Ein außergewöhnlicher und aufwühlender Blick in das Leben von Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund
Anstatt eines Tagebuchs kreiert Sheherazade, kurz She, lieber Zines. In Kombination mit Collagen und Zeichnungen verfasst sie Gedichte und Texte und fasst sie in kleinen Heftchen zusammen. Ihr Leben ist geprägt von Trauer, Einschränkungen und Widersprüchen. Auf der einen Seite die traditionelle Welt der heimatsuchenden Flüchtlinge und auf der anderen eine verbotene Liebe, die alles zerstören kann.
Ein Aufwachsen in Widersprüchen
Shes Eltern müssen aus dem Iran flüchten, denn dort herrscht Krieg und ihr Vater wird für seine Gedichte verfolgt. In Kopenhagen wollen sie ein neues Leben beginnen, doch die Erlebnisse haben ihren Vater krank werden lassen. Seine Gedanken sind noch immer gefangen in Krieg und Tod. Er ist aggressiv, selbstzerstörerisch und hat kein Auge für die Freiheit im neuen Land.
Shes Mutter findet Trost und Halt in alten Traditionen, die sie mit all den anderen Heimatlosen in ihrer Umgebung verbindet. Die alten Regeln bieten allen eine Art Sicherheitsnetz, führen aber zu großen Problemen, vor allem für die Töchter. Diese kämpfen mit dem unmöglichen Spagat zwischen einem Leben in der westlichen, freiheitlichen und aufgeklärten Welt ihres Schullebens und der einschränkenden und unterdrückenden in ihrer Nachbarschaft.
She ist die einzige Muslima in ihrer Schule und erfährt dort tagtäglich Rassismus und Vorurteile. Sie muss sich rechtfertigen für das Tragen ihres Hidschabs und den vermeintlichen Einschränkungen ihrer Religion. Ihr Zuhause ist eine gänzlich andere Welt: Die Mädchen sind von ihrer Familie und den ausgesuchten Ehemännern abhängig und müssen einem vorbestimmten Bild genügen.
Nachdem der Vater für längere Zeit ins Krankenhaus muss, verschärft sich auch Shes Blick auf die Einschränkungen, die ihre Mutter ihr auferlegt. Im Krankenhaus lernt sie Thea kennen und lieben und die Kluft zwischen Mutter und Tochter wird unüberwindbar.
Bemerkenswert vielfältiger und notwendiger Roman
Wenn Worte meine Waffe wären lässt die Leser hinter die Fassade einer Familie blicken, die die Schrecken eines Regimes erlebte, das Angst und Terror verbreitet. Es beschreibt facettenreich die Trauer, die mit dem Verlust der Heimat, die zerstört wurde, einhergeht und die Schwierigkeiten, in einem neuen Land Fuß zu fassen.
Dabei erzählt die Autorin verständlich, wie unterschiedlich die Reaktionen auf Trauer und Verlust sein können und wie schwierig das Ankommen in einer neuen Lebensrealität. She, als Brücke des alten Lebens ihrer Eltern und einem neuen, in dem sich die Eltern noch gar nicht zurechtfinden, an dem sie auch gar nicht teilnehmen, muss darum kämpfen, ihren eigenen Weg gehen zu dürfen.
Das Buch bietet einen einzigartigen Blick in eine Welt, die voller Vorurteile, Schuldzuweisungen und Hass ist. Es ist packend und glaubhaft geschrieben, und lässt die Leser eigene Meinungen hinterfragen und erkennen, dass man. ohne die Geschichte eines Menschen zu kennen. nie auch nur eine Idee von den wahren Gründen seines Handels haben kann.
Die sehr kreativen Ausschnitte aus Shes Zines geben oft eine Kulisse zu den Begebenheiten der Geschichte und halten einmal mehr vor Augen, dass sie letzten Endes ein Teenager ist, die mit all den Schwierigkeiten allein klarkommen muss und die es durch ihre Offenheit und Kreativität schafft, in all der Zerstörung sich zu finden und treu zu bleiben.
Fazit
Wenn Worte meine Waffe wären ist ein wichtiges und sehr aktuelles Jugendbuch, welches Kontext zur Fluchtproblematik bietet, Vorurteile zerschlagen kann und unbedingt gelesen werden sollte.
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