Wohin Hass führt – zwei Seiten
Der Rechtspopulismus nimmt in Deutschland immer mehr zu. Warum ist das so? Was bewegt junge Leute dazu, laut gegen Juden und Menschen mit Migrationshintergrund zu schimpfen? Emil war einer von ihnen, fühlte sich in dieser Welt aus Hass und Wut geborgen. Dann kam er ins Gefängnis und begann zu hinterfragen. Anne, eine Zeitzeugin des Nationalsozialismus, erzählt ihm ihre Sicht. Ein emotionales Gespräch nimmt seinen Lauf …
„Kein Mensch wird als Nazi geboren! Der Weg dorthin führt über viele verschiedene dunkle Pfade.“
Emil fühlt sich von seinen Eltern missverstanden: Warum müssen sie aus ihrer Heimat wegziehen? Warum muss er seine Freunde zurücklassen, seine gewohnte Umgebung? Er beginnt, sich immer mehr zurückzuziehen, seine Eltern regelrecht zu hassen. Nie hören sie ihm zu! Willkommene Abwechslung bietet da Frankie. Er ist der erste, der ihm zuhört, ihn fragt, wie es ihm geht und seine Wut versteht. Es fängt harmlos an: Musik, die all die negativen Gefühle Emils ungefiltert herauslässt. Dass darin Gewalt verherrlicht und Menschen außerhalb einer willkürlichen Norm als minderwertig betitelt werden, stört Emil nicht. Er ist glücklich, endlich Freunde gefunden zu haben. In was er allmählich hineinrutscht, wird ihm erst klar, als es schon fast zu spät ist.
Anne muss in den Kriegsjahren wiederholt mit ihren Eltern fliehen. Die Nationalsozialisten rücken immer weiter in Polen vor. Vor allem Juden werden verfolgt, ihre Rechte zunehmend eingeschränkt; schließlich pfercht man sie in Ghettos zusammen. Annes behütete Kindheit wird jäh unterbrochen. Den plötzlichen Hass gegen sie versteht sie nicht, auch nicht, warum ihre Eltern so Angst vor den Deutschen haben. Erst mit der Zeit wird ihr klar: Sie ist Jüdin, und als solche muss sie Angst um ihr Leben haben. Das ist die neue Normalität. Anne wird diese Schreckenszeit überleben und nimmt sich vor: Sie wird ihre Geschichte erzählen.
„Der Rechtspopulismus fördert den Antisemitismus. Auch das ist ein Grund, warum ich immer noch auf Reisen gehe, meine Geschichte erzähle, damit später niemand sagen kann: Davon haben wir nichts gewusst.“
Reiner Engelmann ist bekannt für seine Bücher, die die Judenverfolgung als zentrales Thema haben. In seinem neuen Buch Hass und Versöhnung sprechen zwei Menschen, die eigentlich verschiedenen Lagern angehören: Emil war viele Jahre überzeugter Nationalsozialist, während Anne als Jüdin den Holocaust überlebt hat. Dieser Dialog ist wieder sehr wichtig geworden, da der Rechtspopulismus in Deutschland seit langem weiter zunimmt. Wie kann das sein, in einem Land mit dieser finsteren Vergangenheit? Was können Gesellschaft und Politik tun, damit das nie wieder passiert?
Der Austausch zwischen Emil und Anne ist schonmal sehr gut geeignet, um beide Seiten zu hören. Gerade Emils Vergangenheit ist interessant, da es oftmals der schleichende Prozess eines Teenagers ist, der nicht weiß, wie er seine Gefühle kanalisieren soll. Es gilt, dagegenzusteuern und schon in der Schule anzusetzen. Daher halte ich die vorliegende Lektüre sehr gut dafür geeignet, im Unterricht gelesen zu werden. Engelmann schreibt zudem sehr übersichtlich und lässt die Kapitel an den richtigen Stellen enden. Es braucht mehr solche Bücher, um schon bei den jüngeren Generationen anzusetzen.
Fazit
Die Geschichten zweier Menschen, die unfreiwillig in eine Welt des Hasses hineingeraten. Während Anne zu den Verfolgten zählte, war Emil jemand, der die Zeit des Nationalsozialismus wieder zurückhaben wollte. Reiner Engelmann hat ihr Gespräch in sein neues Buch verpackt und zeigt auf, was wirklich wichtig ist: Aufeinander zugehen und zuhören!
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