White Bird - Graphic Novel

  • Hanser
  • Erschienen: März 2023
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übersetzt von André Mumot; Hardcover, 224 Seiten

ISBN: 9783446276048

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Theresa Mürmann
10101

Jugendbuch-Couch Rezension vonMai 2023

Eine Graphic Novel, die schon fast gar keinen Text braucht

Das jüdische Mädchen Sara verlebt eine glückliche Kindheit in Aubervilliers-aux-Bois, einer französischen Stadt im Margeride-Gebirge. Sie hat liebevolle Eltern und ihre Familie ist in der Gesellschaft durchaus angesehen. Saras Papa, Max, ist ein renommierter Arzt und ihre Mama, Rose, unterrichtet Mathematik an der Universität. Alles ist gut, bis zu dem Tag, an dem Frankreich 1940 vor den Deutschen kapituliert und das Land fortan in zwei Zonen aufgeteilt wird: die besetzte und die freie Zone. Saras Familie hat Glück, denn ihre Stadt gehört zu Letzterer. Doch auch hier mehren sich die Übergriffe und Vorschriften gegen Jüdinnen und Juden: Es werden antijüdische Gesetze erlassen, Geschäfte und andere Orte werden verboten und Anfeindungen gehören plötzlich zum Alltag. Irgendwann realisiert Sara, dass sie ihre Hoffnung, zur alten Normalität zurückzukehren, aufgeben muss…

Als eines Tages Soldaten in der Schule auftauchen, um alle jüdischen Kinder abzuholen, gelingt es Sara mit viel Glück, sich zu verstecken. Julien, ein Mitschüler, den alle, auch Sara, aufgrund seiner früheren Polio-Erkrankung wie einen Aussätzigen behandeln, verhilft dem Mädchen daraufhin zur Flucht und versteckt sie in einer alten Scheune vor den Nazis. Zwischen Sara und Julien entsteht in dieser düsteren Zeit eine sehr innige Freundschaft.

Die amerikanische Autorin R. J. Palacio ist keine Unbekannte und den meisten vermutlich durch ihren internationalen Bestseller „Wunder“ oder dessen Verfilmung bekannt. Dass wir es bei „White Bird“ mit einer inhaltlichen Fortsetzung zu tun haben, lässt sich allein aufgrund der Zusammenfassung oben wohl zunächst nicht vermuten. Neben dem gleichnamigen Roman ist also nun diese eindrucksvolle Graphic Novel erschienen, die übrigens auch ohne Kenntnis des Originals gelesen werden kann.

Inhaltliche Anknüpfung an die Geschichte von „Wunder“

Die Geschichte beginnt mit Julian, der einst seinen Mitschüler mit angeborener Gesichtsdeformation gemobbt und gedemütigt hat. Mittlerweile hat er die Schule gewechselt und bereut sein Verhalten von damals nun zutiefst. Für ein Projekt im Sozialkundeunterricht soll er einen Aufsatz über eine Person schreiben, die er kennt. Julian möchte gerne seine Grandmère Sara interviewen, die zunächst nur widerwillig zustimmt, ihrem Enkel dann aber doch ihre tragische Lebensgeschichte erzählt.

Im Vergleich zu einem Buch hat man eine Graphic Novel relativ schnell durchgelesen. Das bedeutet jedoch nicht, dass man sich deshalb weniger in die Geschichte einfühlt, denn gerade diese hier lebt von den einnehmenden und berührenden Illustrationen, die von der Autorin selbst stammen. Saras Entwicklung von einem jungen Mädchen, das ein unbeschwertes Leben führt, bis hin zu einer beinahe schon jungen Frau, gezeichnet von der Flucht vor den Nazis, wird in dieser Graphic Novel beeindruckend dargestellt.

So viel Grauen, so viel Trauer, aber auch so viel Hoffnung und Liebe

In zahlreichen Nahaufnahmen lassen sich in der Mimik von Sara und Julien, dem Helden dieser Flucht, die Verzweiflung und Trauer, aber auch die Hoffnung, Zuversicht und Liebe ablesen. Die quälende Ungewissheit um den Verbleib ihrer Eltern ist bei Sara förmlich zu spüren. Einen Text braucht es die meiste Zeit eigentlich gar nicht, denn die Bilder sprechen für sich.

Diese Graphic Novel möchte vor allem auch die Augen öffnen für all die Grausamkeit und den Schrecken, die durch die Nazi-Besatzung verbreitet wurden. So wird die Erschießung eines Maquisards (Angehöriger einer französischen Widerstandsorganisation im Zweiten Weltkrieg) sehr detailgetreu gezeigt und auch daneben gibt es viele Szenen, die nur schwer zu ertragen sind. Gerade jüngere Leserinnen und Leser könnten diese eventuell etwas überfordern, sodass die Altersempfehlung ab 11 Jahren etwas nach oben zu korrigieren ist. Für diejenigen, die sich eingehender mit dem historischen Kontext auseinandersetzen möchten, ist das Glossar am Ende sowie die weiteren Ergänzungen der Autorin sehr hilfreich.

Auch diese Geschichte von R. J. Palacio kommt wieder in die Kinos. Geplant ist ein Filmstart in 2023. Bis dahin ist diese Graphic Novel eine wunderbare Alternative.

Fazit

Eine grandiose Adaption der Romanfassung, die berührt, schockiert, wütend macht, aber auch hoffen lässt. Unbedingt empfohlen!

White Bird - Graphic Novel

Raquel J. Palacio, Hanser

White Bird - Graphic Novel

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