Spannend, ohne Übertreibungen, unter die Haut gehend
London 1940: Nacht für Nacht suchen die Menschen in den U-Bahn-Schächten Schutz vor den Bomben. Während acht Monaten wird die Themse-Stadt im Zweiten Weltkrieg bombardiert. Jeden Morgen kommen die Menschen wieder aus dem Untergrund, suchen ihr Zuhause auf, hoffend, dass es die Nacht überstanden hat. Schon bald stehen die Bewohner wieder in der Schlange am Eingang zur U-Bahn-Station, um einen guten Schlafplatz für die nächste Nacht zu finden. Genauso ergeht es der vierzehnjährigen Ella und ihrer Familie in diesem schrecklichen Krieg. Ella ist vor einem Jahr an Kinderlähmung erkrankt und hat sich ins Leben zurückgekämpft. Geblieben ist ihr ihr Überlebenswille und ein lahmes Bein.
«Da liegen wir. Dreihundert Fremde auf einem grell beleuchteten Bahnsteig. In U-Bahnhöfen ist es immer miefig, aber nach so vielen Stunden mit so vielen Menschen ist die Luft hier zum Schneiden. Ein erstickendes Gemisch aus Schweiß, abgestandenem Brandgeruch, fish & chips und Urin.» (Quelle: Roman)
Die andere Seite des Schreckens
Eines Tages lernt Ella Quinn kennen. Quinn ist die rebellische Tochter aus gutem Haus und ist weggelaufen. Sie sucht eine Stelle in einem Krankenhaus. Zu den beiden Mädchen gesellt sich Jay. Er ist allein, etwas vergammelt und verkauft Schlafplätze in der U-Bahn-Station. Gemeinsam kämpfen sie täglich ums Überleben und entdecken dabei die seltenen, schönen Seiten in dieser vom Krieg beherrschten Welt.
Anna Woltz schafft es in diesem Roman, die Angst und den Schrecken des nächtlichen Bombenterrors realistisch dazustellen, ohne dass sie dabei überzeichnet. Die Gräuel und die Folgen des Bombenhagels sind dennoch greifbar. In diesem furchtbaren Umfeld lässt die Autorin die Jugendlichen ihre eigene Welt entdecken. Dabei blitzt die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft durch. Auf ein Leben ohne Krieg, dafür mit Möglichkeiten und Träumen, die altersgerecht sind. All dies tut sie mit Gespür für die Jugendlichen und in einer präzisen Sprache ohne Schnörkel. Einfach auf den Punkt gebracht.
Fazit
Die Geschichte der Bombennächte in Londons Untergrund erzählt nicht nur von Kummer und Leid, sondern auch von ausserordentlichen Gemeinschaften und Zusammengehörigkeit. Und von einem Leben als Jugendlicher mit dem Anspruch auf eine Zukunft. Spannend, ohne Übertreibungen, unter die Haut gehend.
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