Where Summer Stays

Eigentlich ist Charlie nicht gerade als wilde Partygängerin bekannt. Doch um den Volontariatsplatz beim Klassik-Radio zu bekommen, springt sie über ihren Schatten und besucht mit ihren beiden besten Freundinnen ein Rock-Festival, von dem aus sie Live für den Social-Media-Kanal des Senders berichten soll. Dort angekommen fühlt sie sich zwischen den vielen betrunkenen und feiernden Festivalbesuchern ziemlich fehl am Platz, gleichzeitig steht sie ziemlich unter Druck, schließlich muss sie beweisen, dass sie genau die richtige Person für den Job ist.

Als sie dort auf Levy trifft, ist sie von ihm direkt fasziniert, obwohl er mit seiner unkonventionellen Art und seinem individuellen Kleidungsstil erstmal wie das komplette Gegenteil von ihr wirkt. Seine Gegenwart gibt ihr Halt, denn er zeigt ihr, wie Mut funktioniert und wie einfach Spontanität sein kann. Als erfolgreicher Influencer hilft er ihr bei ihrem Job und sorgt dafür, dass die Followerzahl des Klassik-Radio-Accounts in die Höhe steigen. Doch so einfach wie er vorgibt, scheint auch sein Leben nicht zu sein, denn je mehr Zeit Charlie mit ihm verbringt, desto häufiger passieren Situationen, in denen er sich ungewöhnlich verhält, plötzlich verschwindet oder seine Stimmung von der einen auf die andere Sekunde kippt.

Auch nach dem Festival bleiben die beiden in Kontakt, denn beide haben sich Hals über Kopf ineinander verliebt. Doch so einfach ist es nicht. Auch wenn Charlie den Volontariatsjob angeboten bekommt, merkt sie, dass sie viel lieber etwas anderes machen will und möchte das Angebot ausschlagen. Wäre da nicht ihre Mutter, die nicht nur etwas gegen die Liebesbeziehung von Charlies Schwester hat, sondern auch nicht will, dass Charlie wegen ihrer psychischen Probleme in Therapie geht. Auch Levy passt mit seinem Lidschatten, den lackierten Nägeln und vielen Tattoos nicht zu ihren Vorstellungen eines passenden Partners für Charlie…

Dass auch Levy ein ziemlich großes Päckchen zu tragen hat, macht die Beziehung noch komplizierter, denn da wäre nicht nur seine verstorbene Ex-Freundin, an deren Tod er sich die Schuld gibt, auch sein Vater macht ihm das Leben mehr als schwer. Als Polizist hat er konkrete und sehr altmodische Vorstellungen, wie sich ein Mann und speziell sein Sohn zu verhalten hat und lässt ihn spüren, dass er in seinen Augen falsch ist. Ob die Liebe der beiden dennoch eine Chance hat?

Liebe mit vielen Hindernissen

Auch wenn Ivy Leaghs Roman auf den ersten Blick wie eine fröhliche Festival-Liebesgeschichte mit viel Party, Musik und etwas Herzschmerz wirkt, entwickelt sie sich an vielen Stellen doch in eine ganz andere Richtung. Die ängstliche und kontrollierte Charlie, bei der vorzugsweise alles nach Plan laufen soll, trifft auf den chaotischen Levy, der in einem kleinen Laden arbeitet, wo er mangels eigener Wohnung im Hinterzimmer auf einer Matratze schläft. Nach außen scheint er mit sich vollkommen im Reinen zu sein, doch je mehr man hinter die Fassade blickt, desto deutlicher werden die düsteren Abgründe, die dort lauern.

Dadurch, dass die Autorin wechselnd aus der Perspektive beider Charaktere erzählt, bekommt man als Leser tiefe Einblicke in die Gedanken und Gefühle der Figuren. Man weiß, was die beiden bewegt, wie sie zueinander stehen und kann ihre Handlungen nachvollziehen, womit man den anderen Figuren im Buch gegenüber einen gewissen Vorsprung hat, die von den teils ungewöhnlichen Reaktionen der anderen Figuren immer wieder überrascht werden. Doch auch als Leser ist man nicht allwissend. Ivy Leagh macht immer wieder kleinere und größere Andeutungen, die sich erst im Laufe des Romans langsam zusammenfügen.  Was einerseits für Spannung sorgen kann, wird hier beim Lesen jedoch eher anstrengend, da man an vielen Stellen das Gefühl hat, dass vor lauter Andeutungen die Haupthandlung leidet und immer verworrener wird, bis man sich irgendwann wünscht, dass sich endlich alles auflöst.

Viele Probleme, konstruierte Story

Der Roman selbst ist in zwei Teile aufgeteilt. Findet Part 1 ausschließlich auf dem Festival statt und handelt in erster Linie vom Kennenlernen der beiden, spielt Part 2 in Berlin im Alltag von Charlie und Levy, wobei vor allem Levys Probleme im Vordergrund stehen. Von der Idee her bringen beide Protagonisten viel Potenzial für eine spannende Story mit sich. Sowohl Levy als auch Charlie haben viel Tiefe und ergänzen sich gegenseitig gut, was an einigen Stellen auch durchkommt, beispielsweise wenn sie sich gegenseitig dazu bringen, ihre festgefahrenen Denkmuster und Grenzen zu durchbrechen und eingefahrene Denkmuster beiseite zu schieben. Die Ursachen für ihre jeweiligen Probleme wirken dann jedoch leider sehr konstruiert und unpassend, sodass es vor allem bei Levy schwerfällt, sie zu durchblicken und man sich ständig fragt, warum er sich nicht endlich von seinem tyrannischen Vater losgeeist hat, anstatt sich für die Abzahlung seines Kredits durch die abgebrochene Polizeiausbildung ständig aufs Übelste schikanieren und demütigen zu lassen.

Fazit

Ein durchwachsener Roman, der durchaus interessante Figuren vorzuweisen hat, dessen Handlung jedoch unter zu vielen teils stark konstruiert wirkenden Problemen leidet und besonders im zweiten Teil eher zäh zu lesen ist.