Ein spannender und abwechslungsreicher Thriller
Nicht zu wissen, wo man ist, fühlt sich für die meisten bereits alles andere als gut an. Doch nicht zu wissen, wer man ist, was einen ausmacht und was man bisher in seinem Leben gemacht hat, ist damit kaum vergleichbar. So geht es Ivy, die sich vor irgendetwas oder irgendjemandem auf der Flucht zu befinden scheint, denn wovor sie Angst hat und flieht, weiß sie gar nicht genau. Ein Gefühl in ihr sagt ihr, dass sie so schnell und so weit weg wie möglich muss. Erschöpft kommt sie irgendwann in einer Pension unter, deren Inhaberin ihr ohne Fragen zu stellen ein Zimmer überlässt, sodass sie erst einmal zur Ruhe kommen kann.
Nach und nach kommen die Erinnerungen wieder, nur das Ereignis, welches die Amnesie bei ihr ausgelöst hat, bleibt im Nebel der Erinnerungen verborgen. Sie ist sich sicher, dass ihr Freund Niklas etwas mit der Sache zu tun hat und dass das auch der Grund ist, warum sie nicht zur Polizei gehen kann. Denn Niklas und seine Freunde sind Polizisten und spinnen ein Netz aus Manipulation, Angst und Bedrohung um sich. Ob sie auch etwas mit dem Blut auf ihrer Kleidung zu tun haben? Sie beschließt, dass sie bei Marleen in ihrer Pension nicht mehr länger sicher ist und flieht weiter, bis sie schließlich in die direkt am Meer gelegene Kleinstadt Heiligenhafen gelangt, wo sie im Bistro eines Strandhotels arbeiten kann, wo sie auch eine Unterkunft bekommt. Ob sie im beliebten Touristenort vor Niklas und seinen Kumpanen sicher sein wird?
Spannendes Wechselspiel zwischen Täter und Opfer
Monika Feth ist nicht nur für ihre zahlreichen Kinder- und Jugendbücher, sondern vor allem für ihre „Erdbeerpflücker“- und „Romy“-Reihen bekannt, bei denen es sich um spannende Jugend-Thriller handelt. Und du wirst lächelnd sterben steht erst einmal für sich und ist eine in sich abgeschlossene Geschichte, geht aber in eine ähnliche Richtung. Besonders interessant ist wieder, dass die Autorin sowohl aus der Sicht des Opfers als auch aus der zweier Täter erzählt, die alles versuchen, um die flüchtige Ivy zu bekommen und zu verhindern, dass sie über das Geschehene spricht. Worum es dabei genau geht, erfährt auch der Leser erst nach und nach, sodass die Geschichte nicht nur durch die wechselnden Perspektiven und Ivys Flucht bis zum Ende spannend bleibt, sondern auch dadurch, dass erst Stück für Stück offengelegt wird, was vor Ivys Amnesie passiert ist.
Haben ihre Protagonisten in ihren anderen Thriller-Reihen eher ein gutes Verhältnis zur Polizei und pflegen gerade mit dem Kommissar einen freundschaftlichen Umgang, ist es hier genau umgekehrt. Feth greift mit dem Thema „Polizeigewalt“ ein aktuelles Thema auf, welches immer wieder in den Medien präsent ist und zeigt damit, wie machtlos sich Opfer fühlen, wenn ihnen nicht geglaubt wird und sie dem System schutzlos ausgeliefert sind. Ihre Einstellung zu Frauen, ihr rechtsradikales Denken und auch ihre Bereitschaft zu Gewalt macht Niklas, Marvin und Alan zu einer Gefahr, die nicht nur Ivy bedroht. Psychologisch interessant ist, dass die Autorin auch aus der Sicht der beiden Polizisten erzählt, was Einblicke in ihre erschreckende Denkweise ermöglicht.
Spannung mit ein paar Schwächen
Zwar ist der Roman bis zum Schluss spannend und zieht einen beim Lesen in seinen Bann, doch stolpert man beim Lesen auch über die ein oder andere Ungereimtheit, die sich stellenweise eventuell mit Ivys Amnesie erklären lässt. Ivys Handeln scheint oft sehr kurz gedacht. Auch wenn Niklas und Co großen Einfluss auf die Polizisten vor Ort und in ihrem Umkreis haben, hört auch ihre Macht irgendwo auf. Dennoch beschließt Ivy lieber zu fliehen und sich der ständigen Gefahr des Gefundenwerdens auszusetzen. Auch kommt zwar immer wieder auf, dass sich Ivy in ihrer Beziehung zu Niklas einiges schön geredet hat, dennoch kamen seine Gewaltphantasien deutlich durch, wobei sie dennoch mit ihm zusammenblieb. Da sich das Buch insgesamt über 486 Seiten erstreckt, bleibt auch viel Platz für Nebenschauplätze und Rückblicke, was man mögen muss, da es etwas auf Kosten der Spannung geht. Gleichzeitig sind es gerade diese Episoden, die nachdenklich stimmen und einen über die Gesellschaft, die Rolle der Polizei und Privilegien nachdenken lassen. Die Gewaltbeschreibungen im Buch sind gerade für Jugendliche schon recht heftig, auch wenn sie mit unter einer Handvoll Seiten nur einen Bruchteil des Romans einnehmen. Die Triggerwarnung am Ende des Romans ist auf jeden Fall gerechtfertigt.
Fazit
Ein gelungener und spannender Jugendthriller, der durch seine abwechselnde Sicht aus Verfolger- und Fluchtperspektive sowie ein interessantes Thema überzeugen kann und einen trotz kleinerer Schwächen in seinen Bann zieht!
Deine Meinung zu »Und du wirst lächelnd sterben«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!