Die Zeit der Stasi lebt nochmals auf
Für den Ostberliner Sebastian ist es nicht einfach: Gerade erst 16 Jahre alt, muss er sich damit abfinden, anstatt nach dem Tod seiner Mutter bei seiner Oma leben zu können, in ein Heim gebracht zu werden. Was ihm als Übergangslösung angepriesen worden war, erweist sich als haftähnliche Anstalt. Schnell erkennt Sebastian, dass er hier Zwängen ausgesetzt ist, die ihn in die Knie zwingen werden.
Auch Katja ist dem Druck im Heim ausgesetzt. Sie entzieht sich den unhaltbaren Zuständen durch eine Flucht, immer im Wissen darum, was passiert, wenn sie wieder aufgegriffen wird. Als Sebastian zu seinem Vater ziehen und dadurch das Heim verlassen kann, lässt er Katja sich auf dem Dachboden verstecken. Doch beide wissen, dass sie sich auf ein gefährliches Spiel eingelassen haben. Erst recht, da Sebastian schon nach kurzer Zeit von der Stasi unter Druck gesetzt wird. Aus Angst, erneut im Heim zu landen, lässt sich Sebastian dazu drängen, Lehrer und Mitschüler auszuspionieren – und auch den eigenen Vater, zu dem der Junge kaum eine Beziehung aufbauen kann.
Mit der DDR auseinandersetzen
Mehr als 30 Jahre nach dem Mauerfall bringt die Autorin Grit Poppe den jugendlichen Lesern eine Welt näher, die sie bestenfalls aus Erzählungen und Geschichtsbüchern kennen: Die DDR. Für ihren Roman Verraten nutzt die Autorin zwei unterschiedliche Charaktere: Zum einen den etwas zögerlichen und dennoch mutigen Sebastian, der sich unvermittelt mit der Allmacht des Staates auseinandersetzen muss und sich plötzlich in einer Rolle sieht, die ihm charakterlich so gar nicht entspricht. Zum anderen die fröhliche und unkonventionelle Katja, die sich den Zwängen zu entziehen vermag und sich als Überlebenstalent herausstellt. Die beiden Jugendlichen sind sich durch ihre Verschiedenheit gegenseitig eine Stütze und für die Leser ein Garant für eine breitgefächerte Auseinandersetzung mit dem Thema DDR.
Kurze Gastspiele
Der Roman lebt primär von den beiden Charakteren. Zwar tauchen auch immer wieder Nebenfiguren auf, doch sie haben meist nur kurze Gastspiele und verschwinden im Laufe der Geschichte wieder. So stehen die beiden Jugendlichen absolut im Fokus, was aber die Geschichte etwas zu sehr auf ein einzelnes Gleis schiebt und dadurch da und dort etwas langatmig wirkt. Die starke Auseinandersetzung mit der Zeit vor der Wende bringt es zudem mit sich, dass die Geschichte manchmal einen etwas ältlichen Touch bekommt.
Fazit
Grit Poppe hat ein wichtiges und interessantes Werk geschaffen, das den Jugendlichen von heute die Welt der DDR mit ihren Mechanismen näher bringt. Es ist ein bedrückendes Bild, das hier gezeichnet wird und es dürfte einigen Jugendlichen schwer fallen, diese Welt nachzuvollziehen. Dennoch ist es eine notwendige Auseinandersetzung mit einem Thema, das zur Geschichte von Deutschland gehört.
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