Filmreife Kampfszenen und queere Romantik
Ashs Meinung nach sollte Alchemie allen zur Verfügung stehen, die sich damit beschäftigen wollen. Doch nur jene, die das Lancaster Mage’s College besuchen, dürfen Magie tatsächlich erlernen und anwenden. Als Ash den Doktoranden Ramsay kennenlernt, bietet sich ihm endlich die Gelegenheit dazu. Allerdings muss er dafür Ramsay helfen, das Buch der Quelle zu finden – ein Buch, welches das Potential hat, die Menschheit zu vernichten …
„Sie hob eine Hand wie zum Gruß. Es war die einzige Warnung, die Ash erhielt, bevor die Hand in ein goldenes Licht getaucht wurde und erglühte.“
Ash Woods spürt es wie ein Kribbeln in seinem Körper: ein innerer Drang, Magie zu wirken, wohlwissend, dass es ihm als ungelernter Alchemist verboten ist. Sein Traum ist es, am College Alchemie zu studieren – doch weiter als bis zum Assistenten des Hausmeisters reicht es nicht. Trotz aller Verbote bringt er sich die Alchemie selbst bei und riskiert darüber sein Leben. Als er im Büro des Doktoranden Ramsay Magie wirkt und von diesem erwischt wird, fürchtet er, dass damit sein Traum geplatzt ist. Doch Ramsay sieht etwas in ihm, eine verborgene Kraft, die er benötigt, um nach dem Buch der Quelle zu suchen.
Ramsay gehört dem Hause Thorne an, einem einst mächtigen Alchemie-Geschlecht, das jedoch nun gehasst und gefürchtet wird, seit Ramsays Eltern eine ganze Stadt auslöschten und anschließend dafür gehängt wurden. Seitdem versucht Ramsay, die Fehler seiner Eltern zu sühnen. Er hofft, das Buch der Quelle zu finden und zu zerstören. Denn schon viele haben versucht, es aufzuspüren, um von seiner unendlichen Macht zu profitieren.
Ramsay und Ash sind von Anfang an auf einer Wellenlänge und schaffen es, sich auch auf einer emotionalen Ebene zu synchronisieren. Sie schenken sich unendliches Vertrauen, erleben die vielen seelischen Narben, die sie vergangenen Traumata zu verdanken haben. Ash, der den frühen Tod seiner Mutter verkraften muss; Ramsay den Verlust der Eltern und den Verrat seines besten Freundes und Liebhabers Callum. Doch einander scheinen sie vertrauen zu können, bis sie schließlich herausfinden, wo sich das geheimnisvolle Buch verbirgt. Und plötzlich erscheint Callum auf der Bildfläche …
Fantasy-Lektüre mit queeren ProtagonistInnen
Kacen Callender schreibt eigentlich unheimlich berührende, queere Jugendbücher, weshalb es erstmal ungewohnt ist, von ihr einen Fantasy-Roman zu lesen. Dennoch bleibt Callender dem Prinzip treu, queeren Themen Raum zu geben. Auffallend ist, dass dies hier sehr subtil und eher nebenbei Teil der Geschichte wird. Ash selbst ist ein Transmann, während Ramsay dank seiner Alchemie nach Bedarf sein Geschlecht ändert und mal als „er“, mal als „sie“ angesprochen wird. Der Begriff Geschlechtsidentität wird hier zwar nicht erwähnt, aber ganz nebenbei dem Alltäglichen zugesprochen.
Das Wirken der Alchemie ist der Fantasy-Teil der Geschichte und gelingt auf den ersten Blick sehr gut. Die Welt ist in mehrere Häuser eingeteilt, von denen nicht alle gut auf Alchemie zu sprechen sind. Gerade das Haus Lune zeigt einen beinahe religiösen Fanatismus, wenn es darum geht, jene zu verdammen, die Magie wirken. Ich hätte mir jedoch gewünscht, dass auch die anderen Häuser besser ausgearbeitet gewesen wären. Das Problem, das ich nämlich mit der Geschichte habe, ist, dass die Beziehung zwischen Ash und Ramsay sowie die Suche nach dem Buch so viel Raum eingenommen haben, dass alles drumherum, die Alchemie und ihre Historie, die Häuser und ihre Politik, sowie die Gesellschaft viel zu kurz gekommen sind.
Was mich jedoch mehr als begeistert hat, waren die filmreifen, viel zu raren Kampfsequenzen. Hier kam die Magie voll zur Geltung, flogen die Szenen nur so vor dem inneren Auge vorbei. Hier zeigt sich die große Schreibkunst von Kacen Callender, weshalb ich mir eigentlich viel mehr von dem Buch erhofft hätte.
Fazit
Spannende Kampfszenen, faszinierende Magie und queere Romantik … die guten Seiten der Geschichte sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass einiges zu kurz gekommen ist. Wer dem Buch dennoch eine Chance geben möchte, dem sei es wärmstens ans Herz gelegt.
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