ein tragischer Verlust und drei Wünsche
Das meint Jugendbuch-Couch.de: "ein tragischer Verlust und drei Wünsche"
Die Geschichte beginnt mit Olivias erstem Tag an der Golden Gate High, die sie nach ihrem Umzug nach San Francisco besucht. Sofort fällt ihre zurückhaltende, ja fast schon gleichgültige, lustlose Art auf, die nicht natürlich wirkt, und kurz darauf erfährt man bereits den Grund dafür. Olivia hat einen schweren Schicksalsschlag noch nicht verdaut: Ihre Zwillingsschwester Violet ist ums Leben gekommen.
Dies war auch Grund für den Umzug der Familie nach San Francisco.
Olivia kann sich nur schwer eingewöhnen. Sie hat große Probleme, sich nach dem Verlust der Schwester in den normalen Alltag einzugewöhnen. Obwohl sie keine Lust auf Gesellschaft hat und sich lieber zurückziehen würde, knüpft sie ihren Eltern zuliebe dennoch erste Kontakte.
Da ist zum Beispiel die hübsche Calla, die langsam ihre Freundin wird. Da ist Miles, der Sohn einer Arbeitskollegin ihrer Mutter. Und da ist Sören, Callas Freund, zu dem sich Olivia seit dem ersten Tag hingezogen fühlt.
Als Olivia für einen Empfang ein Kleid braucht, landet sie mit einem beschädigten Kleid ihrer Schwester in einer Schneiderei. Die Überraschung ist groß, als ihr am nächsten Tag ein völlig anderes Kleid nach Hause geliefert wird. Kein Versehen, wie ein beiliegender Zettel verrät, sondern vielmehr mit der Bitte, es erst einmal anzuprobieren.
Das Kleid – Oh Wunder! - sitzt perfekt, und am Ende des Abends weiß Olivia, dass das Kleid alles andere als gewöhnlich ist.
Es hat ihr den Wunsch erfüllt, den sie aus tiefsten Herzen geäußert hat: Sie hat sich gewünscht, dass ihre Schwester wieder da ist!
Violet ist wieder da – als Geist, den nur Olivia sehen kann.
Was folgt ist Olivias Geschichte, die ganz langsam mit dem Unfalltod ihrer Schwester fertig wird und sich ein neues Leben aufbaut, wieder Mut und Hoffnung schöpft und die Trauer langsam abstreift.
Angetrieben wird sie dabei von ihrer Schwester, die ihr Mut macht und ihr den ein oder anderen dringend notwendigen Tritt in den Hintern verpasst.
Je mehr sich Olivia in ihrem neuen Leben integriert und neues Glück findet, desto unwichtiger wird Violets Anwesenheit.
Und da sind natürlich noch zwei andere Kleider - und mit ihnen zwei weitere Wünsche!
Drei Wünsche, drei Wunder!
Obwohl die Ausgangssituation neugierig macht und man als Leser sehr gern bereit dazu ist, Olivia in ihrer Trauerzeit und dem Weg zurück in ein normales, unbeschwertes Leben zu begleiten, schleicht sich irgendwann Langeweile ein und man stolpert über ein paar Dinge, die nicht so sehr ins Bild passen. Merkwürdig ist beispielsweise, dass Olivias Eltern nicht über den tragischen Verlust Violets sprechen. Es irritiert, dass Olivia und Violet sich nach Violets "Rückkehr" zuerst streiten. Ein wenig fragwürdig erscheint irgendwann Violets Verhalten, die einerseits mütterlich verständnisvoll wirkt, andererseits aber auch den Anschein vermittelt, Olivia zu einem Abbild ihres früheren (lebendigen) Selbsts machen will.
Natürlich erkennt Olivia irgendwann, wer sie ist und wie sie sein will, aber der Weg dorthin ruft doch ein paar Irritationen hervor.
Und irgendwann wird man als Leser zudem gewahr, dass die drei Wünsche völlig nebensächlich sind.
Zwar hat Olivia durch ihren ersten Wunsch ihre Schwester zurückbekommen, doch die anderen Wünsche sind nicht wirklich wichtig für das Thema, um das es in diesem Buch in erster Linie geht: Mit einem tragischen Verlust fertig zu werden.
Daher wirkt das märchenhafte Element, also die drei Wünsche, ein wenig deplatziert. Autorin Alexandra Bullen hätte auch ohne diese drei Wünsche die gleiche Geschichte erzählen können. Dann wäre ihr vielleicht ein wenig mehr Zeit geblieben, um bei verschiedenen Themen, die sie nur oberflächlich angesprochen hat, mehr in die Tiefe zu gehen. Ein wenig zu einfach hat sie es sich beispielsweise mit den Eltern der Zwillingsschwestern gemacht, mit denen es erst gegen Ende des Buches - und damit für die Geduld des Lesers viel zu spät - zur Aussprache kommt. Und gleiches gilt auch für die Frage, wie Violet eigentlich ums Leben gekommen ist. Neugierig gemacht zu werden ist natürlich Pflicht; die Spannung auf die große Offenbarung verfliegt allerdings irgendwann über die weiteren Ereignisse in Olivias Leben.
Statt Kleidern und Wünschen wäre ein wenig mehr Tiefgang wünschenswert gewesen, außerdem hätte die Autorin ein paar Dinge früher aufklären sollen.
Zurück bleibt man schließlich mit einem nur halb ausgesöhnten Gefühl. Mehr Tiefgang in Bezug auf die enthaltende Liebesgeschichte sowie auf die Freundschaftsgeschichte, und mehr Emotionen in Bezug auf die überraschend auftauchende und wieder fortgehende Violet wären schön gewesen.
FAZIT
Alexandra Bullen bietet mit "Drei Wunder" eine nett zu lesende Geschichte, in der es in erster Linie um die Verarbeitung des Verlusts der Zwillingsschwester und den Weg zurück in die unbeschwerte Normalität geht. Dabei plätschert die Handlung größtenteils ein wenig oberflächlich dahin, die aus dem Märchenreich bekannten drei Wünsche sind eher überflüssiges Beiwerk, um den Prozess zu Selbstbestimmung und Selbstbewusstsein zu verdeutlichen. Der Verzicht auf Fantasy-Elemente, dafür ein wenig mehr Tiefe, wäre schön gewesen.
Deine Meinung zu »Drei Wunder«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!