Das Spiel mit der Macht
Nie hätte sich Jill vorstellen können, dass sie sich im Kreise der Player irgendwann unwohl fühlen könnte. Die angesagteste Clique an der elitären Privatschule, die sie besucht, hat nicht nur viel Ansehen, sondern auch viel Macht. Und viele Beziehungen. Davon profitieren jene Player, die sich gerade etwas schwertun. Ob es nun ein Prüfungsbogen mit Antworten ist oder die Anmeldung zum College: Wann immer die Player Hilfe brauchen, tun sich ihnen Türen auf. Doch seit Jills beste Freundin Shaila vor drei Jahren auf einer Party der Player starb und Graham dafür im Gefängnis sitzt, ist in der Clique irgendwie der Wurm drin. Erst recht, seit Grahams Schwester voller Überzeugung behauptet: Graham hat Shaila nicht getötet. Jill, die sich vorgenommen hatte, ihr letztes Jahr vor dem College zu genießen, kann das nicht einfach ignorieren. Und dass, obwohl die anderen Player genau das von ihr erwarten.
Studentenverbindungen mit anderen Augen sehen
Es ist nicht der Mordfall an sich, der aus dem Roman von Jesscia Goodman etwas Besonderes macht, sondern das feingliedrige Beziehungsnetz, über das normalerweise Stillschweigen gewahrt wird, das aber durchaus auch hierzulande in verschiedenen Formen Blüten treibt. Dass sich gerade Jill als Hauptfigur im bisherigen Freundeskreis zunehmend unwohl fühlt, kommt nicht von ungefähr. Sie ist trotz ihrer Mitgliedschaft bei den Playern eine Außenseiterin – anders als die anderen Mitglieder stammt sie nicht aus wohlhabendem Haus und muss ihr Studium weitgehend über ein Stipendium finanzieren. Und sie war einst die engste Freundin von Shaila, wobei sich diese Freundschaft im Laufe des Romans sehr schnell als zumindest ansatzweise toxisch herausstellt. Jill sieht die ganze Player-Sache mit einem etwas kritischeren Blick als die anderen – was sich auch darin zeigt, dass ihr das Aufnahmeritual für die neuen Mitglieder zunehmend Mühe bereitet. Und dass, obwohl gerade Adam, der sie nicht nur zu den Playern geholt hatte, sondern in den sie seit Jahren heimlich verliebt ist, zu den Hardlinern gehört, was die Rituale anbelangt. Die Autorin kann diese Zerrissenheit durch die Erzählstruktur – Jill schildert aus der Ich-Perspektive – wunderbar darstellen und glaubwürdig vermitteln. Goodman gesteht ihrer Protagonistin zu, einen immer klareren Blick auf die Vorgänge in der Gruppe zu entwickeln und dadurch über kurz oder lang die richtigen Fragen zu stellen.
Tiefschürfend statt knallend
Natürlich präsentiert Jessica Goodman ihren Leserinnen und Lesern genau das, was sie auf dem Klappentext ankündigt: einen Thriller über den Tod eines jungen Mädchens und die neu aufkeimende Frage, wer denn nun das Mädchen tatsächlich umgebracht hat. Diese Frage erschließt sich relativ früh, wenn man den Roman mit der notwendigen Aufmerksamkeit liest. Aber auch wenn es schnell auf der Hand liegt, wer denn tatsächlich für Shailas Tod verantwortlich ist, bleiben doch etliche Fragen im Raum. Damit kann die Autorin den Spannungsbogen – der allerdings nicht ganz so weit gezogen ist – weitgehend halten. Jene Leserinnen und Leser, die sich also primär auf einen Thriller freuen, werden sich mit einer eher mageren Ausbeute begnügen müssen. Wer offen genug ist, sich auf dieses feingliedrige Netz von Beziehungen, Reichtum, Image, Narzissmus und letztlich auch Spuren von Sadismus einzulassen, wird allerdings einen ausgeklügelten und sehr menschlich gehaltenen Roman entdecken.
Fazit
The Players Table ist einer jener Jugendromane, die den Blick auf ungute Entwicklungen an Schulen und Universitäten schärfen. In diesem Roman wird auch die Bildung von Schüler- oder Studentenverbindungen beleuchtet und offen in Frage gestellt.
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