Das Buch ist schon fast zu viel
Ally kann nicht glauben, dass endlich ihr Traum in Erfüllung geht. All die erstellten Collagen und gemalten Herzchen und die schmachtenden Momente, doch nichts konnte sie darauf vorbereiten, als Sean Nessel sie endlich wahrnimmt. Es passiert auf einer Party, beide trinken, unterhalten und küssen sich. Dass alles außer Kontrolle gerät, ahnt Ally erst, als die beiden eine Etage höher ein leeres Zimmer suchen… und Sean ein Nein nicht akzeptiert.
„Du weißt, dass ich nie jemandem wehtun würde. Aber ich habe ihr wehgetan. Und vielleicht … Ich weiß nicht. Vielleicht war ich zu heftig.“
So beginnt Allys Geschichte. So beginnt aber auch die Geschichte vieler anderer Frauen, die sich plötzlich in völliger Machtlosigkeit wiederfinden und es nicht schaffen, das Undenkbare auszusprechen: sie wurden vergewaltigt. Ally ist traumatisiert, schafft es noch nicht einmal sich ihren Freunden oder ihrem Vater zu öffnen. Zu groß sind die Scham und die Angst, dass es schließlich doch Realität sein könnte. Stattdessen versucht sie, ihren Alltag wieder aufzunehmen, ignorierend, dass sie in Panik verfällt, sobald sie an Sean denkt oder ihn sieht.
Sean merkt, dass er etwas falsch gemacht hat, und versucht, seine beste Freundin Blythe darauf anzusetzen, Ally auszuhorchen und wenn nötig, zu beschwichtigen. Blythe stimmt dem zu. Sie sieht ja, wie aufgelöst er ist, wie sehr es ihm leidtut. Blythe hat natürlich leichtes Spiel. Denn sie gehört zu den Vier. Die Freundinnen stehen an der obersten Spitze der Highschool und ihnen ist so ziemlich alles egal, solange sie an ausreichend Alkohol und Partys gelangen. Blythe scheint die heimliche Anführerin und wirkt auf dem ersten Blick mit ihrem perfekten Freund Dev als die halbwegs Normale aus der Viererrunde.
Doch auch Blythe hat Geheimnisse. Und zum ersten Mal muss sie sich hinterfragen, welche Auswirkungen ihr Verhalten auf andere hat.
Brutal ehrlich
Diese Geschichte behandelt explizit Vergewaltigungsszenen und thematisiert diese entsprechend auch. Eine Triggerwarnung ist hinten im Buch zu finden (ich werde aber nie verstehen, warum sowas nicht vorne zu finden ist?!), dazu passend gibt es Anlaufstellen, an die man sich wenden kann. Schon das Cover der zerstörten Orange finde ich sehr eindringlich und spiegelt den Widerspruch zwischen perfektem Äußeren und dem kaputten Inneren wider. Die Geschichte selbst ist einfach nur brutal ehrlich, schonungslos und unkontrolliert. Allys Emotionen sind roh und auch Blythes Fassade bröckelt immer mehr, bis ihre Gefühle offenliegen. Allys Hilflosigkeit ist mit jeder Seite spürbar.
Dadurch ist Buch nur schwer auszuhalten, aber auch wegzulegen, sodass man durchaus schnell hindurchkommt. Man ist fast erleichtert, dass es vorbei ist, wobei es im Kontext des Buches fast schon zynisch ist, wenn man bedenkt, dass es für Opfer einer Vergewaltigung nie zu Ende sein wird. Als wäre das Thema nicht schon genug, spielen auch toxische Beziehungen und Drogenmissbrauch eine nicht unwichtige Rolle, sodass das Buch schon fast zu viel ist. Aber das ist die Realität schließlich auch …
Fazit
Dieses Buch ist schonungslos ehrlich und legt die seelischen Wunden offen, die Ally als Vergewaltigungsopfer erlitten hat. Es ist kein einfaches Buch, aber sehr gut geschrieben und das bedeutet schon was, bei so einer Thematik.

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