Wodka und Tigerente
- Mitteldeutscher Verlag
- Erschienen: Mai 2021
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Broschur, 240 Seiten
ISBN: 9783963113857
Reisebericht mit aufgepfropftem Krimi
Der 16jährige Alex Gruber hat seine Mutter nie kennengelernt. Irgendwie war sie immer ein gut gehütetes Geheimnis und irgendwann war es dann auch schon fast normal, dass sie nicht dabei war. Das aber ändert sich in der Nacht schlagartig, als Alex nach Hause kommt und seinen angeschossenen und im Sterben liegenden Vater findet. Mit letzter Kraft gelingt es ihm, dem Jungen noch eine Telefonnummer zuzuflüstern. Sie legt eine Spur nach Russland, führt sie doch zu seiner dort lebenden Tante Natalia, einer Schwester seiner unbekannten Mutter. Alex beschließt, gemeinsam mit seinem besten Freund Totti dorthin zu reisen und aus dem Fuhrpark seines Vaters wählen sie das unauffälligste Fahrzeug, einen alten 2CV, den die Welt besser unter seinem Spitznamen „Ente“ kennt. Versehen mit einem neuen Anstrich und jetzt im „Tigerentenlook“ geht die Reise los und Alex sucht nach den Spuren seiner Vergangenheit und nicht zuletzt nach dem Mörder seines Vaters.
Lukas Hoffmann schildert in seinem Debutroman Wodka und Tigerente die Suche des als Ich-Erzählers berichtenden Alex nach seiner Herkunft und nach den Gründen, warum sein Vater sterben musste. Der behütet und im Wohlstand aufgewachsene Alex trifft auf seinen alsbald besten Kumpel Totti, den manche wegen seiner langen Haar als „Indianer“ bespötteln, der jeden duzt, gerne mal etwas Illegales raucht oder etwas Hochprozentiges pichelt und offensichtlich aus einfacheren Verhältnissen stammt. Wie sich diese Verhältnisse gestalten, warum es im Fall von Totti offensichtlich niemanden interessiert, warum sich ein Jugendlicher mehr oder weniger alleine herumschlägt, woher seine Coolness oder auch seine überragenden Kenntnisse in Automechanik stammen , der Leser wird es – so wie vieles in diesem Buch – nicht erfahren. Die Figuren bleiben kalt, fremd und distanziert und leider reicht es nicht aus, zwei Jungs in einem verrückten Gefährt auf eine Reise zu schicken, um einen lebendigen Jugendroman zu erschaffen.
“Denn eigentlich war Sweeney nur ein Haufen Blech auf vier Rädern“
Lukas Hoffmann scheint vielmehr aus seiner eigenen Vergangenheit zu erzählen, lässt sich doch aus der Kurzbiographie im Buch entnehmen, dass er einst mit zwei Freunden und zwei „Enten“ tatsächlich an den Baikalsee reiste. Hier erklärt sich zumindest der detaillierte Reisebericht, den der Autor flüssig und schlüssig darstellen kann, wenn es ihm auch hier wieder nicht gelingt, besondere Wärme zu den Menschen aufzubauen, denen auch sein eigenartiges Gespann auf der Reise begegnete. Dieser Teil des Buches ist aber immerhin noch halbwegs gelungen, wogegen der fast schon gewaltsam aufgepfropfte Kriminalfall und der damit verbundene Umweltkrimi kaum dazu dienen können, irgendwelche Spannungsmomente zu erschaffen. Vieles bleibt leider zu angedeutet, zu kalt und zu leblos.
Fazit
Ein Reisebericht wird durch einen angehängten Todesfall nicht zu einem spannenden Krimi und zwei Jugendliche, die in einem verrückt lackierten Auto durch die Gegend kutschieren, bleiben zwei Jungs, die in einem Auto durch die Gegend reisen. Wodka und Tigerente klingt lustig, aber es macht leider nicht viel Spaß.
Lukas Hoffmann, Mitteldeutscher Verlag
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