Vienna: Blinding Lights

  • Carlsen
  • Erschienen: März 2024
  • 0

Broschur, 464 Seiten

Band 1 von 2 aus der Vienna-Reihe

ISBN: 9783551585394

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Sabine Bongenberg
7101

Jugendbuch-Couch Rezension vonMai 2024

Spannender Roman und ein bisschen sehr viel armes, reiches Mädchen

Von vielen wird sie als die „Königin Wiens“ oder zumindest aber als DAS IT-Girl der Wiener High Society bezeichnet: Livia Hohenburg - bezaubernd, atemberaubend, auf jedem Parkett zuhause und leise und hinter verschlossenen Türen so unglücklich. Vor mehr als einem Jahr ist ihre Mutter plötzlich verschwunden und alles, was sie Livia vorher glauben machen wollte, nämlich dass sie geliebt und beschützt wird, erscheint plötzlich als Lüge. Livia sucht Ablenkung auf wilden Partys, bei bedeutungslosem Sex und nicht zuletzt im Drogenrausch. Dennoch scheint insbesondere für ihren Vater das Leben recht einfach weiterzugehen, stellt er doch plötzlich seine neue Freundin Tanja vor. Livia sieht das aber als gewaltigen Affront, denn schließlich ist ihre Mutter erst einmal nur weggegangen und hat bisher nicht einmal die Scheidung eingereicht. Aber gegen ihren Vater kann sie nicht opponieren und so zieht Tanja mit Sack und Pack und ihrem Sohn Nicolas ein. Das allerdings schlägt dem Fass dann tatsächlich den Boden aus: Nicolas ist ein arroganter Kerl, der gegenüber Livia und ihrem Livestyle offensichtlich nichts anderes als Verachtung zur Schau stellt. Besser sich erst gar nicht mit ihm abgeben. Was aber ist zu tun, wenn er doch so heiß ist?

„Wahrscheinlich hat er den teuersten Champagner von der Karte genommen und keinen Plan von Qualität.“

Lara Holthaus erzählt in ihrem Auftakt zur neuen Vienna-Seria von der Familie Hohenburg. Die Mutter hat sie verlassen und scheint sich an einem Südseestrand mit einem muskulösen, jungen Mann zu amüsieren. Der Rest der Familie muss dagegen jetzt irgendwie zusehen, wie er mit dieser Situation zu recht kommt. Am härtesten trifft das ihre beiden Töchter, die 20jährige Livia und die siebenjährige Nora. Sie fühlen sich von der Mutter regelrecht verraten und die Ich-Erzählerin Livia erzählt von ihren verzweifelten Versuchen, die „Stiff-upper-lip“ zu halten und sich gegenüber der Öffentlichkeit nichts von ihrer Trauer anmerken zu lassen. Vieles davon ist auch gut gelungen, anderes dagegen gnadenlos überzeichnet. Livias Vater mag sicherlich der Bürgermeister von Wien sein und ihre Familie zu den reichsten Wiens gehören - dennoch begründet das nicht eine Öffentlichkeitswirkung, wie sie sonst vielleicht von einem Königshaus erwartet wird. Dazu gab es auch einiges an Widersprüchlichkeiten: Livia, die auf Wunsch ihres Vaters mit Fieber und Grippe an der Schulverabschiedung teilnimmt, weil „eine Hohenburg sich nichts anmerken lässt“, hat andererseits - wenn auch sicherlich zugedröhnt - keine Problem damit, auf einer Party einen wilden Strip hinzulegen. So ganz passt das doch nicht zusammen.

Livia stellt sich als widersprüchlichen Charakter dar, was sie auch nicht immer nur sympathisch macht. Mich nervte auch ihr ständiges Nennen der von ihr getragenen Label. Natürlich ist das Kleid von Valentino und selbstverständlich die Schuhe von Jimmy Choo, dennoch werden Kleid und Schuhe behandelt, als wären sie ein Sonderangebot vom Discounter. Das Kleid landet dann - wie ein Putzlumpen - auf einem Scherbenmeer und auch wenn Livia das offensichtlich zu bedauern scheint, ist es doch ihr Werk und es wäre nur ein Handgriff, die beklagte Zerstörung zu stoppen. Regelmäßig scheint dann auch die Frage, welcher Champagner am besten zu welcher Party passt, eine der grundlegenden Anliegen zu sein - andererseits kann Livia offensichtlich nichts davon auch nur ein bisschen Freude machen. Die Geschichte des armen, reichen Mädchen, das nur an der Oberflächlichkeit anderer verzweifelt, ist somit ein immer wiederkehrendes Thema. Mir war es gelegentlich zu viel. Sicher - die Trauer im goldenen Käfig ist und bleibt eine Trauer, wäre das unglückliche reiche Mädchen aber ein unglückliches armes Mädchen, wäre es noch schlimmer dran.

Spannend ist es trotzdem

Was das Buch dennoch auszeichnet, ist der leichtfüßige und sicherlich auch fesselnde Schreibstil der Autorin. Mitreißend und lebendig erzählt sie zwar keine besonders neue „enemy-to-lovers“-Geschichte, aber dafür eine spannend konstruierte. Mich riss insbesondere der überraschende Cliffhanger am Ende des Buches aus der bequemen Leseecke, denn damit hätte ich ganz bestimmt nicht gerechnet. Ich denke, unabhängig ob man das Buch jetzt besonders gut - oder vielleicht auch etwas schlechter - fand, bei diesem Ende, wo dann auch einmal Nicolas als Ich-Erzähler zum Zuge kommt, würde sicherlich jede/r Leser* gerne wissen, wie es weitergeht. Dazu ein kleiner Ausblick: Band 2 der Geschichten um die Wiener High Society soll Ende August 2024 erscheinen.

Fazit

LIvia und Nicolas oder Livia ohne Nicolas - bleiben sie Fremde, Feinde oder Freunde? Diese spannende Frage bleibt zu klären und bis dahin werden wir Livia auch sicherlich einige Eigenarten verziehen haben.
 

Vienna: Blinding Lights

Lara Holthaus, Carlsen

Vienna: Blinding Lights

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