bedrückend
Kurzbeschreibung
Es herrscht drückende Hitze. Pete liegt auf seinem Bett, lustlos und faul, als plötzlich das Telefon klingelt. Nicole ist am Apparat, eine alte Freundin, die er seit Jahren nicht gesehen hat. Sie und ihr Bruder werden umziehen, und davor möchte sie noch einmal die alte Clique zusammenrufen. Ihn, Pauly, ihren Bruder Eric und sie selbst. Erst ein Treffen in der Hütte, die sie damals gemeinsam gebaut haben, danach zur Kirmes. Pete lässt sich überreden, setzt aber durch, dass er seinen besten (und wie es scheint einzigen) Freund Raymond mitbringen kann. Raymond ist ein wenig merkwürdig, und dass er mit seinem schwarzen Kaninchen spricht, ist nur eines der Dinge, die ihn von anderen unterscheiden.
Erst viel später weiß Pete, dass er nicht hätte ans Telefon gehen sollen. Dann wäre all das nicht geschehen, was in dieser drückenden Sommernacht geschehen ist.
Das meint Jugendbuch-Couch.de: "bedrückend"
[Jugendbuch des Monats - Februar 2010]
Die Geschichte beginnt recht harmlos mit der Verabredung, doch durch Kevin Brooks atmosphärischen Schreibstil und durch seine manchmal fein, manchmal brachial gestreuten Andeutungen weiß man sofort, dass in dieser drückenden Sommernacht Schlimmes geschehen wird. Pete, Raymond, Eric, Pauly und Nicole.
Sie kennen sich seit Jahren, doch eigentlich kennen sie sich nicht wirklich, haben vielmehr Zeit miteinander verbracht, ohne über die wirklich wichtigen Themen des Lebens zu sprechen. Und da jeder eine Flasche Alkohol mitbringt und dann noch ein Joint die Runde macht, wartet man nur darauf, dass die menschlichen Abgründe der Personen an die Oberfläche kommen.
Da wir sämtliche Ereignisse durch Petes Augen verfolgen können, bleiben uns die negativen Seiten der anderen vorerst erspart. Pete ist toll, denn die Gedanken, die er sich macht und die Sorge um Raymond lassen ihn erwachsener erscheinen als beispielsweise den ewigen Clown Pauly oder die unzufriedene Nicole.
Die ehemalige Clique bleibt nicht lange in der Hütte. Angetrunken und ein wenig bekifft brechen sie nach und nach zur Kirmes auf. Als eine Wahrsagerin Pete eindringlich warnt, auf Raymond aufzupassen und ihn sicher nach Hause zu bringen, ahnt man bereits, dass das Unheil seinen Lauf genommen hat. Pete lässt Raymond nur für einen Moment aus den Augen, und Raymond verschwindet.
Für Pete beginnt eine furchtbare Nacht voller Sorge und Angst, denn er findet seinen Freund nicht wieder. Dafür trifft er immer wieder auf andere bekannte Personen, die er beobachtet und dabei Seiten entdeckt, von denen er vorher nichts gewusst hat.
Als der nächste Morgen anbricht ist Raymond noch immer verschwunden, und mit ihm eine Mitschülerin, die es durch freizügige Fotos im Internet und durch ihre prominenten Eltern geschafft hat, eine Person des öffentlichen Lebens zu werden.
Mit Unverständnis, Angst und Wut muss Pete beobachten, dass Raymonds Verschwinden niemanden interessiert, während alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, das Mädchen aufzuspüren. Als schließlich die Leiche des Mädchens gefunden wird, gerät Raymond sogar unter Mordverdacht. Pete macht sich auf, seinen Freund zu finden, und was er dabei erlebt und erfährt bringt ihn nicht nur an den Rand der Verzweiflung, ins Kreuzfeuer der Polizei und ihn große Gefahr, es bringt ihn an die Abgründe menschlichen Denkens und Handelns.
Kevin Brooks, der bisher mit jedem seiner Bücher auf der Nominierungsliste für den Deutschen Jugendliteraturpreis stand und den begehrten Preis für sein letztes Werk "The Road of the Dead" schließlich erhalten hat, legt mit dem 527 Seiten starken Wälzer "Black Rabbit Summer" wieder ein wahres Meisterwerk vor. Ich habe selten ein so finsteres, bedrückendes und spannendes Buch gelesen, in dem so viel Wahrheit steckt. Der Mensch ist gut, doch das Böse kann von überallher hereinbrechen. Außerdem macht jeder Mensch Fehler, im Versuch das Richtige zu tun.
Und dabei prangert Kevin Brooks das Fehlverhalten der Personen nicht an. Dies lässt er den Leser tun, der durch Petes Augen dazu aufgefordert ist, sich ein Bild zu machen.
Man identifiziert sich mit Pete, und auch wenn nicht alles gut ist, was er tut, so zählen doch seine Beweggründe. Ihm geht es einzig und allein um Raymond und um die Frage, was mit ihm geschehen ist, wo er ist. Dies herauszufinden ist sein alleiniger Antrieb.
Dass Petes Vater Polizist ist und wegen Befangenheit von diesem Fall abgezogen wurde, natürlich trotzdem verbotenerweise auf dem Laufenden gehalten wird, so dass Pete über die Ermittlungen informiert bleibt, ist ein großer Pluspunkt. Schön auch zu sehen, dass sein Vater seine Familie über seine Arbeit stellt.
Was wirklich geschehen ist lässt den Leser verstört zurück, und noch Tage nach der Lektüre denkt man an Pete und fragt sich, wie er mit den Ereignissen umgehen wird.
FAZIT
Kevin Brooks erzählt von einem Verbrechen, wie es immer und überall so oder ähnlich geschehen kann. Er zeigt die Abgründe menschlichen Verhaltens genauso authentisch wie sein Bestreben, das Richtige zu tun, und reißt den Leser mitten hinein in die erschütternden Ereignisse einer drückenden Sommernacht. Sogwirkung ist noch viel zu harmlos ausgedrückt!
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