Glücksgift

  • cbj
  • Erschienen: Januar 2010
  • 0
  • cbj / cbt, 2010, Originalausgabe
Glücksgift
Glücksgift
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Yvonne Schulze
8101

Jugendbuch-Couch Rezension vonSep 2010

Weil ich dich wahnsinnig, wahnsinnig, wahnsinnig liebe ...

Das meint Jugendbuch-Couch.de: "Weil ich dich wahnsinnig, wahnsinnig, wahnsinnig liebe ..."

Als der Manager eines Fünf-Sterne-Hotels gegen zwei Uhr nachts nochmal in aller Ruhe durch das Haus geht, findet er in der verlassenen Hotelbar eine Leiche, die auf einem Tisch aufgebahrt wurde, den ein blaues Tuch bedeckt. Vierzehn blaue Sessel, auf denen je ein Gegenstand liegt, umgeben dieses bizarre Totenbett wie geheimnisvolle Grabbeigaben. Jeder dieser vierzehn Gegenstände ist Zeuge einer großen Liebe, die heftig und wild begann und letztendlich doch tragisch endete.

Es ist die Liebesgeschichte von Bravo und Amanda. Als sich die beiden das erste Mal begegnen, ist es Liebe auf den ersten Blick, eine Liebe, die wie der Blitz einschlägt und die stürmisch und kompromisslos ist. Eine Alles-oder-Nichts-Beziehung sozusagen, die keinen Mittelweg zulässt. Die krankhaft perfektionistisch veranlagte Amanda verlangt Unmögliches von dieser Beziehung. Für sie gibt es nur ein "Ganz oder gar nicht", für sie muss alles vollkommen sein, in ihrem Leben genauso wie in der Liebe. Doch kann so etwas auf die Dauer gutgehen? Nein. Und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich ganz leise das Gift in diese große Liebe schleicht und sie unaufhaltsam auf eine Katastrophe zusteuert.

Ein Psychothriller, der ganz ohne Effekthascherei auskommt

Die Autorin lässt in ihrem Roman zwei Handlungsstränge nebeneinender her laufen. Die Geschichte beginnt mit dem Ende, mit dem Fund der Leiche und dem Beginn der polizeilichen Ermittlungen. Und auch wenn sehr schnell klar wird, dass bei der Frage, um wessen Leiche es sich hier denn handelt, nur zwei Personen in Frage kommen, bleibt es lange unklar, wer der oder die Tote letztendlich ist. Neben der Handlung in der Gegenwart, wo es um die polizeilichen Ermittlungen geht, wird in Rückblenden die Liebesgeschichte von Amanda und Bravo erzählt, von der ersten Begegnung bis zum bitteren Ende. Dabei steht jeder der vierzehn Gegenstände für eine Episode im Leben der beiden. Vierzehn Kapitel - für jeden Gegenstand eines.

Der Erzählstil, bei dem der Ausgang der Geschichte schon zu Beginn bekannt ist und sie quasi von hinten aufgerollt wird, mag für manche Leser gewöhnungsbedürftig sein, hier ist es aber ein geschicktes dramaturgisches Mittel. Irma Krauss' Roman ist ein wunderbarer Psychothriller, der mit einem Paukenschlag beginnt, sich dann ruhig entwickelt und dem Leser eine schöne Liebesgeschichte suggeriert. Doch sobald die Stimmung kippt, sich langsam das Gift in Amandas und Bravos Glück ausbreitet, steuert die Handlung zielstrebig und unaufhaltsam auf den Abgrund zu. Irma Krauss versteht es, den Leser zu fesseln, vorausgesetzt, man ist bereit, sich auf diese nicht ganz einfache Geschichte einzulassen. Doch wenn man bereitwillig in die Geschichte eintaucht, ist man schnell mittendrin in ihrem Sog und lässt sich gerne von ihr fortreißen. Schuld daran ist nicht zuletzt die glasklare und ruhige, manchmal fast nüchtern wirkende Sprache. Irma Krauss lässt die Geschichte für sich sprechen, ohne sie mit übertriebenen sprachlichen Mitteln oder billiger Effekthascherei künstlich aufzupeppen. Nervenkitzel und Spannung, bei der man vor Aufregung auf der Stuhlkante hockt und Nägel kaut, wird man hier vergeblich suchen. 

Romantikerinnen seien allerdings gewarnt: Amandas und Bravos Liebesgeschichte ist alles andere als eine rosarote zuckersüße Herz-Schmerz-Geschichte. Die Liebe der beiden ist leidenschaftlich im negativen Sinn, possessiv und selbstzerstörerisch. Amanda und Bravo sind zwar sehr komplexe, aber ganz sicher keine sympathischen Figuren, mit denen man sich identifizieren kann. Sie sind beide auf ihre Art Psychopaten und krankhaft eifersüchtig, was bei Amanda sogar so weit geht, dass sie eifersüchtig auf Bravos Katze ist und versucht, diese umzubringen, nur um Bravos ungeteilte Liebe für sich zu haben. Amanda klammert und lässt Bravo kaum Luft zum Atmen. Wenn etwas nicht so läuft, wie sie es will, reagiert sie wie ein trotziges kleines Kind. Alles, was nicht perfekt ist, hat in ihrem Leben keinen Platz. Am Ende ist von der einst großen Liebe nur noch Misstrauen und Frust übrig und man kann leicht  nachvollziehen, warum sie von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.

FAZIT

"Glücksgift" ist ein ausgefeilter und gut durchdachter Psychothriller, der dieses Label auch verdient. Die Autorin dringt tief in die Psyche ihrer Protagonisten ein und nimmt den Leser mit auf eine Reise in die Abgründe der menschlichen Seele. Eine von vorn bis hinten stimmige Geschichte, die junge Leser und Erwachsene gleichermaßen begeistern kann und die einen nachdenklich zurücklässt.

Glücksgift

Irma Krauß, cbj

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