Halber Löwe
- Gerstenberg
- Erschienen: Januar 2023
- 1
Hardcover, 240 Seiten
ISBN: 9783836962056
Wie aus dem halben Löwen ein ganzer wurde
Der Freundeskreis von Sascha, das ist schon eine coole Runde. In einem alten Abbruchhaus haben sie sich ihre „Zentrale“ eingerichtet und da können sie abhängen und irgendwie ist immer Geld da, um sich gut ein paar hinter die Binde zu kippen. Natürlich hat so ein „elitärer“ Kreis auch Ansprüche an seine Mitglieder: Regelmäßig sind Mutproben zu bestehen, die zeigen, dass derjenige, der an ihnen teilnimmt, ein würdiges Mitglied der Gruppe ist. Anfangs waren diese Prüfungen eigentlich ganz einfach zu bestehen, aber irgendwie hat sich das in letzter Zeit geändert und sie wurden immer gefährlicher. Die Mitglieder der Gang, die wissen das eigentlich schon recht genau. Aber dann bringt Sascha den neuen Mitschüler mit. Marcel – so heißt er – scheint ein netter Kerl zu sein, ein bisschen still, vielleicht nicht allzu clever, aber er will dazugehören und viel zu schnell sagt er auch noch „Ja“ zu seiner Aufgabe...
„Ich will gern dabei sein.“
Johannes Herwigs Helden sind immer die Helden des Alltags. Sie sind ein wenig widerborstig, sie sind Widerständler – aber gerade das macht sie sympathisch. Sascha, der Ich-Erzähler dieser Geschichte ist auch so einer. Er hat jetzt schon erfahren müssen, dass viele Dinge für ihn unerreichbar sind oder einfach einen hohen Preis haben. Aber Sascha jammert nicht rum, er macht was irgendwie geht, er gönnt sich die Auszeiten mit seine Kumpels, wo sie alle dann mal den wilden Mann spielen können und zuhause ist er dann wieder der ideale große Bruder, der sich liebevoll um die kleine Schwester kümmert. Gut gefiel mir an Sascha auch, dass er keiner ist, der sich was von seinen Klassenkameraden gefallen lässt. Natürlich gehört er nicht zu den reichen Kids – aber deswegen lässt er sich von denen noch lange nicht herumschubsen. Hier gefiel mir aber auch besonders gut, dass auch Sascha sich manchmal in seinen Einschätzungen irrt. Nicht immer haben seine Klassenkameraden Übles im Schilde. Manchmal schafft er auch ein Feindbild, wo eigentlich gar keines ist.
„Was bedeutete so ein kleines Wort: Wir?“
Manchmal ist es ein hoher Preis, der gezahlt werden muss, wenn man zu einer Gruppe gehören will. Von diesem Preis erzählt Johannes Herwig. Sein Halber Löwe, der auch als Sinnbild eines kaputten Denkmals in der Geschichte auftaucht, ist eben nur ein halbes Raubtier. Bestimmt wäre er gerne so groß, so mächtig und gefährlich wie früher. Aber er ist nur halb da und das trifft abschnittsweise auch auf Sascha zu. Er ahnt schon länger, dass er sich mit seiner Clique auf einem gefährlichen Kurs befindet, er weiß eigentlich ganz genau, dass der eine aus der Gruppe viel zu viele Töne angibt und dass das nicht so sein Weg ist. Aber das Problem ist das mit dem Aufstehen und für die Wahrheit eintreten und seinen Weg gehen und sich damit gegen die tonangebenden Bestimmer in der Gruppe stellen.
Fazit
Johannes Herwig beschreibt mitreißend, aber auch einfühlsam und manchmal bewegend, wie aus einem halben Helden und einem halben Löwen ein Ganzer werden kann. Einer, der klar seinen Weg geht und manchmal auch sieht, dass er die neben sich unterschätzt, hat aber vor allem einer, der auch sieht, dass es Freunde gibt, die einem nicht gut tun.
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