Scarlett & Browne: Die Berüchtigten

Man könnte zu Scarlett und Browne sagen: Läuft bei ihnen! Sie haben alles ausgeräubert, was ihnen gefällt! Zur Krönung haben sie bei ihrem letzten Coup sogar die Religionsgemeinschaft des Örtchens Warwick ins Mark getroffen, denn hier konnten sie den Kirchenschatz des Glaubenshauses plündern. Mittlerweile besingt man sie in Liedern und die beiden Gauner fühlen sich doch so richtig geschmeichelt – würde ihnen nicht auch immer mal bewusst werden, dass auch andere großartige, berühmte Schurken doch irgendwann gefasst und hingerichtet wurden. Aber dieser Tag wird hoffentlich niemals eintreten und unsere beiden machen erst einmal einen kleinen Urlaub vom Verbrechertum. Das heißt – den wollten sie machen, denn plötzlich schlägt die Vergangenheit in verschiedener Hinsicht zu und verlangt, dass alte Schulden beglichen werden.

Wer ist schon Robin Hood?

Jonathan Stroud lässt die beiden Helden Scarlett McCain und Albert Browne in seinem meisterhaft erzählten Abenteuerroman wieder zu absoluter Größe auflaufen. Es gibt scheinbar nichts, was ihnen widerstehen kann. Ihre Coups sind bestens durchgetaktet, ihre Zusammenarbeit perfekt und man möchte schon glauben, dass ihre Gaunerkarriere durch nichts zu bremsen ist. Allein – wären da nicht die mahnenden Worte ihres alten Freundes Joe, der den Höhenflug zu bremsen versucht. Noch freuen sie sich darüber, dass Balladen über sie gesungen werden, noch sehen sie sich in der Riege anderer berühmter Gangster und schon muss dieser Spielverderber andeuten, dass diese ihr Ende am Galgen gefunden haben. Hier überfällt den Leser schon ein ungutes Gefühl und obwohl alles für unser Gaunerpärchen geschmeidig zu laufen scheint, wird auch schon angedeutet, dass fast jede Verbrecherkarriere irgendwann tragisch geendet hat.

„Wie klein sie aussah, so zusammengekauert dort in der Ecke. Wie wenig noch von ihr übrig war. Ohne das spöttische Grinsen, die Pistole, die Großspurigkeit …war sie jetzt am Ende ganz klein.“

Spannend und mitreißend öffnet der Autor ein neues Kapitel im Leben der beiden Outlaws. Mir gefiel hier besonders gut, dass ihnen auch nicht auf Anhieb alles gelingen mag und dass natürlich auch nicht an den kleinen Streitigkeiten gespart wird, die zwischen der robusten und sehr – hüstel – zielorientierten Scarlett und dem freundlichen und eher versonnenen Albert immer wieder aufflackern.

Stroud erklärt in diesem Band aber noch immer nicht, was dazu führte, dass das England seines Romans mittlerweile nichts mehr mit dem alten, abschnittsweise beschaulichen Land, wie wir es kennen, verbindet. Er beschreibt vielmehr eine Dystopie und die „Große Verheerung“ ist nach wie vor ein Fakt. Unklar bleibt aber weiter, ob ein nuklearer Krieg oder eine Naturkatastrophe die Gesellschaft umstürzte und die ganzen Monster erschuf, von denen im Buch die Rede ist.

Ein Geheimnis bleibt auch weiterhin, was es mit Alberts Herkunft auf sich hat. Das ist dann auch der Punkt, warum ich von der Spitzennote einen Punkt abziehe. Ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass der Leser unbedingt an die Reihe gebunden werden soll, wenn er erfahren will, wie es ausgeht. Immerhin wird einiges mehr aus der Vergangenheit seiner Partnerin erzählt und das gelingt glaubhaft, aber auch bewegend. Sehr berührend sind auch die Passagen, die einmal eine andere Scarlett zeigen – eine die den Mut verloren hat und die im Angesicht eines schrecklichen Schicksals zu verzagen droht.

Fazit

Scarlett und Browne – die Berüchtigten steht dem ersten Band im Hinsicht auf Spannung und tolle Unterhaltung in nichts nach. Leser, die mit diesem Band beginnen, mögen vielleicht am Anfang ein wenig Eingewöhnungszeit brauchen, sind aber sicher genauso schnell von der tollen Handlung mitgerissen. Scarlett und Browne – wir wollen noch viel mehr von Euch lesen!