Das Spiel der Götter mit der Liebe
Persephone, Göttin des Frühlings, überbehütet aufgewachsen und jugendlich naiv, darf endlich den Schoß ihrer Mutter Demeter in der Welt der Sterblichen verlassen und gemeinsam mit ihrer besten Freundin Artemis in Olympus leben. Hier wohnen und intrigieren die Göttinnen und Götter und spielen mit den Gefühlen anderer nach ihrem eigenen Gutdünken. Das merkt Persephone recht schnell, als sie von einer Party entführt wird und in der Unterwelt von Hades landet.
„Ich fühle mich völlig fehl am Platz. Jeder wird merken, dass ich nicht hierhergehöre.”
Hades beleidigt unabsichtlich Aphrodite, die wiederum ihren Sohn Eros dazu auffordert, Persephone in Hades Armen zu platzieren. So unterschiedlich die beiden auch sind, die süße und unerfahrene Persephone und der trübsinnige und viele Jahrhunderte ältere Chef der Unterwelt fühlen sich sofort voneinander angezogen. Ganz verantwortungsbewusst, und entgegen seiner sonstigen Art, handelt Hades recht einfühlsam und zieht sich zurück, denn ihre Gegensätze scheinen unüberbrückbar.
Zurück in Olympus kämpft Persephone darum, sich selbst zu finden. Sie hadert mit ihrer Gabe, denn die erscheint ihr unnütz und im Angesicht des Selbstbewusstseins der anderen wirkt sie überfordert. Sie ist ein Spielball, der nach Belieben benutzt wird und sie des Öfteren zur Flucht in ihre eigene Gedankenwelt zwingt.
Doch Gefühle lassen sich oft nicht ändern und die Verbindung von Hades und Persephone reißt nicht ab.
Modern, sexy, cool
Lore Olympus wurde von der Neuseeländerin Rachel Smythe seit 2018 episodenweise auf der Internetseite Webtoons veröffentlicht. Webtoons ist ursprünglich ein aus Südkorea stammendes Online-Angebot, um Mangas zu veröffentlichen und mobil lesbar zu machen. Mittlerweile hat die Möglichkeit, eigene Geschichten persönlich online zu veröffentlichen und diese Comics auf Smartphones zu lesen, einen weltweiten Siegeszug angetreten.
Die besondere Entstehungsart zeigt sich auch in der gedruckten Version: Die Panels sind unterschiedlich groß, indem das Bild mal eine ganze Seite einnimmt oder die Illustrationen klassisch mit Umrandung nebeneinander oder ineinander verschlungen angeordnet sind. Auffällig ist sofort auch die wunderschöne Farbgebung, die häufig zwischen rot/pink und blau/dunkelblau alterniert.
Schwierig ist manchmal der Wechsel von Gegenwart und Rückblicken zu erkennen, aber auch daran gewöhnt sich mit der Zeit das interessierte Auge.
Die mythische und bekannte Geschichte von Hades und Persephone ist professionell und originell erzählt und präsentiert. Die moderne Erzählweise ist perfekt für die Neuinterpretation der Beziehung zwischen den beiden Göttern. Olympus ist eine Welt voller Intrigen, Machtmissbrauch und Spielereien, was auch schon in den ursprünglichen Geschichten thematisiert wurde, und hier von Rachel Smythe auf ein neues Level gehoben wurde. Persephone, die das genaue Gegenteil dieses ausschweifenden Lebens darstellt und darauf auch nicht vorbereitet ist, wird objektifiziert und benutzt. Sie erkennt, dass sie diesem neuen Leben nicht gewachsen ist, kann alles auch noch nicht in Worte fassen, möchte aber auf der anderen Seite auch nicht wieder in die enge Welt unter mütterlicher Aufsicht zurück.
Die Verbindung zu Hades scheint sich aber auch in eine, wenn auch widersprüchliche und schwierige, aber doch süße Liebesgeschichte zu entwickeln. Der hier vorliegende und besprochene Teil 1, sowie der schon erschienene Teil 2, versprechen eine langsame und einfühlsame Entwicklung.
Lore Olympus ist keine vordergründige Liebesgeschichte, sondern eher eine mit sich entwickelnden Charakteren mit unterschiedlichen Problematiken. Angelehnt an die Ursprungserzählungen ist dieser Comic modern, äußerst stilvoll und sehr sexy präsentiert. Triggernde Themen wie emotionale Erpressung, Traumata und Vergewaltigung sollten jedoch vor dem Lesen beachtet werden.
Fazit
So stylisch und geheimnisvoll wurden griechische Mythen wirklich noch nicht erzählt. Rachel Smythe hat mit Lore Olympus ein kleines Meisterwerk erschaffen, welches eine perfekte Verbindung von alten Wahrheiten und einem modern-aufgeklärten Blick bildet.
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