Killing God - nicht wie, sondern warum?
Das meint Jugendbuch-Couch.de: "Killing God - nicht wie, sondern warum?"
Dawn Bundy ist 15 Jahre alt, als sie beschließt, Gott umzubringen.
Denn Gott, weiß sie, ist verantwortlich für all das Leid in ihrem Leben. Ihre Mutter ist Alkoholikerin, ihr Vater verschwunden, und sie selbst versucht, unsichtbar zu bleiben und irgendwie die Tage zu überstehen. An ihrer Seite befinden sich ihre beiden Hunde, im Ohr hat sie stets die Musik ihrer Lieblingsband.
Zwei Jahre ist es inzwischen her, dass ihr Leben auseinanderbrach und ihr Vater verschwand. Zurückgelassen hat er eine Tasche mit Geld und eine Pistole.
Das perfekte Elternhaus hat es für sie aber auch vorher nie gegeben. Vor allem ihr Vater war fast immer betrunken und hat Drogen genommen. Doch wenigstens war er immer ihr Vater, hat gesungen, hat gelebt, aber eben auch getrunken.
Und dann wurde alles anders: Aus der Abhängigkeit von Rauschmitteln wurde fanatischer Glaube an Gott. Da war Dawn 13 Jahre alt.
Von Anfang an spürt man, dass etwas mit Dawn geschehen ist, und natürlich fragt man sich umgehend, was dies wohl sei.
Da man direkt in Dawns Kopf steckt und daher den ganzen Wust ihrer Gedanken abbekommt, die zwar weitestgehend geordnet aber auch mal recht chaotisch und ihre Vergangenheit betreffend recht lückenhaft sind, dauert es schon relativ lang, bis sich eine erste Ahnung einschleicht.
Zunächst lernt man nämlich ihr Leben genauer kennen – ihre bedingungslose Liebe zu ihrer Mutter, die ihre Tage trinkend vor dem Fernseher verbringt; ihre Liebe zu ihren beiden Hunden, die ihre einzigen Freunde zu sein scheinen; die Bedeutung der Texte ihrer Lieblingsband.
Und am wichtigsten natürlich ihr Vorhaben, Gott umzubringen, obwohl sie nicht weiß, wie sie das eigentlich machen soll.
Sie kauft sich Bibeln, beginnt zu lesen, verbrennt sie.
Und plötzlich interessieren sich zwei Mädchen, vor denen man sich lieber in Acht nehmen sollte, für sie und wollen sich unbedingt mit ihr treffen. Ein wenig hilflos steht sie den beiden und ihren undurchsichtigen Plänen gegenüber, kann sich ihnen aber nicht entziehen, lässt sich dummerweise sogar mit Alkohol abfüllen. Als Leser erwartet man sofort das Schlimmste und wird immer wachsamer, während Dawn noch überlegt, ob sie die Freundschaft mit den Mädchen zulassen soll oder nicht.
Dank Kevin Brooks Schreibstil fließen die Seiten einem Musikstück gleich nur so dahin. Im Interview, das im Anschluss des Buches abgedruckt ist, erzählt Kevin Brooks, dass er viel mit Rhythmus arbeitet, da man den Rhythmus der Sprache nutzen kann, um Gefühle zu verstärken, Dinge zu betonen und Stimmungen zu erzeugen. Dies hält er sich nicht nur auf das gesamte Werk bezogen vor Augen, erklärt Brooks weiter, dies lässt sich auch auf einzelne Sätze und Wörter hinunterbrechen. Wie wichtig Brooks die Musik ist, zeigen am deutlichsten die Songausschnitte, die nicht nur als Kapitelüberschriften herhalten, sondern immer wieder einfließen und Dawns Gefühlsleben unterstreichen.
Vielleicht findet man wegen genau dieser Erzählmelodie keine Längen in dieser doch sehr außergewöhnlich erzählten Geschichte. Die unheilvolle, beklemmende Stimmung reißt den Leser mit, bis man versucht, jede kleine Situation als Puzzleteil dem Gesamtbild hinzuzufügen.
Dass dies nicht so ohne weiteres funktioniert und man trotz aufmerksamen Lesens Diverses übersehen hat, wird am Ende deutlich.
Was Dawn hat erleiden müssen überrascht allerdings nicht. Viel überraschender dagegen ist, wie sie das Erlebte letztendlich überwindet und wieder zu sich selbst findet.
Wie man es von Kevin Brooks nicht anders erwartet, zeigt er dem Leser wieder die Vielschichtigkeit menschlicher Gefühle, Gedanken und Taten. Der Mensch besteht nicht nur aus Schwarz und Weiß, sondern aus unendlich vielen Grauzonen. Diese an sich, aber auch an ihren Eltern zu akzeptieren, bedeutet für Dawn letztendlich, erwachsen zu werden.
Begangenes Unrecht zu verzeihen und die Gründe dafür zu erkennen, mag vielleicht auf den ersten Blick ein wenig unglaubwürdig oder naiv erscheinen, erweist sich bei Dawn jedoch als große Stärke.
Bewundernswert ist zudem, wie authentisch der Verlauf der Geschichte ist. Obwohl man in gewisser Weise von einem guten Ende sprechen kann, wird hier nichts beschönigt. Zurück bleibt man als Leser vielmehr mit einem beklommenen Gefühl und viel Bedauern.
FAZIT
Kevin Brooks präsentiert mit "Killing God" ein schwieriges und mutiges Buch zugleich. Dawn Bundy muss und musste Dinge überstehen, die sie zur Außenseiterin gemacht haben und fast zerstört hätten. Als Leser steigt man ohne Genaueres zu wissen in ihre Geschichte ein, erliegt der Sogwirkung und dem Erzählrhythmus und setzt all die vergangenen und gegenwärtigen Ereignisse Stück für Stück zusammen.
Beklommen bleibt nach der letzten Seite zurück, aber auch mit Bewunderung für Dawn.
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