Wenn deine Hautfarbe darüber entscheiden soll, wen du liebst
Zwischen Ellie und Miah ist es Liebe auf den ersten Blick. Nach ihrer Begegnung in der Schule können sie nur noch an den jeweils anderen denken. Noch nie haben sie so für jemanden empfunden. Doch nicht alle sind über ihre Beziehung so erfreut, denn es gibt einen kleinen Unterschied zwischen den beiden: Miah ist Schwarz und Ellie weiß.
Ellie und Miah wohnen in New York, sie in Manhattan, er in Brooklyn. Ihr familiärer Hintergrund ist ähnlich, denn um Geld müssen sie sich keine Sorgen machen. Ellies Vater ist Arzt, Miahs Vater ein preisgekrönter Filmregisseur. Letzteres möchte er jedoch vor seiner neuen Freundin und der Schule geheim halten, aus Sorge dann anders behandelt zu werden. Sowohl Miah als auch Ellie haben in Bezug auf ihre Familie jedoch ihr Päckchen zu tragen. Ellie leidet noch immer darunter, dass ihre Mutter Marion sie in der Vergangenheit häufig von jetzt auf gleich für ein paar Wochen verlassen hat. Miah hat mit der Trennung seiner Eltern, der Vorstellung einer neuen Frau an der Seite seines Vaters sowie dessen öffentlicher Berühmtheit zu kämpfen. In dem jeweils anderen finden Ellie und Miah eine*n Vertraute*n, um den seelischen Ballast loszuwerden. Doch schon bald kommen neue Ängste hinzu. Denn ihre Familien sehen in ihrer Verbindung nichts Gutes. Und das allein aufgrund der Hautfarbe.
„Ich dachte immer, dass meine Familie jeden Menschen akzeptiert […]. Egal, welche Hautfarbe er hat. Jetzt bin ich da nicht mehr so sicher.“
Alltagsrassismus, Diskriminierung und Polizeigewalt gegenüber Schwarzen bestimmen das Leben so vieler Menschen in den USA. Gerade in den letzten Jahren haben Bewegungen wie Black Lives Matter der Welt gezeigt, welche Vorurteile gegenüber Schwarzen noch immer existieren und in welch schrecklicher Art und Weise sich diese entladen können.
Auch in der Jugendliteratur wird das Thema verstärkt aufgegriffen. Vielen wird beispielsweise Angie Thomas („The Hate U Give“, „On The Come Up“) als bekannte Autorin einfallen. Aber auch Jacqueline Woodson hat bereits viele Kinder- und Jugendbücher geschrieben, die sich mit sozialer Ungerechtigkeit in unterschiedlichsten Ausprägungen beschäftigen. Tatsächlich erschien die amerikanische Originalausgabe dieses Romans schon 1998, doch die Geschichte hat nichts an ihrer Aktualität eingebüßt – leider.
Die Liebesgeschichte von Ellie und Miah ist leise, gefühlvoll, berührend. Niemand ruft zum Protest gegen die Ungerechtigkeiten auf, sondern es wird vielmehr ein Ist-Zustand der Gesellschaft geschildert. Von eingefahrenen Ansichten und Vorurteilen, in denen die Beziehung der beiden keinen Platz hat. Man merkt welch große Überwindung es Miah und Ellie kostet, jemandem von ihrer Liebe zu erzählen. Und manchmal passiert das erst, wenn es schon zu spät ist.
Die Sprache des Romans ist poetisch, melancholisch und immer mit viel Raum zum Nachdenken gespickt. Hier und da hätte man sich ein paar Seiten mehr gewünscht, die manches Gespräch, einige Charaktere und Hintergründe ausgeschmückt und weitergesponnen hätten. Gerade die zweite Hälfte der Story hätte mit Blick auf das dramatische Ende noch ein bisschen üppiger ausfallen können. Ein Glück, dass noch in diesem Jahr die Fortsetzung („Seit du gegangen bist“) erscheinen soll.
Fazit
Miahs und Ellies Geschichte berührt, macht traurig und wütend zugleich. Ein wichtiger Beitrag zu einem Thema, das uns alle etwas angeht. Sehr gerne empfohlen.
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