Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute
- Ravensburger
- Erschienen: Januar 1997
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- Ravensburger, 1997, Titel: 'Der Junge Sonnenschein', Originalausgabe
wenn alles anders kommt
Das meint Jugendbuch-Couch.de: "wenn alles anders kommt"
David Sonnenschein hat große Erwartungen an den letzten Schultag, doch irgendwie kommt alles ganz anders als gedacht. Seine mündliche Abiturprüfung besteht er eher durch einen dezenten Hinweis auf einen kleinen Unfall im Sportunterricht, durch den er wichtigen Stoff verpasst hat, danach trifft ihn erstmal eine Welle von Traurigkeit und er lässt sich zu einer Schlägerei provozieren. Erst als Kelly, in die er schon lange bis über beide Ohren verliebt ist, ihn sozusagen rettet, ändert sich alles. Er schöpft neue Hoffnung, und abends auf der Party will er ihr nicht nur etwas Besonderes schenken sondern auch endlich fest mit ihr zusammenkommen.
Doch erstmal muss er noch seine Oma besuchen und dann ein passendes Geschenk für Kelly besorgen.
Irgendwann hört man auf zu zählen, was David auf seiner merkwürdigen Odyssee durch Frankfurt an Alkoholika so in sich reinkippt. Nachdem er seine Oma besucht hat und dank ihr das nötige "Kleingeld" für seine Sauf- und Geschenk-Such-Tour hat, begleitet man ihn mit zunehmendem Erstaunen.
Dass man von Glas zu Glas und von Station zu Station immer mehr hofft, dass er sich in seiner Trunkenheit nicht provozieren lässt und ihm nichts passiert, ist selbstverständlich.
Und doch, David ist ein sympathischer, etwas verlorener und alles andere als oberflächlicher junger Mann. Immer wieder blitzt die tiefe Traurigkeit durch, die er empfindet, weil die Schulzeit nun endgültig vorbei ist. Außerdem scheint er noch nicht so ganz genau zu wissen, wie es für ihn weitergeht, und damit vermittelt er dem Leser ein Gefühl, das wahrscheinlich die meisten Schulabgänger so oder ähnlich kennen. Egal, wie die Schule auch war, diese prägende Zeit ist vorbei und ein neuer, fremder, vielleicht beängstigender Abschnitt steht nun bevor. Freude über das bestandene Abitur stellt sich nicht ein, aber sollte sie das nicht eigentlich?
Hinzu kommen Davids Gefühle für Kelly, seine absolute Traumfrau, mit der er bislang nur gut befreundet ist, für die er aber einfach alles machen und auf sich nehmen würde. Der Wunsch, Kelly durch ein besonderes Geschenk nun endlich ganz für sich zu erobern, treibt ihn an, und so stolpert er immer betrunkener durch Frankfurt und muss sich spätestens auf der Party am Abend damit auseinandersetzen, dass nicht immer alles so läuft, wie er es gern hätte.
Jochen Till bleibt dabei stets realistisch und scheut sich nicht davor, Unschönes darzustellen. Ob es Davids Alkoholkonsum, Schlägereien, Beleidigungen unter der Gürtellinie oder unkorrektes Verhalten ist, Jochen Till nennt die Dinge beim Namen – und geizt nicht mit Kraftausdrücken.
Und beim Lesen denkt man sich deshalb nicht nur einmal: "Ja, so ist es! So ist das Leben!"
Schön, dass Jochen Till den Leser ernst nimmt und auf diese trockene Art zeigt, dass der letzte Schultag nicht unbedingt euphorisch gefeiert, sondern mitunter recht einsam, melancholisch und traurig sein kann.
Da die Ereignisse in der Ich-Perspektive geschildert sind, erfährt man natürlich ungeschminkt sämtliche Gefühle und Gedanken Davids, die zwar immer mehr vom Alkohol durchtränkt sind, die aber gerade dadurch völlig ehrlich daherkommen.
FAZIT
Jochen Till präsentiert dem Leser in unvergleichlich ehrlichem, direktem und trockenem Ton einen Tag im Leben des Abiturienten David Sonnenschein, der eigentlich etwas Besonderes sein sollte, der aber geprägt ist von Melancholie, Traurigkeit - und großen Erwartungen.
Leben ist das, was passiert, während man andere Pläne schmiedet, und so muss sich David zu seinem Leidwesen damit anfreunden, dass nicht alles so kommt, wie er es gern hätte.
Jochen Till besticht vor allem durch seinen ungeschminkten Blick auf die Realität.
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