Gefühlvoll, aufwühlend und sehr einsichtsvoll
Morgan und Eric werden am gleichen Tag im gleichen Krankenhaus in zwei sehr unterschiedliche Familien geboren. Die Familien freunden sich an und Morgan und Eric werden die besten Freunde und feiern jeden Geburtstag gemeinsam.
Die Freundschaft der beiden Jungs ist besonders. Sie fühlen sich einander sehr nah und sind immer füreinander da. Ihre Beziehung wird jedoch auf eine harte Probe gestellt, als Morgan beginnt, sich immer unwohler in seinem Körper zu fühlen. Eric spürt dessen inneren Kampf, kann jedoch nicht verhindern, dass sich Morgan immer mehr verschließt und mehr und mehr von ihm abkapselt.
Aber ohne einander können die beiden Jungs schon gar nicht.
Sechs besondere Tage
Die beiden Jungs wachsen in einer Kleinstadt auf, in der es seit dem Weggang von Industrie außer Football und Perspektivlosigkeit nicht viel gibt. Seit dem Krebstod von Morgans Mutter wohnen er und sein Vater, der Footballcoach der High-School, in einem Trailerpark. Football ist das Einzige für die Jungs, was ihnen durch ein Stipendium die Möglichkeit eines Collegebesuchs außerhalb ihrer kleinen Welt ermöglichen kann. Morgan ist ein sehr guter Spieler, tritt aber nach dem Tod der Mutter aus der Schulmannschaft aus und stößt damit auch seinen Vater vor den Kopf. Er kann Morgans Beweggründe nicht verstehen und versucht ihn immer wieder zur Rückkehr zu bewegen.
Durch die Pubertät verändert sich Morgans Körper. Natürlicherweise ist er eher klein und schmächtig und mit seinen langen Haaren sieht er aus wie ein Mädchen. Für den Sport braucht Morgan aber Muskeln. Genau diese Diskrepanz zwischen dem sich zum Mann verändernden und muskulöser werdenden Körper und seiner eigenen Selbstwahrnehmung stürzt Morgan in einen tiefen Abgrund. Er versteht sich selbst nicht richtig und weiß nicht, wie er mit seinen Gefühlen umgehen kann. Dazu kommen die Homophobie und toxische Männlichkeit seiner Umwelt, wo er oft schikaniert wird.
Die Geschichte erzählt von Morgan und Erics Leben an sechs Tagen – sechs Geburtstagen – beginnend an ihrem 13. Geburtstag. Diese Art zu erzählen ist hervorragend, um die Entwicklung in Morgan und Eric darzustellen.
Zu Beginn hat Morgan nur ein unbestimmtes Gefühl, dass etwas mit ihm nicht „normal“ ist. Seine Mitschüler beschimpfen ihn immer wieder als homosexuell, aber Morgan weiß, dass er das nicht ist. Es ist viel komplizierter. Im Laufe der Jahre schwankt er von Verdrängung und Wut bis hin zur Erkenntnis, dass er seine Gefühle nicht ändern kann, ohne todunglücklich zu sein.
Sein Freund Eric spürt die inneren Zerwürfnisse seines besten Freundes. Er kann ihn jedoch nicht dazu bewegen, sich ihm anzuvertrauen. Auch er hat Probleme mit seiner Sexualität. Denn er fühlt sich mehr und mehr zu dem weiblichen in Morgan hingezogen, aber nicht zu anderen Männern. Diese Gefühle bleiben in einer Kleinstadt nicht unbeobachtet und unkommentiert. Beide Jungs haben große Probleme den äußeren Eindruck zu wahren und ihre inneren Kämpfe zu kämpfen.
Wichtiges Thema, eindrucksvoll beschrieben
Über Transsexualität gibt es (noch) nicht so viele (Jugend-)Bücher. Birthday ist, obwohl doch sehr amerikanisch, ein guter Beginn um sich mit einer Vielfalt an Gefühlen und Lebenswirklichkeiten zu beschäftigen. Durch diese sehr persönliche Geschichte wird den Lesern bewusst, wie essentiell die Übereinstimmung von Körperwahrnehmung und Geschlecht ist und wie aufwühlend die Gefühle sind, wenn dem nicht so ist.
Zu Beginn des Buches weiß Morgan nicht seine Gefühle einzuordnen und einzuschätzen: ob er nun krank oder nur „unnormal“ ist. Es gibt niemanden, mit dem er sprechen kann, noch kein Internet und die Hürde sich zu informieren ist für ihn unüberwindlich. Interessant ist die Beziehung der beiden Jungen, die sich zueinander hingezogen fühlen, aber nicht in bekannte Raster passen: Morgan fühlt sich als Mädchen zu Eric hingezogen und Eric hat sich in das Mädchen Morgan verliebt.
Die Beschreibungen Russos, die die Umwandlung von einem männlichen zu einem weiblichen Körper selbst erlebt hat, sind eindringlich, erschütternd und sicherlich für manchen Jugendlichen nachzuvollziehen. Über Homosexualität wird gesprochen, aber die vielfältigen sexuellen Möglichkeiten sind oft noch vielen unverständlich. Dieses Gefühlschaos und die innere Entwicklung hin zur Klarheit werden in diesem Buch sehr gut vermittelt.
Geschichten wie diese sind wichtig, um sich zu informieren, Empathie zu entwickeln und vielleicht sogar über jemanden zu lesen, dem es ähnlich geht.
Fazit
Birthday ist eine eindrückliche und sehr ungewöhnliche Liebesgeschichte, die ungeschönt und offen von verschlungenen Gefühlen erzählt, Mut macht und für ein sehr wichtiges Thema sensibilisiert.
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