Eine Zugfahrt, die tödlich endet
Ausgerechnet mit Tante Helena soll Myrtle in den Urlaub fahren. Immer hat die etwas an ihr auszusetzen – denn Kriminalfälle interessieren Myrtle mehr als damenhaftes Benehmen. Daher soll sie im Urlaub auf andere Gedanken kommen … wäre da nicht eine sündhaft teure Tiara, die plötzlich verschwunden ist, und eine Tote, die im Gepäckwagen auftaucht.
„Endlich verstummten Miss Ballingalls Schreie, allerdings nur, weil sie in Ohnmacht fiel. In Cicelys Armen lag sie da, farblose Haarsträhnen im Gesicht – ein überdeutlicher Beweis dafür, dass man ihr die Nordlicht-Tiara tatsächlich vom Kopf gerissen hatte.“
Nicht nur muss Myrtle mit ihrer Tante Helena in den Urlaub fahren, auch ihre ganzen Kriminallektüren müssen zuhause bleiben. Wie soll man sich da amüsieren? Wenigstens kommt ihre Gouvernante Miss Judson mit. Zumindest sie hat ein wenig Verständnis für Myrtles Interessen, wenngleich sie auch der Meinung ist, dass der letzte Fall Aufregung genug war. Nun geht es also mit dem Zug ans Meer – und Myrtle bekommt den Spaß, mit dem mit Sicherheit keiner gerechnet hätte.
Mit an Bord sind unter anderem Sir Quentin und seine Tochter, die ein luxuriöses Hotel am Meer eröffnen wollen. Um wohlhabende Touristen anzulocken, wollen sie eine edelsteinbesetzte Tiara ausstellen, die sie im Zug mitführen. Mrs Bloom ist als Versicherungsdetektivin ebenfalls dabei und passt auf die Tiara auf. Plötzlich fällt jedoch der Strom aus, und als das Licht wieder angeht, ist die Tiara verschwunden. Sofort nehmen Mrs Bloom und Myrtle die Ermittlungen auf. Doch als der Zug am nächsten Tag sein Ziel erreicht, ist die Tiara nach wie vor verschwunden, und Mrs Bloom liegt tot zwischen den Gepäckstücken – mit der Goldschere von Tante Helena im Rücken …
Der zweite Fall für Myrtle Hardcastle
Nachdem der erste Band um die Jungdetektivin Myrtle schon echt gut war, ist Mord im Handgepäck noch eine Ecke raffinierter. Anfangs könnte man an Agatha Christies „Mord im Orientexpress“ erinnert werden, und tatsächlich fühlt man sich schnell ins 19. Jahrhundert hineinversetzt, mit all den gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Doch tatsächlich findet nur ein kleiner Teil der Geschichte an Bord des Zuges statt. Der Rest spielt sich in beschaulichen Örtchen am Meer ab, das eine eigene tragische Geschichte zu erzählen hat, als einige Jahre zuvor ein Schiff explodierte und viele Menschen in den Tod riss. Findige Detektive könnten hier einen Zusammenhang zu dem Mord an Mrs Bloom sehen – aber was hat die Tiara damit zu tun? Die Auflösung ist nicht sonderlich spektakulär, aber auch nicht leicht zu durchschauen.
Myrtle Hardcastle ist natürlich auch wieder vorlaut und altklug, wirkt aber nicht so besessen wie in Mord im Gewächshaus, was einen angenehmeren Rahmen schafft. Natürlich setzt sie trotzdem alles daran, den Mord aufzuklären. Unterstützung erhält sie von Miss Judson, die aber auch ihre kleinen Geheimnisse am Rande hat und dadurch die Geschichte nochmal zusätzlich würzt. Überraschend ist dagegen die Entwicklung von Tante Helena. Sie ist zwar immer noch sehr versteift darauf, aus Myrtle eine feine Dame zu machen. Zusätzlich entwickelt sie sich aber in eine Richtung, die aus ihr mit einen der interessantesten Charaktere werden lässt.
Elizabeth C. Bunce schreibt gewohnt spannend und mit subtilem Humor. Besonders die kleinen Fußnoten von Myrtle zeichnen sich durch den trockenen, britischen Humor aus, den diese Art von Storytelling braucht.
Fazit
Der Mord an Mrs Bloom ist sehr geheimnisvoll und erstmal nicht mit dem Verschwinden der Tiara zu vereinbaren. Doch Myrtle bringt einen roten Faden rein, der sich nach und nach verfestigt. Es macht Spaß, diesen mit zu entwirren.
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