch diese Flucht schweren Herzens war es doch auch Bestandteil der perfiden Taktik des IS seinen Opfern zu vermitteln, dass sie nicht mehr nach Hause zurückkehren können,
„Außerdem“, sagte er, während seine Stimme immer schläfriger wurde, „wirst du sowieso nicht fliehen. Ich habe gehört, dass jesidische Mädchen wie du, die mit Daesch (IS) – Männern verheiratet waren, getötet werden, wenn sie zu ihren Leuten zurückkehren. Dein eigenes Volk will dich nicht wiederhaben.“
Badeeah Hassan Ahmed brachte dennoch den Mut auf, entgegen dieser fürchterlichen Prognose nach Hause und in ihr eigenes Leben zurückzukehren. Was mir im Buch allerdings fehlte, war eine Aussage darüber, ob Baddeahs Peiniger, nach dem international gefahndet wurde, gefasst werden und ob seine Identität enthüllt werden konnte. Hier wäre es vielleicht auch ein spannendes Thema gewesen, welche Umstände einen jungen Mann, der in den USA erzogen wurde, dort offensichtlich auch ganz normal eine Frau und ein Kind hatte, dazu bringen können, in religiöser Verblendung andere Menschen zu versklaven.
Fazit
Die beiden Autorinnen beschreiben in Eine Höhle in den Wolken die Odyssee einer jungen Kurdin von ihrer Verschleppung bis hin zu ihrer Befreiung. Zusätzlich sollen dem – insbesondere jungen – Publikum noch weitere Informationen über die für uns fremde Welt der Jesiden, des Islams und die teilweise weit verzweigten Familie mit ihren Sitten und Gebräuchen vermittelt werden. Damit will das Buch sehr viel und ich fühlte mich als Leserin, die von diesen Themen nicht allzu viel Ahnung hat, überfordert. Es ist ein wichtiges Thema, dass die beiden Autorinnen hier vermitteln, aber unglücklicherweise ist es abschnittsweise sperrig und anstrengend zu lesen.
Badeeah Hassan Ahmed, Susan Elizabeth McClelland, cbj
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